Gestörte Lieferketten, Fachkräftemangel, steigende Energiepreise und wachsende gesellschaftliche und politische Erwartungen an das Nachhaltigkeitsengagement stellen produzierende Unternehmen vor zahlreiche Herausforderungen. Um weiterhin wettbewerbsfähig zu bleiben, sind sie auf Neuerungen und neue Erlösquellen angewiesen. Eine Geschäftsmodellinnovation im Maschinen- und Anlagenbau ist Equipment-as-a-Service (EaaS). Dabei stellen Fabrikausstatter, Systemanbieter oder auch Maschinen- und Anlagenbauer ihre Maschinen als Abonnement-Dienstleistung für Fertigungsunternehmen zur Verfügung und rechnen diese wertorientiert ab.
Der Aufbau eines EaaS-Geschäftsmodells ist jedoch komplex. Mit dem EaaS-Canvas hat das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO im vergangenen Jahr einen Ordnungsrahmen für die Gestaltung von EaaS-Geschäftsmodellen aufgezeigt. Um diesen Ordnungsrahmen methodisch fundiert zu füllen, wurde gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA der „Equipment-as-a-Service (EaaS)-Methodenleitfaden zur praktischen Anwendung des EaaS-Canvas“ entwickelt.
Schritt für Schritt zum EaaS-Geschäftsmodell
„Mit dem neu gedachten Geschäftsmodell EaaS können Maschinen- und Anlagenbauer ihr Portfolio um ein wertabhängiges Erlösmodell erweitern, da EaaS auf Basis der Verfügbarkeit, der Nutzung oder des Ergebnisses abgerechnet wird“, erläutert Dr. Holger Kett, Studienautor und Leiter des Teams „Digital Business Services“ am Fraunhofer IAO. „Mit EaaS bringen Unternehmen dabei individuelle Produkt-Service-Bündel auf den Markt, die über die Bereitstellung der Maschinen hinausgehen und spezifische Anwendertypen ansprechen“, so Oliver Schöllhammer, Leiter Unternehmensstrategie und -entwicklung am Fraunhofer IPA und Mitautor der Studie.
Der veröffentlichte Methodenleitfaden unterstützt Unternehmen anhand definierter Abbruchkriterien dabei, zunächst herauszufinden, ob sich die Erarbeitung eines EaaS-Geschäftsmodells für sie lohnt. Falls ja, führt der Methodenleitfaden die Unternehmen anhand von drei Phasen durch den EaaS-Canvas. Dabei werden insgesamt 27 Methoden präsentiert und aufgezeigt, wie sie für die Erarbeitung der einzelnen Geschäftsmodell-Elemente in den Bereichen „Kunden und Anwender“, „EaaS-Angebot“, „Eigene Strukturen“, „Kooperative Strukturen“ sowie „Nutzen und Preisgestaltung“ verwendet werden können. Damit erfahren Unternehmen, wo sie in Bezug auf wertorientierte Geschäftsmodelle heute stehen und welche Schritte zukünftig notwendig wären, um ein EaaS-Geschäftsmodell einzuführen und zu betreiben.
„Eine Besonderheit unseres Leitfadens ist zudem, dass wir in Zusammenarbeit mit Georg Borges von der Universität des Saarlandes auch relevante Rechtsfragen rund um die Einführung eines EaaS-Angebots analysiert und leichtgewichtig integriert haben“, so Dr. Holger Kett.
Workshops unterstützen Unternehmen in der Umsetzung
Die Entwicklung des EaaS-Canvas und des Leitfadens fand im Rahmen des vom Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg geförderten Projekts „ X-Forge: Smart Factory as a Service – FABaaS“ statt, welches die Umsetzung der Service-orientierte Produktion – „Fabrik-as-a-Service (FABaaS)“ – in den Mittelpunkt stellte und im April 2024 erfolgreich abgeschlossen wurde.
Die dort und in anderen X-Forge-Projekten gesammelten Erfahrungen teilen das Fraunhofer IAO und IPA in praxisorientierten Workshops, die sich an Werkausstatter, Systemanbieter, Maschinen- und Anlagenbauer sowie Komponentenhersteller richten, die ihr bestehendes Leistungsangebot um ein wertorientiertes Geschäftsmodell erweitern und die Potenziale von EaaS für sich nutzen wollen. Bereits drei Workshops wurden dieses Jahr schon durchgeführt.