Molekulare Maschinen steuern eine Vielzahl grundlegender Prozesse in der Natur. Eingebettet in eine zelluläre Umgebung, spielen sie eine zentrale Rolle beim intra- und interzellulären Transport von Molekülen sowie bei der Muskelkontraktion von Menschen und Tieren.
Für die Funktion des gesamten Organismus ist meist eine wohldefinierte Orientierung und Anordnung der molekularen Maschinen essenziell. Zum Beispiel ermöglicht die spezifische Einbettung von Motorproteinen, welche eine Klasse von biomolekularen Maschinen bilden, ein dynamisches Zusammenspiel der unzähligen Proteine. Dadurch wird die Bewegung auf molekularer Ebene verstärkt und über verschiedene Größenordnungen hinweg bis zur makroskopischen Ebene übertragen.
Aus der Natur inspiriert
Inspiriert von diesen biologischen Systemen, ist die Entwicklung von zellartigen Materialien, basierend auf künstlichen molekularen Maschinen ein aktuelles Forschungsfeld. Um die molekulare Kooperativität dieser Maschinen für die Anwendung in der Materialwissenschaft oder der Medizin zu nutzen, ist ein detailliertes Verständnis sowohl der molekularen Einbettung in eine Matrix als auch der intermolekularen Wechselwirkungen entscheidend.
Elena Kolodzeiski und Dr. Saeed Amirjalayer vom Physikalischen Institut der Westfälischen Wilhelms-Universität (WWU) Münster ist es erstmals gelungen, das dynamische Zusammenspiel einer Klasse von künstlichen molekularen Maschinen – den sogenannten molekularen Shuttles – mithilfe von molekular-dynamischen Simulationen aufzudecken.
Molekulare Shuttles sind aus hantelförmigen und ringförmigen Molekülen aufgebaut, die durch mechanische Bindungen miteinander verknüpft sind. „Diese mechanische Verknüpfung auf molekularer Ebene führt dazu, dass sich der Ring entlang der Achse von einer Seite auf die andere bewegen kann. Diese gezielte Pendelbewegung wurde bereits genutzt, um molekulare Maschinen zu entwickeln“, erklärt Studienleiter Saeed Amirjalayer.
Grundlegendes Verständnis für dynamische Prozesse fehlt
Basierend hierauf arbeiten Wissenschaftler weltweit an einer gezielten Nutzung dieser molekularen Maschinen in Funktionsmaterialien. Metallorganische Gerüstverbindungen, welche modular aus organischen und anorganischen Bausteinen aufgebaut sind, erweisen sich als eine vielversprechende Matrix, um diese mechanisch verzahnten Moleküle in zellartigen Strukturen einzubetten. Obwohl in den vergangenen Jahren eine Reihe dieser Systeme synthetisiert wurde, fehlt meist ein grundlegendes Verständnis der dynamischen Prozesse in diesen Materialien.
„Unsere Studie liefert einen detaillierten Einblick darin, wie die eingebetteten Maschinen funktionieren und zusammenspielen. Gleichzeitig konnten wir Parameter ableiten, die es ermöglichen, die Bewegungsart der molekularen Shuttles innerhalb der metallorganischen Gerüstverbindungen zu variieren“, erklärt Kolodzeiski.
Die gezielte Steuerung der Dynamik biete vielsprechende Möglichkeiten, um die Transporteigenschaften von Molekülen in Membranen zu beeinflussen oder katalytische Prozesse abzustimmen. Die Forscher hoffen, dass ihre Simulationen die Grundlage für neuartige Materialien in der katalytischen und medizinischen Anwendung bilden.