Spezialkabel für extreme Bedingungen U-Bahn-Kabel trotzen Feuer und Kälte

Stromkabel die der der Eiseskälte stand halten.

Bild: iStock, ugurhan
15.03.2019

Kabel für U-Bahnen müssen extremen Bedingungen standhalten. Für den Einsatz in Norwegen müssen die Stromkabel aber nicht nur Schutz vor Feuer und Nagetieren bieten, sondern auch mit der nordischen Eiseskälte zurechtkommen und biegsam bleiben. Nur Spezialkabel können diese Anforderungen erfüllen.

Sie heißt Holmenkollbakken und gilt als die älteste Skisprungschanze der Welt. Wer die meistbesuchte Touristenattraktion Oslos besichtigen will, steigt am besten in die U-Bahn. Die sogenannte T-bane fährt auch das Wohngebiet Holmenkollen an, das am Fuße des 371 Meter hohen Hausbergs im Nordwesten der Stadt liegt.

Die T-bane folgt ganz der norwegischen Tradition: Umweltschutz und Sicherheit genießen höchste Priorität. So verbraucht die Osloer Metro deutlich weniger Energie als andere U-Bahnen, obwohl ihre Heizung im langen und kalten norwegischen Winter ununterbrochen läuft. Und sie fährt mit fast vollständig recycelbaren Wagen. Dass ihre Fahrgäste nicht nur umweltfreundlich, sondern auch sicher unterwegs sind, dafür sorgen unter anderem Spezialkabel, die von Lapp gelierfert werden. Ein gutes Gefühl für die 268.000 Passagiere, die sie täglich nutzen. 86 Streckenkilometer lang ist die Hauptader des öffentlichen Nahverkehrs in Oslo, verteilt auf sechs Linien. Der größte Teil der 101 Stationen liegt oberirdisch, nur 17 befinden sich unter der Erde.

Wenn es um die technische Ausstattung seiner Züge und um die Infrastruktur geht, legt der Betreiber, Sporveien Oslo, höchste Maßstäbe an. Zum Beispiel bei der Verkabelung der Gleichrichter-Stationen. Sie wandeln den Wechselstrom aus dem öffentlichen Netz in Gleichstrom für die Antriebe der Züge. „Bei einem Zwischenfall ist es lebenswichtig, dass man die Bahnen erst einmal aus dem Tunnel herausbekommt“, erklärt Lars Nilsen, Produktmanager bei Lapp Norwegen. „Der Kunde verlangte eine absolut zuverlässige Lösung – und die haben wir geliefert.“

Die Lösung, von der Lars Nilsen spricht, ist ein mächtiges Kabel, zweifach isoliert und feuerfest, das in der Tat praktisch jeder denkbaren Belastung standhält. Bis zu 1270 Ampere können – je nach Verschaltung – durch den Kupferleiter mit einem Querschnitt von 400 mm2 fließen. Als Brandschutz dient eine Umhüllung mit zwei Lagen Micatape. Die zwei Schichten, die den Leiter isolieren, sind vernetzt. Damit eignen sie sich für einen großen Temperaturbereich.

Um zu vermeiden, dass elektromagnetische Impulse nach außen dringen, ist die Isolierung mit einer Abschirmung ummantelt – Querschnitt 30 mm2. Über dieser Schicht liegt ein ebenfalls vernetzter Mantel aus EVA-Spezialpolymer. Diese aufwändige Ummantelung des Leiters macht das Kabel rund 44 mm dick und zu einem echten Schwergewicht: Ein Kilometer wiegt satte 4,73 Tonnen. Dafür ist der Kupferleiter im Inneren gut geschützt, und das Kabel leitet das Feuer nicht weiter. So ist gewährleistet, dass die Verkabelung im Falle eines Brandes funktionsfähig bleibt. Die Metro-Wagen können weiterhin mit Strom versorgt werden und aus dem Tunnel fahren.

Schutz vor Rauch und Dämpfen

Überdies ist die Ummantelung frei von Halogen, hemmt die Rauchentwicklung und gibt nach den einschlägigen Tests NES 02-713 und NFC 20-454 keine giftigen Gase ab. Dies ist wichtig, wenn die Strecke blockiert ist und der Zug den Tunnel nicht verlassen kann. In diesem Fall müssten die Fahrgäste aus dem Tunnel evakuiert werden, ohne dabei Rauch oder reizende Dämpfe einatmen zu müssen. Natürlich gelten diese Anforderungen nicht nur für das Kabel, sondern auch für die Verbindungselemente. Dafür wurde eine feuerfeste Kabelverbindung verwendet – mit einer Technologie aus dem Offshore-Bereich. Damit halten Kabel und Verbindungselemente einem Feuer stand und können die Bahnen weiterhin mit Strom versorgen.

Die Brandschutzeigenschaften waren allerdings nicht die einzige Herausforderung. Dass das U-Bahn-Kabel durch den Einsatz in Norwegen auch noch bei großer Kälte besonders flexibel sein sollte, machte die Sache zusätzlich schwierig. Denn der norwegische Winter lässt nicht nur Wasser und Finger gefrieren, sondern macht auch Kunststoffe steif und spröde. „Wenn man ein sehr steifes Kabel in der Kälte von der Rolle nimmt“, so Lars Nilsen, „muss man diese vorwärmen – das erschwert die Ins­tallation.“

Flexibilität im Kabel gefragt

Das Kabel, so die Anforderung, sollte also auch unter extrem frostigen Bedingungen biegsam bleiben. Das Ergebnis: Selbst bei unter minus 20 °C bleibt das Kabel flexibel und lässt sich mit einem engen Radius von lediglich dem Sechsfachen seines Außendurchmessers biegen.

Wichtig ist dabei, dass am Mantel auf der Außenseite der Biegung keine feinen Querrisse entstehen. Ausgelegt ist das Kabel im Betrieb für einen Temperaturbereich von -40 bis +90 °C. Darüber hinaus muss das Kabel hohen mechanischen Belastungen gewachsen sein. Denn oft muss es durch alte Rohre gezogen werden, in denen Schotter und Kies liegen könnten. Diese zusätzliche Reibung am Mantel würde das Durchziehen des Kabels erschweren. Deshalb ist das Kabel für die T-bane besonders glatt und reibungsarm ausgelegt. Das hält den Kraftaufwand beim Ziehen so gering wie möglich.

Wer nun denkt, das Kabel für die T-bane sei, einmal verlegt, vor weiteren Schäden sicher, irrt. Denn in den Rohren hausen Ratten, die den Kunststoffmantel ausgesprochen lecker finden. Das Kabel muss also einen Nagetierschutz haben. Ein Glasfasertape unter dem Mantel erfüllt diesen Zweck und hält die Nagetiere von tieferem Zubeißen ab. Von den 101 Stationen der T-bane befinden sich nur 17 in einem Tunnel, die anderen Stationen sind oberirdisch. Liegt das Kabel im Freien, ist es UV-Licht ausgesetzt. Für den Mantelkunststoff kein Problem, außerdem ist er beständig gegen Ozon.

Der Betreiber der T-bane ist mehr als zufrieden mit der ausgefeilten, qualitativ hochwertigen Lösung von Lapp Norwegen. Grund genug für Sporveien Oslo, unlängst einen zweiten Rahmenvertrag mit seinem Kabellieferanten zu schließen. Lars Nilsen nimmt das als Bestätigung und Ansporn zugleich: „Die T-bane ist die Lebensader der Menschen hier. Wir müssen sie am Laufen halten und unseren Job verdammt gut machen.“ Dazu gehöre auch die Lieferfähigkeit. Das Kabel liegt bei Lapp in Drammen auch immer im Lager.

Bildergalerie

  • Das von Lapp gelierferte Kabel hält auch den norwegischen Minustemperaturen stand.

    Das von Lapp gelierferte Kabel hält auch den norwegischen Minustemperaturen stand.

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