Auf dem Werkgelände von Thyssenkrupp in Duisburg startete die Transportdrohne delivAIRy im Beisein von NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst zu ihrem ersten offiziellen Demonstrationsflug. Sie schwebte über dem Hüttenwerk davon und lieferte wenige Minuten später eine Box mit Laborproben vollautomatisiert auf dem Werksgelände ab.
„Der Probeflug einer autonom fliegenden Transportdrohne zeigt, dass wir in Nordrhein-Westfalen gute Voraussetzungen haben, bei der Entwicklung innovativer Technologien vorne dabei zu sein“, sagt Wüst. „Was hier im kleineren Umfang getestet wird, ist wegweisend für die Mobilität in unseren Städten.“ In einem bevölkerungsstarken und verkehrsreichen Land wie Nordrhein-Westfalen sei es richtig, mit dem Luftraum die dritte Dimension der Mobilität zu erschließen. Das könne laut Wüst Optionen für neue Mobilitätsangebote eröffnen.
Unfallrisiko beim bisherigen Verfahren
Zweimal täglich macht sich bislang ein Werksarbeiter von Thyssenkrupp Steel per Pkw auf den Weg, um kleine Dosen mit Rohstoffen wie Eisenerz oder Kokskohle von der Rohstoffaufbereitung im Werkhafen Schwelgern ins Zentrallabor zu bringen. Dort wird die Qualität der angelieferten Ausgangsstoffe für die Stahlproduktion anhand von Stichproben kontrolliert. Auf der Strecke zum Labor muss der Fahrer mehrere unbeschrankte Bahnübergänge überqueren. Das ist nicht nur zeitraubend und teuer, sondern birgt auch Unfallrisiken.
„Projekte wie bei Thyssenkrupp machen sehr deutlich, welchen Mehrwert Drohnen in der Hand von professionellen Nutzern haben“, sagt der Koordinator der Bundesregierung für die Deutsche Luft- und Raumfahrt Thomas Jarzombek. „Überall in Deutschland etablieren Innovatoren ganz neue Geschäftsmodelle rund um das Thema Drohnen. Die Bundesregierung unterstützt diesen Zukunftsmarkt, zum Beispiel durch die Förderung von Forschung und Entwicklung. Aber auch die regulatorischen Rahmenbedingungen müssen stimmen.“
Lieferzeit mehr als halbiert
Mit dem Ziel, den Laborprobentransport zu beschleunigen und zusätzlich auch noch den Werksverkehr zu entlasten, entwickelte das Team Technology & Innovation von Thyssenkrupp Steel einen Plan: die Anlieferung der Laborproben auf dem Luftweg. Als Partner fand sich Doks.Innovation, die den autonomen Flugroboter delivAIRy mit 1,2 m Spannweite, einer Tragkraft von 4,5 kg und einer patentierten Technologie für die autonome Lastaufnahme entwickelt hat.
Für die 2,2 km lange Strecke braucht delivAIRy nur rund sechs Minuten, während der Pkw, je nach Witterung und Verkehrslage, bis zu einer Viertelstunde oder länger braucht. Insgesamt beschleunigt sich der Lieferprozess somit um mehr als die Hälfte.
Bewegungen immer im Blick
Über einen zentralen Leitstand haben zwei ausgebildete Mitarbeiter die Bewegungen der Drohne immer im Blick. So wissen sie stets genau, wo sich der Flugroboter befindet und können ihn auf sechs definierten Notfalllandeplätzen entlang der Strecke jederzeit zum Stehen bringen. Fallschirme, eine Redundanz der Flugsteuerung und eine Kombination aus optischer Navigation und Navigation via GPS sollen für zusätzliche Sicherheit sorgen.
Für die sechsmonatige Pilotphase und den Flugbetrieb sind entsprechende Fluggenehmigungen durch die Landesluftfahrtbehörde Nordrhein-Westfalen nötig; die Verfahren dazu laufen. Wenn sich der autonome Flugroboter dann beim Laborprobentransport bewährt, könnte er in Zukunft auch in anderen Bereichen der internen Logistik zum Einsatz kommen. „Die Drohne lässt sich individuell per App anfordern. Die Auslieferung zeitkritischer Sendungen auf dem Werksgelände könnte man damit voll automatisieren und digitalisieren“, erklärt Projektleiter Dr. Thomas Lostak.