Obwohl in vielen Machine-Vision-Anwendungen mit Licht im NIR-Spektrum (Near Infrared) gearbeitet wird, kommen typischerweise Sensoren zum Einsatz, die als Nebenprodukt zu klassischen Machine-Vision-Sensoren und -Kameras nicht auf das NIR-Spektrum optimiert sind und somit nur eine geringe Quanteneffizienz in diesem Bereich aufweisen. CMOS-basierte Sensoren sind für einen Teil des NIR-Spektrums (ca. 750 nm bis 1000 nm) zwar empfindlich, sie können aber (im Vergleich zur Spitzenempfindlichkeit) nur etwa 10 bis 30 Prozent des Lichts detektieren (bei längeren Wellenlängen ist dieses Detektionsvermögen stark abfallend). Zudem haben sie einen auf etwa 400 nm bis 1000 nm begrenzten Spektralbereich, der nicht alle NIR-Wellenlängen abdeckt. Um den NIR- und SWIR-Wellenlängenbereich (SWIR = Short Wave Infrared) besser abzudecken, kann ein InGaAs-Sensor verwendet werden. Dieser besteht aus einer Indiumarsenid (InAs) und Galliumarsenid (GaAs) Legierung. Typischerweise haben diese Sensoren eine Spektralempfindlichkeit, die zwischen 900-1700 nm und 1100-2600 nm variieren kann. Der jeweilige Wellenlängenbereich des Sensors wird bereits in seinem Herstellungsprozess durch ein bestimmtes InAs-und GaAs-Verhältnis vorgegeben.
Für Anwendungen, wo Daten aus dem sichtbaren sowie dem NIR- und SWIR-Bereich benötigt werden, müssen mehrere Kameras mit unterschiedlichem Strahlengang und verschiedenen Optiken eingesetzt werden. Die Überlagerung der Datensätze ist kompliziert und die gesamte Lösung letztlich teuer. Hinzu kommt, dass die Pixelgrößen einer CMOS-basierten Kamera kleiner sind (typischerweise 1 μm bis 5 μm) als bei Kameras mit InGaAs-Sensoren (typischerweise 10 μm bis 20 μm). Das erschwert die Zusammenführung der Daten der erfassten Bilder auf Pixelebene zusätzlich.
Hohe Kosten für Multispektralsysteme
In Anwendungen, die ein größeres Wellenlängenspektrum erfordern, müssen oft mehrere Kameras eingesetzt werden, damit alle Bilddaten des jeweiligen Bereichs erfasst werden können. Meistens werden für jedes Spektralband spezielle Kameras mit unterschiedlichen Sichtfeldern, Optiken und Pixelgrößen verwendet. Die von diesen Kameras erzeugten Momentaufnahmen müssen kalibriert und aufeinander abgestimmt werden, bevor die Datenanalyse beginnen kann. Nachteilig ist hier, dass diese Systeme sehr anfällig für Vibrationen und Fehlausrichtungen sind. Um die werkseitige Kalibrierung unverändert nutzen zu können, muss die Befestigung der Kameras sehr robust sein, damit sie während des Transports, der Installation und der Anwendung nicht dejustiert und eine erneute Kalibrierung erforderlich wird. Bei einer Neukalibrierung ist das gesamte Bildverarbeitungssystem offline, das heißt die Prüfanlage ist nicht in Betrieb und die Effizienz der Produktionsanlage verringert sich.
Kamerahersteller, die SWIR-Sensoren in ihre Geräte einbauen, müssen sich auch mit den Herausforderungen, die die Implementierung mit sich bringt, beschäftigen, zum Beispiel mit der Bewertung von Dunkelstrompegeln, starken Abschattungen, Fixed-Pattern-Rauschen und großen Pixelfehlern. Das alles verringert die Qualität des Ausgangssignals und muss bei der Entwicklung der Hardware und Software der Kamera berücksichtigt werden. Außerdem arbeiten viele dieser Kameras mit analogen Sensoren, die für sich allein schon recht teuer sind und die noch zusätzliche Hardware-Komponenten zur Steuerung und zum Auslesen der Daten erfordern. Alles in allem erhöht das die Gesamtkosten dieser Kameras, weshalb ihr Einsatz in einigen Fällen Anwendungsfällen unrentabel ist.
SWIR-Sensortechnologie von Sony
Sony ist ein relativ neuer Anbieter auf dem Markt für industrielle SWIR-Sensoren. Die neueste SWIR-basierte Technologie nutzt viele der früheren Technologien, die für CCDs und CMOS-Sensoren entwickelt wurden. Es handelt sich um den weltweit ersten nichtmilitärischen CMOS-ähnlichen Sensor, der sowohl den sichtbaren als auch den SWIR-Wellenlängenbereich abdeckt – ein InGaAs-basierter Sensor, bei dem sich der lichtsensitive Teil auf einem Silizium- (Si-) Backend mit Auslese- und Steuerelektronik sowie Speicher befindet. Eine Kupfer-Kupfer- (Cu-Cu-) Kontaktierung verbindet den InGaAs- und Si-Layer. Dieser Bildsensor deckt sowohl den sichtbaren als auch den NIR- und SWIR-Wellenlängenbereich mit einer Spektralempfindlichkeit von 0,4 μm bis 1,7 μm ab.
Das bedeutet, dass sich alle Anwendungen, in denen Daten aus diesen Wellenlängenbereichen erforderlich sind, mit nur einem Sensor beziehungsweise einer Kamera realisieren lassen und dass die Bilddaten des sichtbaren Lichts mit den NIR- und SWIR-Daten exakt übereinstimmen – und zwar auf Pixelebene, ohne zusätzliche Kalibrierung. Dieser Vorteil vereinfacht das Design eines Vision-Systems und die Bildanalyse erheblich, da die Bilder nicht erst miteinander verglichen und dann entsprechend angepasst werden müssen.
Sony hat anfänglich mit dem IMX990 und dem IMX991 zwei SWIR-basierte Sensoren mit ähnlichen Eigenschaften und Merkmalen entwickelt. Beide basieren auf den Pregius digital Sensoren und bieten dementsprechend auch die CMOS-ähnliche Bedienbarkeit, Funktionalität und Einheitlichkeit: Alle Modelle befinden sich in einem keramischen PGA-Gehäuse und haben die gleiche Pin-Konfiguration. Somit sind für die Sensoren keine unterschiedlichen Board-Designs notwendig. Jedes Modell kann für die thermoelektrische Kühlung (TEC) optional mit einstufigen Peltier-Elementen ausgestattet werden, um die Rauschakkumulation durch Dunkelstrom (aufgrund der Wärmeentwicklung bei der Aufnahme von Bildern mit längerer Belichtung) zu reduzieren. Mittels TEC lässt sich eine Temperaturdifferenz von etwa 30 ⁰C erzielen.
Beide Sensoren nutzen die neue SenSWIR Technologie von Sony: Durch eine dünnere InP- (Indiumphosphid-) Oberflächenschicht ermöglicht diese eine bessere Erkennung der sichtbaren Wellenlänge in einem größeren Bereich. In Kombination mit der Cu-Cu-Verbindung können mit dieser Technologie die Pixel stark verkleinert werden. Mit nur 5 μm haben die Sensoren die kleinsten InGaAs-basierten Pixel in der Branche. Durch ihre kleineren Gehäuse und die digitale Signalübertragung können sie einfacher und schneller in jedes beliebige neue Kameradesign implementiert werden.
Vorgesehene Anwendungen
In Machine Vision Anwendungen kommen seit langem die verschiedensten Sensoren zum Einsatz, um Bilder bei unterschiedlichen Wellenlängen aufzunehmen. Im Markt gibt es viele multispektrale Anwendungen, in der Praxis jedoch hemmen die hohen Kosten den standardmäßigen Einsatz der Kameras zum Erfassen nicht sichtbarer Wellenlängen. Aus diesem Grund werden die neuen Sony Sensoren von der Machine Vision Industrie derzeit bereits freudig erwartet. Von einer Kamera, die das sichtbare Licht einschließlich des SWIR-Spektrums erfasst, können bestimmte Branchen unmittelbar profitieren:
Lebensmittelverarbeitung und -überwachung
Bei den hier aufgenommenen Bildern kommt es vor allem auf den Kontrast an, denn durch einen hohen Kontrast kann man Mängel und Schmutz gut erkennen, da diese das Licht anders reflektieren als ein unbeanstandetes Produkt. Normalerweise wird ein hoher Kontrast zum Hervorheben der mangelhaften Stellen durch verschiedenfarbiges Licht und/oder Farbfilter erzielt. Wenn das Fremdmaterial aber ein ähnliches Reflexionsspektrum hat wie die Lebensmittel, beispielsweise bei der Sortierung von Bohnen, steht der Anwender vor besonderen Herausforderungen. In einem solchen Fall sind Metall, Steine und Plastik im sichtbaren Spektrum nur schwer zu erkennen. Sobald man er sie aber im SWIR-Bereich analysiert, stechen sie optisch hervor und sie lassen sich leicht aus dem Gemenge herausfiltern.
Eine weitere anspruchsvolle Anwendung ist die Unterscheidung von Salz, Zucker und Mehl. Alle diese Lebensmittel sehen im RGB-Spektrum sehr ähnlich aus, sie haben aber ein unterschiedliches Reflexionsvermögen bei SWIR-Licht. Werden die pulverförmigen Lebensmittel SWIR-Licht ausgesetzt und mit einer SWIR-Kamera abgebildet, lassen sie sich leicht eindeutig erkennen und sortieren.
Obst kann Mängel und Druckstellen haben, ohne dass diese gleich bemerkt werden – oft erst dann, wenn es in den Supermarktregalen liegt. Doch dann kaufen es die Kunden nicht mehr; es verkommt und belegt wertvollen Platz, der für makelloses Obst genutzt werden könnte. Mit SWIR-basierten Inspektionssystemen kann man jedoch hinter die Obstschale blicken, um Mängel zu erkennen und das Obst für die Weiterverarbeitung auszusortieren. Somit kann dafür gesorgt werden, dass nur bestes Obst in die Regale kommt und aufgrund der besseren Qualität bei anspruchsvollen Kunden auch höhere Preise erzielt.
Beobachten und Messen
Kameras mit SWIR-Sensoren von Sony haben den Vorteil, dass sich mit ihnen Temperaturunterschiede aufzeichnen und visuell darstellen lassen. Da sich der SWIR-Bereich nahtlos an den Wellenlängenbereich thermischer Strahlung anschließt, kann die Kamera unterschiedliche Temperaturen erkennen und in Bildern die jeweiligen Intensitäten darstellen. Somit können solche Kameras bzw. Machine Vision Anwendungen eingesetzt werden, um beispielsweise die Temperatur am Lötkolben festzustellen und zu erkennen, ob die Lötkolbenspitze die ideale Temperatur zum Löten bereits erreicht hat.
Wasser kann SWIR-Wellenlängen sehr gut absorbieren. Dank dieser Eigenschaft lässt sich sehr gut überprüfen, ob Wasser in Materialien eingedrungen ist oder ob sie bereits Wasser enthalten. An den Stellen, wo Feuchtigkeit vorhanden ist, werden SWIR-Bilder dunkler und die Machine Vision Algorithmen können darauf entsprechend reagieren.
Da immer mehr autonome Fahrzeuge entwickelt und eingesetzt werden, steigt auch die Notwendigkeit, die Umgebung der Fahrzeuge besser und genauer wahrzunehmen. Die größten Herausforderungen hierbei sind Nebel, Dunst und Schleier, die die Sicht der Kamera verdecken. SWIR-Wellenlängen können diese umgebungsbedingten Hindernisse durchdringen und den Navigationssystemen eine bessere Sicht ermöglichen, um das Fahrzeug zu steuern und Kollisionen mit anderen Objekten zu vermeiden.
Fazit
In vielen Anwendungen ist die Abdeckung eines großen Wellenlängenspektrums von großem Vorteil, da damit zusätzliche Informationen zur Beurteilung der Qualität und Performance eines Produkts gewonnen werden können. Bislang haben die hohen Kosten für SWIR-basierte Kameras ihren Einsatz in verschiedenen Branchen eingeschränkt. Mit der SenSWIR Technologie und den Bildsensoren von Sony hat sich das verändert, da damit eine kostengünstige Lösung für ein großes Wellenlängenspektrum verfügbar ist. Die Lösung minimiert die Komplexität des Designs eines Bildverarbeitungssystems und ermöglicht in vielen Märkten die hyper- und multispektrale Bildverarbeitung. Wenn Entwickler von Kameras diese Sensoren nutzen und evaluieren, um ihre Anforderungen und die bestehenden Herausforderungen zu lösen, lassen sich noch viele weitere Anwendungsfälle realisieren.
Weitere Informationen über die SWIR-Sensoren finden Sie unter www.framos.com