„Wasserstoff ist der Joker der Energiewende. Denn er ist quasi überall einsetzbar – von der Industrieproduktion über Kraftwerke bis zu Fahrzeugen“, erklärt Dr. Robert Brandt, Geschäftsführer der Agentur für Erneuerbare Energien (AEE).
Brandt fährt fort: „Wichtig ist es, den Wasserstoff gezielt und effizient einzusetzen, da bei der Produktion Energie verloren geht. Die Bundesländer haben mit ihren Strategien und Roadmaps detaillierte Wege vorgezeichnet, wo er am dringendsten gebraucht wird und prioritär zum Einsatz kommen soll.“
Unterschiedliche Schwerpunkte der Bundesländer
In allen Landesstrategien sind die Industrie und der Schwerlastverkehr die wichtigsten Sektoren, in denen Wasserstoff zum Einsatz kommen soll. Die Bundesländer setzen dennoch unterschiedliche Schwerpunkte, was die Erzeugung, Nutzung und die Bedeutung von Wasserstoff für die regionale Wirtschaft betrifft.
Aus dem Vergleich der Wasserstoffstrategien lassen sich grob vier Gruppen bilden: Im Norden werden besonders die Standortvorteile zur Wasserstoffproduktion hervorgehoben. Die Länder an Nord- und Ostsee verfügen über viel Windstrom. Statt die Windenergieanlagen aufgrund überlasteter Netze abzuregeln, könnte damit Wasserstoff produziert werden.
In den östlichen Bundesländern spielt Wasserstoff vor allem bei der Bewältigung des Strukturwandels in den Braunkohleregionen eine wichtige Rolle. Die Technologie soll zukunftsfähige Arbeitsplätze in die Regionen bringen, neue Wertschöpfungsketten aufbauen und den Regionen ihre Identität als Energiestandort bewahren.
Der Süden sieht seine Rolle in erster Linie als Entwickler und Produzenten von Wasserstofftechnologien wie etwa Komponenten, die zum Bau von Elektrolyseuren und Brennstoffzellen benötigt werden. Wasserstoff wird hier als große Chance für die mittelständische Zulieferindustrie gesehen.
In den westlichen Bundesländern spielt Wasserstoff eine große Rolle bei der Reduzierung der Treibhausgasemissionen in der Schwer- und Chemieindustrie.
Wasserstoff in der Praxis
In Deutschland sind bereits mehr als 60 Projekte in Betrieb, in denen Wasserstoff aus Erneuerbaren Energien erzeugt wird. Mehr als 80 weitere sind in Planung beziehungsweise befinden sich bereits im Bau. Die Projekte weisen eine große Bandbreite in Sachen Größe, Leistung, Output, Endprodukt und Nutzung auf. Die Elektrolyseleistung reicht von nur 6 kW, was in etwa der Leistung einer typischen Photovoltaik-Dachanlage entspricht, bis zu 110 MW – so viel wie ein großer Solarpark. In den meisten Anlagen wird reiner Wasserstoff oder Methan hergestellt. Es gibt aber bereits Anlagen, die Flüssigkraftstoffe oder Feststoffe für die Chemieindustrie produzieren.
„Wasserstoff ist keine Zukunftsmusik mehr. Die Technologie wird bereits heute in vielen Regionen eingesetzt und weiterentwickelt. Doch eins ist klar: Eine klimaneutrale Wasserstoffproduktion erfordert einen beschleunigten Ausbau der Erneuerbaren Energien“, betont Brandt. Und hier kommen erneut die Bundesländer ins Spiel. Denn sie stellen die benötigten Flächen für Wind- und Solarenergie bereit. Außerdem sind die Länder aktive Treiber bei der Forschungsförderung, Ausbildung von Fachkräften sowie bei der Bildung von Wasserstoff-Netzwerken, Clustern und Reallaboren.