Signalleuchten sind weit verbreitet – für den Hersteller zugleich Fluch und Segen. Denn dies bedeutet zwar eine große Nachfrage, gleichzeitig aber auch eine Unmenge an Anforderungen. Um den Markt zu befriedigen, hat Werma Signaltechnik heute bereits über 2500 verschiedene Varianten im Angebot.
Bis 2006 produzierte Werma in Handarbeit, doch steigender Kostendruck und die immer größere Nachfrage zwangen den Hersteller von der schwäbischen Alb zum Umdenken. Die gesamte Fertigung wurde automatisiert, die Auftrags- und Kundenverwaltung auf SAP umgestellt. Werma stieg mit seiner Signalsäule zum Marktführer in Europa auf, die Fertigung stieß trotz Dreischicht-Betrieb 2013 an ihre Grenzen. Eine dritte Fertigungslinie musste her.
Eines der zentralen Elemente der erweiterten Produktion bei Werma, die neue Drahtbiegemaschine, war um mehr als 50 Prozent schneller als die 2006 angeschafften Modelle. Um keinen Flaschenhals in der Produktion entstehen zu lassen, musste also auch die nachfolgende Station entsprechend beschleunigt werden. Hier entnehmen Handling-Roboter die Drahtstücke, führen sie einer visuellen Prüfung zu und verbauen die für in Ordnung befundenen Stücke in die Signalleuchte. Die Mitsubishi-Roboter der F-Serie erwiesen sich als schnell genug für diese Aufgabe. Sie hatten gegenüber der Vorgängergeneration bei der Verarbeitungsgeschwindigkeit ebenfalls um mehr als die Hälfte zugelegt.
Die weißlackierten mechanischen Mitarbeiter müssen einen komplexen Zyklus aus Drahtentnahme, Vermessungsprüfung, Kontaktfedermontage und Einbau ins Kunststoffgehäuse abfahren. Nach Angaben von Ronny Lauer, Fertigungsingenieur bei Werma und verantwortlich für die Entwicklung der neuen Montagelinie, konnten dabei die Melfa-Roboter als einzige die Dauer des Vorprozesses sogar unterbieten. Lauers Fazit: „Dank der neuen Robotergeneration konnten wir im Handling schritthalten und die Leistungssteigerung der Drahtbiegemaschine tatsächlich umsetzen.“ Im nächsten Produktionsschritt kommt noch ein zweiter Mitsubishi-Electric-Roboter zum Einsatz. Ein Modell der Scara-Reihe übernimmt das präzise Einsetzen der Elektronik in die Kunststoffgehäuse.
Intelligente Prozesssteuerung
Ein schneller Roboter macht allerdings noch keine Industrie 4.0 – aber ein intelligenter, wenn er richtig angesteuert wird. Und hier hat der Signalsäulenhersteller bereits 2006 ein innovatives Konzept umgesetzt, das anschaulich macht, wohin die Reise in der Fertigungsautomation geht.
Werma bietet dem Kunden nicht nur eine riesige Fülle an Varianten, sondern akzeptiert auch Aufträge bis hinunter zur Losgröße 1. Das kann natürlich nur funktionieren, wenn die Fertigungslinie nicht je nach Auftrag umgerüstet oder Roboter manuell umprogrammiert werden müssen. Die schwäbischen Tüftler haben die Steuerung des Fertigungsprozesses mit der Auftragsverarbeitung im SAP verknüpft. Hier sind für alle Signalelementvarianten die nötigen Informationen hinterlegt, inklusive Konfigurationen und Prozessschritte. Allerdings wurden nicht für alle 2500 Signalleuchtenvarianten jeweils eigene Produktionsprogramme angelegt, sondern es sind Module für einzelne Aufgaben und Arbeitsschritte hinterlegt. Je nach Konfiguration der Signalsäule fügt die Software sie zu einem Arbeitsplan zusammen und bucht diesen in die Fertigungslinie ein, um einen Auftrag abzuarbeiten.
Kompetente Partner
Ein solch komplexes Projekt lässt sich oft nur mit Hilfe von externen Dienstleistern stemmen, die punktuell die eigene Expertise ergänzen. Bei der Neukonzeption der Fertigung griff Werma auf zwei Partner im Kompetenznetzwerk von Mitsubishi Electric zurück. Neumann Automation unterstützte den Signalleuchtenhersteller bei der Entwicklung der gesamten Montageanlage, insbesondere beim Einsatz der Mitsubishi-Roboter. Das Systemhaus Adiro Automatisierungstechnik stellte Software-Spezialisten, die die Roboterprogramme erstellten und dafür Sorge trugen, dass das Gesamtsystem möglichst effizient läuft.
Jürgen Marquardt, Teamleiter Betriebsmittel- und Fertigungstechnik bei Werma, berichtet stolz: „Die technische Verfügbarkeit der Linie liegt schon jetzt bei über 90 Prozent. Das ist für eine Anlage dieser Komplexität sehr selten. Unser Ziel ist es, die Fehlerquote innerhalb des Prozesses gegen null zu reduzieren.“ Neben der Prozesssicherheit sei auch die Qualität der Produktion verbessert worden, ebenso die Wirtschaftlichkeit. Mit den drei Fertigungslinien konnte man trotz höherer Stückzahlen zum Zweischicht-Regelbetrieb zurückkehren. Bei Kapazitätsengpässen könnte Werma jederzeit wieder eine dritte Schicht fahren. Zunächst aber sollen die beiden älteren Fertigungslinien mit aktueller Drahtbiege- und Robotertechnik aufgerüstet werden, um auch hier den Takt zu erhöhen.
Innovation versus Niedriglohn
Werma zeigt, dass moderne Produktionsmethoden im Preiswettbewerb den Faktor Lohn überwiegen können. Marquardt betont: „Mit unser Lösung sind wir in der Lage, in Deutschland günstiger zu produzieren als in einem Niedriglohnland und dadurch im internationalen Wettbewerb mitzuhalten. Damit haben wir unseren Standort in Rietheim gesichert.“ Dieser Erfolg ist seiner Berufsehre geschuldet: „Wir sehen uns als Produktionsingenieure quasi dazu verpflichtet, Möglichkeiten raffinierter, intelligenter Technik zu finden, um den Standort Deutschland zukunftsfähig zu halten.“