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EU-Energieeffizienzrichtlinie Stimmen zur Effizienzpolitik: Rückenwind und Kritik

30.11.2017

Der Industrieausschuss des EU-Parlaments will Erneuerbare in Europa und Energieeffizienz weiter stärken. Neben Lob für die geplanten Anpassungen erntet der Ausschuss auch Kritik, vor allem aus der Industrie.

In dieser Woche stimmte der Industrieausschuss des Europäischen Parlaments über seinen Bericht zur Fortführung der EU-Energieeffizienzrichtlinie ab. Die dabei beschlossenen Änderungsanträge sollen die Richtlinie gegenüber dem Kommissionsentwurf deutlich stärken. So soll etwa der Anteil erneuerbarer Energien am Gesamtverbrauch in der EU bis 2030 auf 35 Prozent wachsen – bisher waren nur 27 Prozent geplant.

Christian Noll, Geschäftsführender Vorstand der Deutschen Unternehmensinitiative Energieeffizienz (Deneff), begrüßte das Ergebnis: „Die Abstimmung sendet positive Signale für eine ambitionierte Energieeffizienzpolitik, auch in Richtung der nationalen Regierungen“, sagte er.

Effizienzmaßnahmen sind in mehrfacher Hinsicht sinnvoll: Sie senken Energiekosten, schaffen neue Arbeitsplätze in Europa, erhöhen die Versorgungssicherheit und reduzieren den Ausstoß klima- und gesundheitsschädlicher Stoffe. Damit dies gelingt, brauchen Investitionen in Energieeffizienz einen planungssicheren Rahmen, für den nun der Weg frei ist.

Die Deneff moniert jedoch, dass im Vorfeld die EVP-Fraktion für Änderungsanträge geworben habe, welche den Kernartikel 7 der Richtlinie laut EU-Kommission faktisch wirkungslos gemacht hätten. Nun sei der Weg für die abschließende Abstimmung im Plenum im Europaparlament frei. Laut DENEFF helfe eine starke Position des Parlaments bei den darauffolgenden Verhandlungen mit dem Rat. Hier sei mit Gegenwind von Ländern mit Regierungen in denen Europaskeptiker, Energiewendegegner und Populisten mitwirken, zu rechnen.

Produktionsfaktor Energie verkannt

Es meldeten sich aber auch kritische Stimmen zu Wort. Der stellvertretende BDI-Hauptgeschäftsführer Holger Lösch beispielsweise sagte: „Der BDI kritisiert die Vorgaben für den Rechtsrahmen zur Steigerung der Energieeffizienz in der EU als zu starr. Die Industrie benötigt einen flexiblen europäischen Rechtsrahmen, innerhalb dessen sich Energieeffizienz und Wirtschaftswachstum vereinbaren lassen. Staatliches Mikromanagement ist der falsche Weg, um die Energiewende zum Erfolg zu führen. Gerade beim Thema Energieeffizienz haben sich Anreize, Informationen und Förderung als besonders geeignete Instrumente erwiesen. Dies zeigt das Beispiel Deutschland, das weltweit zu den energieeffizientesten Industrieländern gehört.“

Auch der Verband der Chemischen Industrie (VCI) reagierte mit Kritik und sieht in der geplanten Obergrenze für den absoluten Energieverbrauch im Jahr 2030 eine falsche politische Weichenstellung. Diese verkenne, welche zentrale Rolle der Produktionsfaktor Energie für die Industrie spiele, so der VCI.

Die chemische Industrie in Deutschland hat ihre Energieeffizienz seit 1990 verdoppelt. VCI-Hauptgeschäftsführer Utz Tillmann sagte: „Aus der Entscheidung spricht wenig Verständnis, dass wir als Industrie Energie nicht einfach verbrauchen, sondern einsetzen, um wertvolle Produkte herzustellen. Indem die EU den absoluten Energieverbrauch kappt, begrenzt sie die Produktion in Branchen wie der Chemie. Sie schränkt damit Chancen auf Wachstum ein.“

Viele energieintensive Produkte sind laut Tillmann unerlässlich, damit andere Branchen und Verbraucher Energie einsparen könnten. Durch die Verschärfung des absoluten Energieeinsparziels nehme die EU die Gefahr in Kauf, dass diese Produkte in Zukunft nicht mehr in vollem Umfang in Europa hergestellt werden könnten. Tillmann ergänzte: „In Deutschland haben die Unternehmen bereits umfangreiche Maßnahmen für die Energieeffizienz auf den Weg gebracht.

Ihre Vorleistungen würden ignoriert und durch das neue Effizienzziel quasi zusätzlich bestraft.“ Welche Rolle die Raffinerien bei der bereits hohen Effizienz der Chemiebranche spielen, unterstrich der Mineralölwirtschaftsverband (MWV) in einer Stellungnahme von Anfang November, in der der Verband seine Erwartungen an die neue Bundesregierung formulierte.

Raffinerien halten die Effizienz der Chemie hoch

Deutsche Raffinerien haben, so der MWV, bei der Energieeffizienz im internationalen Vergleich einen Vorsprung von zehn Jahren. Fast 90 Prozent von ihnen organisieren sich in Energieeffizienznetzwerken mit dem Ziel, durch Informationsaustausch diese Spitzenposition beizubehalten und auszubauen. Weltweit einmalig ist der enge Verbund mit der Chemie.
Bei den hohen Stromkosten in Deutschland gilt für die energieintensiven Raffinerien die besondere Ausgleichsregelung.

„Diese Entlastung muss vollumfänglich erhalten bleiben, soll der Raffineriestandort Deutschland auch künftig so wettbewerbsfähig bleiben wie derzeit“, forderte Küchen. Auch müsse es weiterhin möglich sein, dass auf den in der Raffinerie selbst erzeugten Strom keine EEG-Umlage anfällt.

Beim Erreichen der Klimaziele 2050 könnten die deutschen Raffinerien noch eine entscheidende Rolle spielen. So könnten dort eines Tages klimaneutrale Kraft- und Brennstoffe sowie Rohstoffe für die Chemie zu bezahlbaren Kosten produziert werden. Der Weg dahin führe über ein schrittweises Ersetzen des Rohöls als Hauptrohstoff durch grünen Strom, grünen Wasserstoff und die Nutzung von CO2 als Rohstoff. Damit kann die gesamte vorhandene Infrastruktur von den Pipelines über die Raffinerien bis zu den Tankstellen weiter genutzt werden.

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