EU-Richtlinie 2011/62/EU richtig umsetzen So kennzeichnen Sie Arzneimittel richtlinienkonform

Druck? Siegel? Check! Seit der EU-Richtlinie 2011/62/EU müssen Verpackungen für verschreibungspflichtige Arznei Merkmale wie Seriennummer, Datenmatrix-Code und Erstöffnungsschutz tragen.

Bild: iStock, D3Damon
06.09.2019

Seit Februar 2019 müssen alle Verpackungen für verschreibungspflichtige Arzneimittel die EU-Richtlinie 2011/62/EU erfüllen. Ein Spezialist für Track & Trace und ein Kennzeichnungsanbieter haben deshalb eine gemeinsame Lösung entwickelt, um die richtlinienkonforme Etikettierung zu gewährleisten.

Die Herausforderungen für das Unternehmen Traxeed aus Markt Schwaben bei München waren durch die EU-Richtlinien klar definiert. Es musste eine Anlage entwickelt werden, die Faltschachteln richtlinienkonform bedruckt, versiegelt und anschließend beide Schritte auf Qualitätssicherheit prüft.

Hierzu konnte das Unternehmen auf umfangreiches Expertenwissen für die Bereiche Serialisierung und Aggregation sowie Datenübertragung über alle Automatisierungslevel (nach der Norm ISA-95) zurückgreifen. Denn über 100 Mitarbeiter entwickeln, fertigen, installieren und validieren komplette Systeme zum Tracking & Tracing von Arzneimitteln. Aber es fehlte ein passender Kennzeichnungsexperte für Sicherheitsetiketten.

Partner gefunden

Nach ausgiebigen Marktanalysen fand Traxeed schließlich den Kennzeichnungsanbieter Bluhm Systeme. Zusammen entwickelten die Unternehmen die Traxeed ItemUnit-Tamper Evident, eine Anlage, die alle Anforderungen der EU-Fälschungsschutzrichtlinie für Pharmaprodukte erfüllt.

„Es war uns ein Anliegen, diese Unit möglichst kompakt zu bauen“, erklärt Christian Frenz, Produktmanager bei Traxeed, die Hauptanforderung. „Wir brauchten daher einen Partner, der das Tamper-Evident-Modul zum Anbringen des Erstöffnungsschutzes platzsparend in die Einheit integrieren konnte.“ Trotz kleiner Fläche sollte das Modul mit fünf zu etikettierenden Produkten pro Sekunde im Dauerbetrieb funktionieren.

Darüber hinaus wünschte man sich ein unkompliziertes Handling beim Nachfüllen der Etikettenrollen und auch bei der Wartung. „Wir haben umfangreiche Marktrecherchen und Tests durchgeführt“, erinnert sich Frenz an die Suche. „Und schließlich konnten wir mit Bluhm aus Rheinbreitbach den passenden Kooperationspartner finden.“

Sichere Kennzeichnung

Fälschungssicherheit auf Pharmaverpackungen wird in zwei Schritten erreicht. Zunächst sieht die Richtlinie eine Kennzeichnung der Faltschachtel mit GTIN (Global Trade Item Number), Seriennummer, Chargennummer und Mindesthaltbarkeitsdatum vor. Diese Informationen werden nicht nur in Klarschrift aufgedruckt, sondern zusätzlich in einem zweidimensionalen Datamatrix-Code verschlüsselt.

Die Traxeed ItemUnit-Tamper Evident erhält ihre Druckdaten auftragsbezogen von einem übergeordneten Site-Managementsystem namens Multi Line Manager. Das System kennzeichnet, bei einer Fördergeschwindigkeit von bis zu 60 m/min, mehr als fünf Produkte pro Sekunde. Nach dem Aufdruck von Klarschrift und Code überprüft eine Kamera nicht nur die Lesbarkeit und Qualität des Drucks, sondern vergleicht auch die tatsächlich gedruckte mit der an den Drucker gesendeten Information.

Erstöffnungsschutz anbringen

Schritt zwei hin zur Fälschungssicherheit ist der Erstöffnungsschutz. Siegeletiketten, sogenannte Safety Seals, zeigen auf einen Blick anhand ihrer unversehrten oder zerstörten Perforation, ob eine Verpackung bereits geöffnet wurde. Daher werden die Faltschachteln in der ItemUnit-Tamper Evident manipulationssicher mit Siegeletiketten verschlossen. Dazu passieren sie den integrierten Etikettierer, der ihnen auf beiden Seiten berührungslos transparente Kunststoffetiketten anheftet.

Eine Hälfte dieser mit Mikroperforationen versehenen Etiketten steht dabei derart über, dass sie in der Folge mittels eines Umlenkblechs präzise um die Kanten der Schachteln gelegt werden können. „Das mag simpel klingen“, sagt Produktmanager Frenz. „Aber bei mehr als 300 Faltschachteln pro Minute muss das dauerhaft reibungslos klappen.“

Berührungslose Fixierung

Um die Verpackungen nicht zu beschädigen, werden die Etiketten berührungslos aufgebracht. Hinter diesem Verfahren stecken Blowboxen, die durch winzige, speziell angeordnete Düsen Luft ablassen können. Die Boxen fixieren die Etiketten. Anordnung, Form und Größe der Düsen beeinflussen deren Flugbahn auf die Verpackung. Nur so ist eine derart präzise und schnelle Etikettierung, wie sie die Pharmaindustrie verlangt, realisierbar.

Die Entwicklerteams von Traxeed und Bluhm haben Fördertechnik und Etikettierer innerhalb des Gerätes exakt aufeinander abgestimmt. Denn die Wiederholgenauigkeit der Etikettierung hängt auch von der Materialführung ab. Zudem lassen sich Produktvarianzen leicht einstellen: Der Etikettierer ist so ausgelegt, dass er Faltschachteln mit Minimalmaßen von 15 mm x 15 mm x 70 mm bis hin zu Maximalmaßen von 180 mm x 125 mm x 260 mm beidseitig etikettieren kann. Das Gewicht der Produkte kann zwischen 30 und 300 g betragen.

„Was uns neben Schnelligkeit und Präzision jedoch am meisten überzeugt hat, sind die Ausmaße der Anlage“, erläutert Frenz. „Mit einer Einbaubreite von 300 mm ist das Gerät von Bluhm der schmalste und kompakteste Tamper-Evident-Etikettierer, den wir finden konnten.“

Trotz der Maße sollte der Materialwechsel unproblematisch sein. Der Etikettierer lässt sich daher auf einem Schlitten komplett aus der Maschine herausfahren. Etikettenrollen können so schnell und leicht ausgetauscht und Wartungen bequem durchgeführt werden, ohne dass die komplette Anlage geöffnet werden muss.

Qualitätscheck mit Kameras

Nicht korrekt gekennzeichnete Arzneimittelschachteln dürfen die Produktion nicht verlassen. Die hohen Produktionsgeschwindigkeiten, die in der Pharmaindustrie herrschen, erfordern die Überwachung der Kennzeichnung mithilfe von Kameras und Sensoren.

In der Traxeed ItemUnit-Tamper Evident prüfen Sensoren anhand des Oberflächenglanzes, ob die Etiketten präzise appliziert worden sind. Sollte dies nicht der Fall sein, wird die entsprechende Einheit mit einem Luftstoß ausgeschleust. Bei Erreichen der vorgegebenen Zielmenge meldet die Ablage dem Multi Line Manager exakt, welche Seriennummern gedruckt wurden. Von dort werden die Daten weiter über ein Business-Planning-and-Logistics-System – zum Beispiel Arvato CSDB oder SAP – oder manuell über das sogenannte EMVO-Gateway an den EU-Hub übermittelt.

Der Hub sendet schließlich die produzierten Seriennummern an die Verifikationssysteme (NVS) der Länder, in denen die Produkte verkauft werden sollen. Bei der Ausgabe des Medikaments, zum Beispiel in einer Apotheke, wird die Datamatrix gescannt. Die Apothekenmitarbeiter erhalten daraufhin sofort die Meldung von den NVS, ob es sich um ein Originalprodukt handelt. Bei bestätigtem Verkauf wird dann die Seriennummer in der Datenbank des NVS entsprechend als ausgegeben markiert.

Bildergalerie

  • Die ItemUnit-Tamper Evident von Traxeed kennzeichnet mehr als fünf Produkte pro Sekunde. Darin arbeitet ein kompakter Tamper-Evident-Etikettierer von Bluhm.

    Die ItemUnit-Tamper Evident von Traxeed kennzeichnet mehr als fünf Produkte pro Sekunde. Darin arbeitet ein kompakter Tamper-Evident-Etikettierer von Bluhm.

    Bild: Bluhm Systeme

  • Nach dem Aufbringen der Etiketten prüfen Kameras, ob die Seriennummern korrekt gedruckt worden sind.

    Nach dem Aufbringen der Etiketten prüfen Kameras, ob die Seriennummern korrekt gedruckt worden sind.

    Bild: Bluhm Systeme

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