Die neue Norm ISO 14119 teilt erstmals unterschiedliche Verriegelungseinrichtungen in Klassen ein: Sie unterscheidet vier Bauarten: Zu den Bauarten 1 und 2 gehören die mechanischen Verriegelungseinrichtungen. Uncodierte Scharnierschalter sind ein Beispiel für Bauart 1, codierte mechanische Schalter und mechanische Sicherheitsschalter mit Zuhaltung zählen zur Bauart 2. Ein codierter Betätiger ist ein speziell gestaltetes Betätigungselement, das zu einem zugewiesenen Schalter gehört. Dadurch lassen sich auch berührungslose wirkende Verriegelungseinrichtungen leicht und sicher zuordnen.
Zu Bauart 3 gehören beispielsweise induktive Sensoren, die auf geeignete Metalle auslösen und damit uncodiert sind. Der sichere Näherungsschalter PSENini von Pilz erfasst beispielsweise berührungslos die Annäherung metallischer Objekte. Zur Bauart 4 wiederum gehören codierte magnetische Sensoren oder solche mit RFID-Funktionalität wie der codierte Sicherheitsschalter PSENcode von Pilz. Für eine genaue Unterscheidung teilt die Norm sie zusätzlich in ihre Codierungsstufen niedrig, mittel und hoch ein.
Klare Vorgaben für Konstrukteure
Laut einer Befragung des Hauptverbandes der gewerblichen Berufsgenossenschaften wird mehr als jede dritte Schutzeinrichtung dauerhaft oder vorübergehend manipuliert. Die neue Norm legt daher großen Wert auf Konstruktionen, die Manipulationen verringern. Unter anderem fordert die ISO 14119 eine Überprüfung auf etwaige Anreize zum Umgehen der Verriegelungseinrichtung. Den Konstrukteuren stellt sie hierzu entsprechende Entscheidungshilfen zur Verfügung.
Je nach Bauart schreibt die Norm bestimmte Maßnahmen vor. Für mechanische, uncodierte und berührungslose Verriegelungseinrichtungen mit niedriger Codierung, Bauarten 2 und 4, gibt die Norm die Verwendung nicht lösbarer Befestigungen wie zum Beispiel Einwegschrauben oder einen gleichwertigen Ersatz wie Manipulationschutzkappen vor.
Ebenso gehört die Anbringung des Sensors außerhalb der Reichweite des Bedieners, in versteckter Position oder seine Absperrung beziehungsweise Abschirmung dazu. Nur für hoch codierte Geräte, die beispielsweise RFID verwenden, darf der Betätiger weitestgehend beliebig montiert werden, sofern er nicht mit einfachen Mitteln lösbar ist. Grundsätzlich gilt: Hochcodierte Betätiger der Bauart 4 bieten dem Konstrukteur die größten Freiräume, da der geforderte Manipulationsschutz beim Einsatz von RFID leicht zu erfüllen ist.
Reihenschaltung bis PLe
Da Maschinen oftmals mit mehreren Schutztüren ausgestattet sind, liegt es nahe, diese in Reihe zu schalten. Dabei muss jedoch zu jeder Zeit sicher erkannt werden, ob alle Schutztürschalter ordnungsgemäß funktionieren. In einem technischen Dokument zur ISO 14119 wird die Reihenschaltung von kontaktbehafteten Sensoren geregelt. Wenn mehrere Sensoren in Reihe geschaltet sind, die häufig benutzte Schutztüren überwachen, sieht die neue Norm analog zur ISO 13849-1 eine Verwendung von kontaktbehafteten Sensoren im Grundsatz nur bis zum Sicherheitslevel PLd vor.
Denn kontaktbehaftete Sensoren können eingehende Signale aufgrund fehlender Elektronik intern nicht auf ihre Plausibilität prüfen. Fehler im Eingangskreis lassen sich bei einer Reihenschaltung nicht zuverlässig erkennen. Konstrukteure können PLe trotzdem erreichen, indem sie entweder auf kontaktlos arbeitende, elektronische Sicherheitsschalter ausweichen oder zusätzlich Schnittstellenmodule einsetzen.
Zu den kontaktlos arbeitenden Sensoren gehören solche, die nicht auf spannungsfreien Kontakten, sondern vielmehr auf selbstüberwachenden, transistorisierten Ausgängen (OSSD) basieren. Diese befinden sich üblicherweise an berührungslosen Schaltern auf RFID-Basis, die Fehler intern erkennen können. Dazu zählen beispielsweise der berührungslose, codierte Sicherheitsschalter PSENcode, die sicheren Schutztürsysteme PSENslock und PSENsgate oder auch der sichere Näherungsschalter PSENini von Pilz. Diese können in Reihe bis PLe geschaltet werden.
Passivverteiler und Sicherheitsschaltgerät
Für eine sichere Reihenschaltung können alternativ auch mechanische Verriegelungseinrichtungen der Bauarten 1 und 2 in Verbindung mit Schnittstellenmodulen für Anwendungen bis PLe eingesetzt werden. An diese Passivverteiler lassen sich jeweils vier Sensoren anschließen und so in Reihe schalten. Die Auswertung der Signale übernimmt ein Sicherheitsschaltgerät oder eine Steuerung. Mit den PDP20-Interface-Modulen bietet Pilz eine normgerechte Lösung für Applikationen dezentral im Feld an. Die Schnittstellenmodule werden in kleinen Installationskästen nahe den anzuschließenden Sensoren integriert. So können kurze Signalwege für die Sensorik und eine sichere Verbindung zum Schaltschrank gewährleistet werden. Damit optimieren die Passivverteiler den Aufwand für Installation und Verdrahtung. Das IP67-geschützte Gehäuse kann zusätzliche, kostenintensive Hardware wie einen Vor-Ort-Schaltschrank überflüssig machen. Die Kombination aus Passivverteiler und Sicherheitsschaltgerät ist einsetzbar für Anwendungen bis PLe nach ISO 13849-1 und bis SIL3 nach IEC 62061.
Die neue Norm ISO 14119:2013 bietet Maschinenbauern und -nutzern einen erweiterten Spielraum zur Verwendung einer breiten Technikpalette bei der Verriegelung von trennenden Schutzeinrichtungen. Dem Maschinenbauer wird durch die Norm jedoch auch eine größere Verantwortung auferlegt, um vorhersehbare, absichtliche Manipulationen der Schutzeinrichtungen zu vermeiden. Konstrukteure sollten daneben bei der Auswahl von Komponenten darauf achten, dass diese den erweiterten Vorgaben der neuen Norm gerecht werden.