Die Europäische Kommission hat mit der Zielsetzung des europäischen Green Deals die Maßgabe gesetzt bis 2050 keine Netto-Treibhausgase mehr auszustoßen. Europa soll damit der erste klimaneutrale Kontinent werden. Aber auch in den USA und Kanada sowie im asiatisch-pazifischen Raum sind die Bemühungen groß, den Übergang zu einer modernen, ressourceneffizienten und wettbewerbsfähigen Wirtschaft einzuleiten.
Der Ausbau der erneuerbaren Energien steht in direktem Zusammenhang mit dem Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft. Um den angestrebten klimaneutralen grünen Wasserstoff zu erzeugen, muss die dafür benötigte elektrische Energie aus erneuerbaren Energiequellen stammen. Brückentechnologien zur Erzeugung von Wasserstoff werden für den Hochlauf zweifelsohne notwendig sein.
Deutschland formuliert in der „Fortschreibung der Nationalen Wasserstoffstrategie“ die EU-Wasserstoffstrategie für sich aus. Auch andere europäische Länder tun dies gleich. Beispielsweise Frankreich im Rahmen des Plans „France 2030“. Das Jahr 2030 ist dabei stets ein wichtiger Meilenstein für den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft. Die Europäische Kommission hat die Senkung der Netto-Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent gegenüber 1990 als Zielmarke gesetzt.
Einsatzbereiche sauberen Wasserstoffs
Wasserstoff spielt eine entscheidende Rolle in der Energiewende aus mehreren Gründen. Es ist ein vielseitiger Energieträger, der sauber erzeugt werden kann und bei der Verbrennung oder Nutzung in Brennstoffzellen nur Wasser als Nebenprodukt hinterlässt. Das macht ihn zu einer attraktiven Alternative zu fossilen Brennstoffen und trägt zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen bei.
Ein weiterer Grund für die Bedeutung von Wasserstoff liegt in seiner Speicherfähigkeit. Er kann als Langzeitspeicher für Energie dienen, idealerweise für überschüssigen Strom aus erneuerbaren Energiequellen. Durch Elektrolyse kann Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff aufgespalten werden, wobei der erzeugte Wasserstoff gespeichert und später bei Bedarf wieder in Strom oder Wärme umgewandelt werden kann. Darüber hinaus bietet Wasserstoff die Möglichkeit Sektoren zu dekarbonisieren, die schwer elektrifizierbar sind (beispielsweise den Schwerlastverkehr, die Schifffahrt, die Luftfahrt und die Stahlherstellung). Mit der Nutzung von Wasserstoff als Energiequelle können diese Branchen ihre Emissionen drastisch reduzieren und dem Ziel der Klimaneutralität dienlich sein.
Erfolgsfaktoren für die Wasserstoffwirtschaft sind weitere Fortschritte in der Technologie, wettbewerbsfähige Kosten, eine verbesserte Infrastruktur für die Herstellung, Speicherung und Verteilung von Wasserstoff sowie eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen Regierungen, Unternehmen und Forschungseinrichtungen.
Technische Anforderungen im Blick
Der Einsatz von Wasserstoff als Energieträger bringt spezifische Materialanforderungen mit sich, die eine zentrale Rolle für die Sicherheit, Effizienz und Langlebigkeit der Systeme spielen. Da Wasserstoff bei hohem Druck und in manchen Fällen auch bei hohen Temperaturen gehandhabt wird, sind Materialien erforderlich, die diesen Bedingungen standhalten können. Wasserstoff kann in bestimmte Materialien eindringen und deren Struktur verändern, was zu Rissen und Brüchen führen kann. Deshalb sind spezielle Legierungen oder Beschichtungen notwendig, um die Wasserstoffaufnahme zu reduzieren und die langfristige Materialbeständigkeit zu bewahren.
Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, spielt die Wahl passender Legierungen, Beschichtungen und Materialkombinationen eine wichtige Rolle. Innovative Herstellungsverfahren und langjährige Erfahrung mit Wasserstoff sind von großem Vorteil, um sicherzustellen, dass die Wasserstofftechnologien sicher, zuverlässig und effizient sind. Auch in der Peripherie von Wasserstofftechnologien sind neue Anforderungen entstanden. So ist beispielsweise für den Betrieb eines Elektrolyseurs Reinstwasser von sehr hoher Güte erforderlich. Reinstwasser wird von einem Elektrolyseur unter Einsatz elektrischer Energie zu Wasserstoff und Sauerstoff gespalten.
Reinstwasserüberwachung im Elektrolyseur
Es gibt unterschiedliche Bauformen von Elektrolyseuren. Gemeinsam ist ihnen, dass sie als Eingangsgröße mit Reinstwasser arbeiten. Im Elektrolyseur gibt es zwei Elektroden, eine positive (Anode) und eine negative (Kathode), die in das Wasser getaucht sind. Wenn elektrischer Strom durch das Wasser geleitet wird, spaltet sich das Reinstwasser H2O an den Elektroden in seine gasförmigen Bestandteile H2 und O2 auf. Die erzeugten Gase, Sauerstoff und Wasserstoff, werden separat gesammelt. Sie können dann für verschiedene Anwendungen verwendet oder für die Speicherung weiterverarbeitet werden. Bei PEM-Elektrolyseuren beispielsweise trennt eine Membran die Anode und die Kathode, um den Sauerstoff und Wasserstoff zu trennen, während bei alkalischen Elektrolyseuren eine Lösung als Elektrolyt dient und gleichzeitig die Ionen zwischen den Elektroden transportiert.
Eine wichtige Messgröße für den Elektrolyseur ist die konstante Überwachung und Steuerung der Reinstwasserqualität am Eingang. Dies geschieht mittels konduktiven Leitfähigkeitsmesssonden, welche die Leitfähigkeit in µS/cm ausgeben. Die stetige Überwachung schützt nicht nur vor Beschädigung, sondern garantiert auch eine möglichst lange Haltbarkeit der Komponenten und trägt so zur Verlängerung der notwendigen Wartungsintervalle bei.
Jumo sieht enorme Wachstumschancen im Bereich Wasserstoff. Das Unternehmen hat deshalb seine Produkte für den Einsatz im Wasserstoff angepasst und zertifiziert diese, wo notwendig. Die vorhandenen Fertigungsanlagen sind lediglich geringfügig modifiziert worden, und die notwendigen Stückzahlsteigerungen können oft aus der Produktionsreserve erreicht werden. Der Umgang mit Wasserstoff erfordert umfangreiche Sicherheitsvorkehrungen und messtechnische Expertise, sei es bei der Herstellung von Reinstwasser für die Speisung des Elektrolyseurs oder bei der Überwachung der elektrolytischen Leitfähigkeit. Digitale Druck- und Temperatursensoren von Jumo gewährleisten die Überwachung der thermodynamischen Prozesse und bieten eine sichere und zuverlässige Technik, die darüber hinaus explosionsgeschützt ist. Im Portfolio für Wasserstoffanwendungen findet sich mit dem Jumo tecLine CR / Jumo digiLine CR-System eine zuverlässige Lösung für diese Messaufgabe.
Zukunft mit Wasserstoff
Wasserstoff dient seit Jahrzehnten bereits als wichtiger Rohstoff in verschiedenen Industriezweigen. In der chemischen Industrie wird Wasserstoff zur Herstellung von Ammoniak, Methanol und anderen Produkten verwendet. Auch in der Ölraffinerie wird Wasserstoff für die Entschwefelung von Treibstoffen eingesetzt. Die klimaneutrale Herstellung von Wasserstoff ermöglicht die Dekarbonisierung der bereits existierenden Industriezweige und eröffnet darüber hinaus vielen weiteren Industriezweigen mit neuen Anwendungen große Chancen das Ziel der Klimaneutralität zu erreichen. So hat die energieintensive Schwerindustrie damit begonnen die Weichen auf Wasserstoff als Brennstoff für die Stahlproduktion zu stellen, um damit CO2-Emissionen zu reduzieren. Im Transportsektor wird Wasserstoff als Treibstoff der Zukunft für Brennstoffzellen betrachtet. Insbesondere im Schwerlastverkehr, bei Bussen und Bahnen, in der Schifffahrt und der Luftfahrt wird Wasserstoff oder eines seiner Derivate als Energiequelle vorangetrieben. Im Energieversorgungsnetz kann Wasserstoff als Langfristspeicher dienen und zum Beispiel Schwankungen in der Stromerzeugung ausgleichen oder über das Gasnetz verteilt und in Wärme umgewandelt werden.
Die möglichen Anwendungsgebiete sind zahlreich und werden an Attraktivität gewinnen mit zunehmender Verfügbarkeit von wettbewerbsfähigem grünem Wasserstoff. Ein weiteres Potenzial entfaltet sich bei der flächendeckenden Anwendung von Wasserstoff im Zuge der Sektorenkopplung. Wasserstoff ist das Verbindungsglied mittels sogenannter „Power-to-X“-Technologien. Die Eigenschaften und Anwendungsmöglichkeiten von Wasserstoff werden den Weg bereiten, die Sektoren Stromerzeugung, Wärmeversorgung sowie Verkehr und Industrie effizient miteinander zu verbinden und den Gesamtwirkungsgrad dieses Systems durch Synergieeffekte zu steigern.