„Nichts ist mächtiger als eine Idee, deren Zeit gekommen ist“, soll der französische Schriftsteller Victor Hugo einmal gesagt haben. Aber stimmt das wirklich? Die Spurensuche führt nach Niederbayern, an den Ortsrand von Massing, wo die Firma Stela Laxhuber vor fünf Jahren ihre Verwaltungs- und Produktionseinheiten in einem hochmodernen Industrieareal neu aufgestellt hat.
Das Familienunternehmen, das heute in dritter Generation von Thomas Laxhuber geführt wird, ist ein Hidden Champion unter den Anlagebauern. Für Kunden aus aller Welt konzipiert und fertigt Stela – benannt nach dem Gründer Stefan Laxhuber – mit 235 Mitarbeitern anspruchsvolle Trocknungsanlagen in allen erdenklichen Größenordnungen und Anwendungsfeldern. Abnehmer kommen aus der ganzen Welt, unter anderem aus der Agrarwirtschaft, der Holzwerkstoffverarbeitung, der Lebensmittel-, Futtermittel,- Zellstoff- und Papierindustrie oder aus der Wasserwirtschaft.
Trocknende Kolosse
Das Herzstück solcher Trocknungsanlagen sind gewaltige Ventilatoren, die einen Strom aus warmer Luft in Gang setzen, um Produkten wie Getreide, Mais, Holz oder recyceltem Kunststoff die Feuchtigkeit zu entziehen. Das macht diese haltbar und schafft die Voraussetzung für ihre Weiterverarbeitung.
Die Lüfterräder in den Trocknern können dabei einen Durchmesser von 1,6 m haben und eine halbe Tonne auf die Waage bringen. Wenn solch ein Koloss auf bis zu 3.000 Umdrehungen pro Minute beschleunigt wird, ist eine einwandfreie Verarbeitung aller zusammengefügten Komponenten ein absolutes Muss.
„Die Besonderheit bei Stela ist die hohe Fertigungstiefe“, betont Thomas Laxhuber, der 2014 von seinem Vater Stefan, dem Sohn des gleichnamigen Firmengründers, die Geschäftsführung in dritter Generation übernommen hatte. „Um weiterhin weltweit führende Trocknungstechnik zu produzieren, wollen wir die wesentlichen Komponenten unserer Maschinen so weit wie möglich selbst herstellen. Darin sehen wir eine essenzielle Voraussetzung für bestmögliche Qualität und eine lange Lebensdauer der Anlagen.“
Das treffe ganz besonders auch für hochbelastete Bauteile wie die Lüfterräder zu. Diese Radialventilatoren sind vergleichbar mit einer drehbaren Trommel. Mit ihren gekrümmten Schaufeln saugen sie die Luft über die Motorachse an und blasen sie um 90 Grad versetzt wieder aus.
Verfehlter Frühstart
Vor 25 Jahren hatte Stela für die Ventilatormontage bereits nach Automatisierungslösungen gesucht. „Wir hatten damals unsere Schweißerei mit Robotern anderer Bauart neu aufstellen wollen“, berichtet Laxhuber. „Doch das Experiment war krachend gescheitert. Die Roboter konnten uns bei anspruchsvollen Schweißaufgaben nicht wirklich helfen, schufen mehr Probleme, als sie lösten, und fanden so gut wie keine Akzeptanz in der Belegschaft. Die Idee war gut, aber die Zeit nicht reif dafür. Wir haben die Roboter wieder abgeschafft.“
Heute steht Andreas Utz mit einem SmartPad vor einer etwa 40 m2 großen, containerartigen Einhausung inmitten der Produktionshalle und schaut durch die dunkelgrüne Schutzglasscheibe ins Innere. Der Produktionsleiter Ventilatorbau bei Stela steuert die neue Cell4_Arc-Roboterzelle von Kuka. Drinnen blitzt und funkelt es blau, es knistert, weißer Rauch steigt auf. Der sechsachsige Kuka-Schutzgasschweißroboter vom Typ KR Cybertech bewegt rhythmisch seinen schlanken orangen Arm und führt den sensorgesteuerten Brenner zu der Ventilatortrommel.
Die Schaufeln hatte Utz zuvor per Hand mit Schweißpunkten ans Gehäuse geheftet und die stählerne Konstruktion auf dem Positionierer festgeschraubt. Nachdem die Positioniereinheit ins Innere der Zelle geschwenkt war, tastete zunächst ein intelligenter Linienlaser über das sogenannte Kuka.SeamTech Finding das Bauteil ab und bestimmte den optimalen Startpunkt für den Brenner. Dann konnte die brenzlige Millimeterarbeit beginnen: Naht für Naht, in immer gleicher, von der Kuka.ArcSense-Software choreographierter Präzision.
Herr der Aufträge
In etwa 50 Minuten ist der Radialventilator verschweißt und bereit fürs Auswuchten und Lackieren. Beim Rausfahren des fertigen Werkstücks dreht bereits das zuvor auf der anderen Seite von Utz aufgeschraubte nächste Werkstück in die Zelle hinein.
„Work in progress“, sagt Utz mit einem Lächeln. „Per Hand dauert das Schweißen rund einen Tag. Mit der Roboterzelle sind wir jetzt in der Produktion auf der Überholspur. Zeitlich wie qualitativ. Denn die Schweißnähte sitzen in kurzer Zeit so perfekt, wie es per Hand nicht zu schaffen ist. Jetzt produzieren wir in Mengen, die wir es uns nie erträumt hätten, und konnten der Auftragslage wieder Herr werden.“
Abwehrende Anbieter
Der Weg zu solcher Arbeitserleichterung war weniger einfach als die Bedienung der Zelle. Sven Pietsch erinnert sich noch genau an die abweisenden Reaktionen der Roboteranbieter, als sich der Einkaufsleiter von Stela gemeinsam mit Geschäftsführer Laxhuber auf den Weg gemacht hatte, um nach 25 Jahren einen neuen Anlauf für die Automatisierung zu suchen.
„Wir hatten Druck“, erinnert sich Pietsch. „Die Auftragsbücher waren voll, und gleichzeitig wurde es immer schwerer, geeignete Fachkräfte für unsere anspruchsvollen, aber auch vergleichsweise monotonen Schweißarbeiten in der Großserienproduktion zu finden.“
Auf verschiedenen Messen hätten die Niederbayern nach passenden Lösungen für ihre Anforderung gesucht und seien dabei immer wieder abgeblitzt. „Offenbar hielt man uns als mittelständisches Unternehmen für zu unbedeutend“, sagt Pietsch mit einem Schmunzeln. „Bis wir auf der Euroblech in Hannover am Messestand auf die Kuka-Experten trafen. Hier sind wir sehr schnell über eine maßgeschneiderte Lösung für unsere Herausforderung ins Gespräch gekommen. Das war gleich ein intensiver Austausch auf Augenhöhe.“ Und ein Learning für alle Beteiligten, wie Laxhuber hinzufügt.
Im TechCenter für Schweißapplikationen von Kuka sei man schon bald darauf tief in die Produktionsabläufe von Stela eingetaucht und habe so die für die Ventilatorherstellung perfekt zugeschnittene Cell4_Arc-Roboterzelle aus verschiedenen verfügbaren Standardmodulen konfiguriert – mit aller Hard- und Software. „Wir hatten zu jedem Zeitpunkt das Gefühl, zur richtigen Zeit, am richtigen Ort, mit den richtigen Leuten und der richtigen Technik zu tun zu haben“, stellt Laxhuber fest.
Entfaltete Kraft
Die Roboterzelle für Stela beschreibt dabei auch für Kuka einen neuen Weg zu kundenindividuellen, modularen Automatisierungsschritten. „Mit unserem intelligenten Kuka-Cell4_Production-Konzept können wir mit unseren Kunden optimal aufeinander abgestimmte Komponenten und bewährte Standards aus dem Bereich des Schutzgasschweißens zu jeweils idealen Lösungen in der Schweißautomation zusammenführen“, sagt Mathias Klaus, verantwortlich für Solution Sales Modular Cell Business bei Kuka. „Mit der passenden Applikationssoftware sind die Handhabung und die Programmierung der Schweißparameter maximal einfach und helfen, höchsten Produktionsansprüchen gerecht zu werden.“ Dafür sei die gemeinsam mit Stela entwickelte Roboterzelle ein „eindrucksvoller Beleg“.
Das gefällt auch Geschäftsführer Laxhuber: „Es ist seit nunmehr bald 100 Jahren Teil der Stela-DNA, dass wir uns in der Welt des Trocknens von Qualität leiten lassen und dazu technologisch immer einen Schritt voraus sind. Darauf lässt sich Zukunft bauen. Zu jeder Zeit.“ Selbst wenn dazu eine gute Idee auch einmal 25 Jahre reifen muss, um dann in der richtigen Partnerschaft zur rechten Zeit ihre ganze Kraft zu entfalten.