Das Technologieunternehmen Continental stattet seit geraumer Zeit viele seiner Gummi- und Kunststoff-Produkte mit Sensortechnologie zur Zustandsüberwachung, zur Effizienzsteuerung und zur Regelung von Prozessen aus.
Da Continental sowohl Sensorik als auch intelligente Systeme zukünftig noch umfassender in seine Lösungen aus Gummi und Elastomeren integrieren möchte, startet das Unternehmen in Zusammenarbeit mit Partnern aus Industrie und Wissenschaft jetzt das Projekt sensIC. Als Verbundkoordinator treibt Continental das Projekt mit seiner integrierten Sensorik auf Basis von gedruckter Elektronik in Schlauchleitungen für Elektrofahrzeuge voran.
Medienführende Leitungen für Thermomanagement bei Elektrofahrzeugen
Bei dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung mit 2,9 Millionen Euro anteilig finanzierten Projekt geht es darum, Schläuche für das Thermomanagement bei Elektrofahrzeugen mit integrierten Temperatursensoren auszustatten. Dabei soll die Elektronik keinerlei Manipulationen bei der Fertigung, innerhalb der Lieferkette oder bei der späteren Nutzung zulassen.
Denn bei der immer stärkeren Integration von Elektronik in Automobile und Anlagen wird ein hohes Level an Sicherheit immer wichtiger. Dadurch lassen sich außerdem zusätzliche Funktionen realisieren und es wird stärker als bisher möglich sein, Services und digitale Geschäftsmodelle über die gesamte Lebenszeit der Produkte anzubieten. Beispiele dafür sind Live-Informationen zur Systemgesundheit, vorausschauende Wartungsdienste oder Funktionsupdates nach der Auslieferung.
„In dem Projekt sensIC wird exemplarisch gezeigt, wie integrierte Sensorik auf Basis von gedruckter Elektronik im industriellen Maßstab realisiert werden kann. Dies stellt einen wichtigen Beitrag zur Mobilitätswende dar und ermöglicht energiesparende und damit nachhaltige technische Lösungen“, sagt Dr. Tim Wolfer, der als Projektleiter für funktionale Druckprozesse das gesamte Forschungsvorhaben koordiniert.
Das Technologieunternehmen Continental möchte durch das Projekt sein Produktportfolio durch sichere Elektronik erweitern, indem es Temperatursensorik und Kommunikationsmodule in Schlauchsysteme integriert. Die sogenannten hybriden Systeme basieren auf einer Vereinigung von gedruckter Elektronik und eigens dafür hergestellten Siliziumchips. Im Frühjahr 2024 soll das Projekt abgeschlossen sein.
Sichere Sensorik schützt vor Cyberangriffen
Mittlerweile stattet Continental auch in Industrieanlagen Schläuche mit Sensoren aus, um den Betriebszustand zu überwachen und Fehler oder böswillige Manipulationen der Prozesse, zum Beispiel bei Pharmaherstellern oder in der Nahrungsmittelindustrie, sofort feststellen zu können.
Auch Cyberangriffe auf Fahrzeuge sind möglich und stellen ein hohes Sicherheitsrisiko dar. Denn Sensoren, die physikalische Zustände wie Druck oder Temperatur in Datenströme umwandeln, sind ein besonders exponiertes Angriffsziel für Hacker. Die Sicherheit der Sensoren und Sensordaten ist daher von großer Bedeutung.
„Um genau diesen Anforderungen gerecht zu werden, ist eine Kombination einer mechanisch flexiblen elektrischen Schaltung mit den weniger flexiblen Auswertungs-Chips in einem Produkt wichtig, das ohne weiteren Aufwand und mit möglichst geringen Zusatzkosten einen Mehrwert bringen und sicher sein soll“, betont Wolfer.
In dem Projekt sensIC sollen nun hybrid integrierte Sensorschaltungen in Schläuche eingebaut werden, wie sie für Automotive- und Industrieanwendungen zur Temperaturüberwachung von Batterien, in Trinkwassersystemen und in der Pharmazie erforderlich sind. Die intelligente und sichere Sensorik wird dabei in Form eines Siliziumchips zur Temperaturmessung, einer PUF (physical unclonable function, deutsch: nicht klonbares Sicherheitsmerkmal) und eines äußeren Manipulationsschutzes mit partikelbasierter Fluoreszenz-Identifikation integriert. Die Abkürzung IC steht für integrierte Schaltkreise.
Mehr Sicherheit durch hybride PUF-Schaltung
Und so funktioniert es im Detail: Als elektronisches, nicht klonbares Identifizierungsmerkmal wird eine differentielle PUF-Schaltung basierend auf gedruckten Transistoren und einer siliziumbasierten Ein- und Ausleseelektronik mit einer Sensorschaltung integriert. Die Sensorschaltung enthält einen Silizium-IC, der mittels spezieller Aufbau- und Verbindungstechnik über eine entsprechende Schnittstelle mit der hybriden PUF verbunden wird und so das „sichere“ Gesamtsystem bildet.
Zur Integration wird die PUF durch additive Verfahren mit dem Silizium-IC verbunden und das System verkapselt. Gleichzeitig sollen in geeignete Materialkomponenten mit Siegelwirkung spezielle anorganische Fluoreszenz-Partikel eingemischt werden, deren zufälliges Partikelmuster ein fälschungssicheres individuelles Erkennungsmerkmal ermöglicht und somit zur Sicherheit des gesamten Bauteils beiträgt.
Am Ende des Projektes soll ein Hardware-Demonstrator stehen, bei dem das gesamte Bauteil den üblichen mechanischen Belastungstests ausgesetzt wird und zusätzlich das elektronische System in Simulationen gegenüber modellbasierten Cyberattacken bestehen muss.
Plattform-System für weitere Anwendungen
Das entwickelte Plattform-System kann neben der genannten Nutzung als sichere Batteriesensorik auch in ganz anderen Anwendungsfeldern zum Einsatz kommen. Auch die Überwachung von sicherheitskritischen Schlauchanwendungen in der Pharma- und Rohstoffindustrie soll untersucht werden, wobei die Partner die prinzipielle, manipulationssichere Überwachung der Schlauchsysteme sowie die Verfolgbarkeit aller Komponenten im gesamten Lebenszyklus sicherstellen wollen.
Partner von Continental in diesem Projekt sind Cyient, die Polysecure, das Karlsruher Institut für Technologie (KIT), das Leibniz-Institut für Neue Materialen, die Hochschule Offenburg und Elmos Semiconductor.