Umgang mit Gefahrstoffen Sensor für giftige Gase soll marktreif werden

Dr. Tanja Stimpel-Lindner (rechts) und ihr Mitarbeiter Mark Viebrock bei der Messung und Probennahme einer Testsubstanz mit dem Warngerät, das sie im Projekt ADAC entwickelt haben.

Bild: Christian Siebold, Universität der Bundeswehr
22.03.2023

Kann der Unfallort gefahrlos betreten werden oder ist eine spezielle Schutzkleidung nötig? Vor dieser Frage stehen Einsatzkräfte immer wieder bei Gefahrstoffunfällen. Ein Sensor, der an der Universität der Bundeswehr entwickelt wurde, erkennt radioaktive und chemische Gefahren und soll nun zur Marktreife gebracht werden.

Bei Unfällen mit chemischen oder radioaktiven Substanzen ist oftmals nicht auf den ersten Blick erkennbar, ob gefährliche Giftstoffe freigesetzt wurden. Einsatzkräfte stellt das potenziell vor Herausforderungen.

Unter der Leitung von Dr. Tanja Stimpel-Lindner vom Institut für Physik an der Universität der Bundeswehr in München ist deshalb im Projekt ADAC (Atomar-Chemischer Detektorchip) ein Sensor entwickelt worden, der Gefahren rechtzeitig erkennt und davor warnt. In einem Folgeprojekt soll jetzt ein marktreifer Prototyp des Warngeräts entstehen.

Schutz vor Gasen, Dämpfen und Radioaktivität

Der Sensor basiert auf einem Siliziumchip, der giftige Gase und Gammastrahlung detektiert und durch ein Blinken sowie einen Piepton Alarm schlägt. Aufgrund seiner kosteneffizienten Herstellung und geringen Größe soll er es erlauben, jede Einsatzkraft, etwa bei der Feuerwehr, beim Technischen Hilfswerk oder bei der Polizei und dem Militär, mit einem Messgerät auszustatten. Gerade für kleinere Einsatzeinheiten, die sonst über wenig oder keinerlei Messtechnik verfügen, könnte die Sicherheit laut Projektleiterin Stimpel-Lindner dadurch deutlich erhöht werden.

In zweieinhalb Jahren Projektlaufzeit hat das Team einen Demonstrator entwickelt und mit diesem den sogenannten Proof of Principle erbracht. „Wir haben unter Beweis gestellt, dass die Detektion von giftigen Gasen, Säuredämpfen und Radioaktivität funktioniert“, erklärt Stimpel-Lindner. „Wir können eine ganze Menge der relevanten Gase in relevanten Konzentrationen für Gefahrguteinsätze messen.“ Dazu gehören beispielsweise Stickoxide, Kohlenmonoxid und Schwefelwasserstoffe.

Hin zum marktreifen Prototyp

In einer zweiten Projektphase soll der Demonstrator jetzt zu einem marktreifen Prototyp weiterentwickelt werden. Ziel ist es, ihn noch zuverlässiger zu machen und weitere Gase sowie Explosionsgefahren detektieren zu lassen. Für Letzteres ist ein Gasmessplatz im Aufbau.

Damit der Prototyp annähernd marktreif wird, müssen in den nächsten zwei Jahren noch eine Reihe Tests und Qualifizierungen durchgeführt werden, wie Stimpel-Lindner erklärt. Das Projekt stoße aber bereits jetzt auf großes Interesse bei allen möglichen Einsatzkräften, die den Sensor „am liebsten morgen schon“ tragen würden.

Für Stimpel-Lindner ist es auch ein persönliches Herzensprojekt. Sie ist seit über 20 Jahren selbst bei der Feuerwehr, seit fast zehn Jahren zusätzlich beim ABC-Zug München Land. „Als Führungsperson ist es immer schwierig zu entscheiden, ob man seine Leute in eine gefährliche Situation reinschicken kann oder nicht“, sagt die Physikerin. Genau darum wollen sie und ihr Team nun mit Hochdruck daran arbeiten, den Sensor schnellstmöglich auf den Markt zu bringen.

Zum Projekt ADAC

Das Projekt ist an der Professur für Sensortechnologien angesiedelt und gehört zum Forschungsbereich des Forschungszentrums SENS (Integrated Sensor Systems). Gefördert wurde es von April 2019 bis September 2021 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung als Teil des Programms „Forschung für die zivile Sicherheit“. Im Dezember 2022 belegte es den fünften Platz beim Förderpreis „Helfende Hand“ in der Kategorie „Innovative Konzepte“. Der Preis dafür wurde von Bundesinnenministerin Nancy Faeser vergeben.

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