Im Alltag genutzte Produkte – wie Kunststoffe – benötigen für ihre Herstellung Calciumcarbid, umgangssprachlich Karbid genannt. Karbid wird aber vor allem zum Entschwefeln von Eisen und Stahl benötigt sowie für die großtechnische Herstellung von Acetylengas, das wiederum zum Schweißen und Brennschneiden verwendet wird. Calciumcarbid wird in elektrischen Schmelz-Reduktionsöfen aus gebranntem Kalk und Koks gewonnen (Koks aus Kohle wird insbesondere als Brennstoff und als Reduktionsmittel bei der Eisenproduktion in Hochöfen eingesetzt). Die dafür erforderlichen hohen Temperaturen von über 2.500 °C erzeugt ein Lichtbogen.
Prozessgasnutzung für Vorprozess
Der Großteil der Wertschöpfung wird im Werk Landeck selbst erbracht. So wird der angelieferte Kalkstein im Kalkofen am Standort gebrannt. Für den Herstellungsprozess ist jedes Gramm Wasser eines zu viel. Deshalb wird der Koks in einem Drehrohrofen vorgetrocknet. Diesen feuert Donau Chemie mit Kohlenmonoxid, das bei der Schmelzreduktion im Lichtbogenofen als Prozessgas entsteht. Obwohl das Werk bereits seit 1902 Calciumcarbid produziert, hält Donau Chemie die Produktionsanlage ständig auf dem neuesten Stand. Nach der Generalsanierung des Karbidofens und der Modernisierung des Kraftwerks Wiesberg musste die Gasversorgung des Kokstrocknungsofens an die aktuellen Sicherheitsvorschriften angepasst werden. „Unter anderem mussten wir ein doppeltes statt früher einfaches Absperrorgan installieren und mit einer Dichtheitskontrolle versehen“, berichtet Mathias Senn, Verfahrenstechniker und Produktionsleiter im Werk Landeck der Donau Chemie. „Darüber hinaus waren an mehreren Stellen Sensoren für die Überwachung des Gasdrucks, der Brennerluftzufuhr oder der Zündflamme anzubringen.“ Den Verfahrenstechnik-Spezialisten in Landeck war klar, dass diese sicherheitstechnische Aufrüstung auch den Aufbau einer komplett neuen Infrastruktur für die Sicherheitssteuerung erforderlich macht.
„Alle Ventile und Sensoren wurden bis dahin von einer einzigen SPS überwacht, die auch den Prozess steuert“, erklärt Dominik Achenrainer, Leiter der Elektrowerkstatt im Werk Landeck der Donau Chemie. „Um heutigen Normen und Vorschriften zu genügen, braucht es jedoch eine separate Lösung für die sichere Überwachung und Steuerung der Brenneranlage.“
Für die sicherheitsrelevanten Aufgaben rund um den Brenner zur Kokstrocknung suchten die Betriebstechniker der Donau Chemie eine Komplettlösung. Diese sollte nicht nur die Hardware beinhalten, sondern auch die sicherheitsgerichtete Software und deren Konfiguration, dazu den Anschluss der werksseitig gelieferten Sensoren und Aktoren bis hin zu einer Abnahme der Anlage. Die Aufgabe der Sicherheitssteuerung ist dabei nicht trivial, denn sie muss im Problemfall nicht nur das Verlöschen der Flamme überwachen und notfalls die Zufuhr des Gases unterbrechen, sondern auch zahlreiche weitere komplexe Schritte der Prozesskette zum Herunterfahren der Anlage sicher abarbeiten. „Ein plötzliches Abschalten aller Systeme wäre oft mindestens ebenso gefährlich wie das Fortbestehen des Problems“, erläutert Mathias Senn.
Integriertes Brennermanagementsystem
Nachdem Donau Chemie sich zunächst bei mehreren bekannten Herstellern von Sicherheitsschaltungen und -steuerungen informiert hatte, hat sich das Chemieunternehmen dann sehr schnell für das sichere Brennermanagementsystem PNOZmulti 2 Burner von Pilz entschieden „Sicherheitsschaltungen und -steuerungen gibt es viele und ich glaube, dass die meisten davon auch sehr gut sind“, begründet das Achenrainer. „Meines Wissens nach ist jedoch PNOZmulti 2 Burner die einzige Sicherheitssteuerung mit speziell für Brennersysteme ausgelegten und international zertifizierten sicheren Schrittketten.“
Das Brennermanagementsystem der sicheren Kleinsteuerung PNOZmulti 2 Burner überwacht als Brennersteuerung einerseits die Funktion der Brenner selbst als auch die Sicherheitsventile und -sensoren. Die modular aufgebaute Hardware ist bis SIL 3 und PL e TÜV-zertifiziert, ebenso der Brennerbaustein im konfigurierbaren Softwaretool PNOZmulti Configurator. Beides erfüllt weltweit sämtliche für den Brennerbetrieb relevanten Normen und Vorschriften, vor allem EN 267, EN 298, EN 676 und EN 50156. Dazu kommen die EU-Gasgeräteverordnung 2016/426 und internationale, relevante Zulassungen nach UL, AGA (Australian Gas Association) und die US-Vorschriften der NFPA (National Fire Protection Association).
Modularer Aufbau
Zentrales Element ist das Basisgerät PNOZ m B1 Burner. Es steuert und überwacht die Sicherheitsketten, den Verbrennungsluftdruck, die Zündung und Flammenbildung. Daneben kontrolliert es die Dichtheit der Zuleitungen und steuert Sicherheits-, Zünd- und Entlüftungsventile sowie den Verbrennungsluftventilator. Dafür ist der „Burner“ in der Anlage über mehrere Module mit insgesamt 40 sicheren digitalen und 4 analogen Eingängen sowie 12 digitalen Ausgängen mit den verbauten sicheren Ventilen, Sensoren und Aktoren verbunden. Ein Feldbusmodul stellt über das Kommunikationsprotokoll Profibus die Verbindung zur übergeordneten Standardsteuerung der Anlage her. Damit ist sichergestellt, dass autonome sicherheitsgerichtete Aktionen auch in der Betriebssteuerung mit umgesetzt werden.
Alles im Blick
Die österreichische Pilz-Tochter führte die Hardwareplanung und lieferte die gesamte Schaltanlage inklusive eines fix vorinstallierten und aufgebauten Schaltschranks. Dieser befindet sich in einem Technikraum in unmittelbarer Nähe des Brenners und ist mit einem Diagnose- und Bedienpanel PMI v707e der Produktfamilie PMIvisu von Pilz ausgestattet. Die Visualisierung der Softwarekonfiguration zeigt auf einem 7-Zoll-Touchscreen-Monitor den Instandhaltern auf einen Blick den Status jeder einzelnen Sicherheitskette beziehungsweise aktuell vorliegende Fehlermeldungen an, auch der Brennerablauf kann damit zuverlässig kontrolliert und das Fehlerprotokoll eingesehen werden.
Einfache Implementierung, zuverlässiger Betrieb
Für die Experten von Pilz bestand die Herausforderung beim Implementieren der autonomen Sicherheitssteuerungslösung samt Software in erster Linie darin, die Programme der zuvor genutzten Steuerung in der Konfiguration der Sicherheitssoftware abzubilden. Die Auswahl und Einbindung der externen Komponenten, in erster Linie der Sicherheitsventile für die Gaszufuhr, war eine weitere. Beides, Installation und Inbetriebnahme, sowie die anschließende Validierung der Anlage vor Ort erfolgten während des einmal jährlich im ersten Quartal geplanten Wartungsstillstands. „Für uns bestand die Unsicherheit darin, ob der Wiederanlauf der Anlage nach den umfangreichen Änderungen ohne Probleme funktioniert“, schildert Achenrainer. „Die Inbetriebnahme gestaltete sich aber dann sehr kurz und unkompliziert, sie war in etwas mehr als einem Tag erledigt. Seither ist die Anlage störungsfrei in Betrieb.“
Ein kurzer Wiederanlauf der Anlage ist auch eine Grundvoraussetzung für einen kontinuierlich laufenden Betrieb der Anlage, der nur für die jährliche Wartungspause unterbrochen wird. „Die modulare, flexibel konfigurierbare Pilz-Sicherheitssteuerung integriert alle sicherheitsrelevanten Signalquellen und bietet durch ihre Visualisierung hervorragende Diagnosemöglichkeiten“, freut sich Mathias Senn. „Ihr nach allen für uns relevanten Normen und Vorschriften TÜV-zertifiziertes Brennermanagement nimmt uns einen wesentlichen Teil des Risikos und der Zulassungsarbeit ab.“