Seit der Mensch die Weltmeere befährt, muss er sich Gedanken über seine Vorräte an Bord machen. In den Anfangsjahren der Schifffahrt wurde ein nicht unerheblicher Teil des Laderaums zum Bunkern von Trinkwasser und Lebensmitteln für Mannschaft und Passagiere genutzt. Kam es zu einer Flaute oder kippte die Wasserqualität in den Fässern, war das Leben der Seeleute und Passagiere schnell in Gefahr.
Längst ist der Bedarf an sauberem Wasser auf großen Überseeschiffen so stark gestiegen, dass eine Bunkerung für die gesamte Reise unmöglich wurde. Je nachdem ob es sich um Container-, Fracht-, Tank-, Kriegs- oder Kreuzfahrtschiffe handelt – der Wasserbedarf in Menge und Qualität ist durchaus verschieden und zum Teil immens groß. Daher ist die Ausstattung solcher Schiffe mit Wasseraufbereitungstechnik, wie sie von landgestützten Anlagen bekannt ist, nicht neu.
Ursprünglich nur für die Produktion von Kesselwasser eingeführt, ist die Verdampfungstechnik heute weit verbreitet. Dabei wird Seewasser angesaugt und in einem Unterdruckverfahren verdampft. Der Unterdruck erlaubt die Verdampfung bereits bei 40 °C bis 50 °C. Die Heizenergie kann aus der Abwärme des Motors gewonnen werden. Der Wasserdampf wird anschließend wieder kondensiert und das Destillat steht als Reinwasser zur Verfügung. Für die Nutzung als Trinkwasser wird es aufgehärtet und mittels Chlorung, Ozonisierung, UV-Bestrahlung und Aktivkohlefilter entkeimt.
Messtechnik für verschärfte Anforderungen nicht nur auf dem Papier
Vor allem auf Kreuzfahrtschiffen besteht ein großer Bedarf an Trinkwasser. Megaschiffe mit einer Passagierzahl von über 2.000 stellen die größte Gruppe dar und machen 2/3 der weltweiten Flotte aus. Das größte Kreuzfahrtschiff bietet Platz für fast 7.000 Passagiere, verfügt über 19 Swimmingpools und bietet ein zusätzliches 500.000 l fassendes Aqua-Theater. Hier kommen dann Umkehrosmoseanlagen zum Einsatz, damit die Trinkwassertanks stets ausreichend gefüllt sind. Große Schiffe haben verschiedenste Wasserkreisläufe, die versorgt werden müssen.
„Seemännisch“ gesprochen unterscheidet man zwischen Frischwasser (Süßwasser) und Seewasser. Das Frischwasser unterteilt sich in Trink- und Brauchwasser (meist einmal verwendetes Trinkwasser aus anderen Bereichen), welches für die Toilettenspülung verwendet werden kann. Weiterer Wasserbedarf an Bord besteht bei der Versorgung technischer Bereiche mit Kesselspeisewasser oder Kühlwasser.
Außerdem muss Wasser für die Bordwäscherei, Duschen oder Küchen stets in Trinkwasserqualität wie an Land zur Verfügung stehen. Die Herstellung und Überwachung der jeweiligen Wasserqualität erfordern eine robuste und bewährte Mess- und Regeltechnik. Die Überwachung wichtiger Parameter wie pH-Wert, Chlorgehalt (alternativ Ozon, et cetera), Redoxpotential (Pools), elektrolytische Leitfähigkeit, Druck, Durchfluss, Füllstand und Temperatur in den Wasseraufbereitungsanlagen sorgen stets für eine hohe Wasserverfügbarkeit und höchste Qualität. Bei der Auslegung von technischen Anlagen und Messtechnik auf Schiffen ist eine maritime Zulassung der Anlagenkomponenten für den Planer und verantwortlichen Verfahrensingenieur von Vorteil.
Geräte dürfen Notruffrequenzen nicht beeinträchtigen
Geräte und Sensoren, die zum Beispiel eine Zulassung nach DNV GL nachweisen können, sind durch den Zertifizierer nochmals technisch geprüft worden beziehungsweise müssen besonderen maritimen Zusatztests unterzogen werden. Es handelt sich bei einer solchen Zulassung also nicht um ein Stück „geduldiges Papier“, sondern um den Nachweis besonderer maritimer Robustheit. Mess- und Regelgeräte für den maritimen Einsatz müssen zusätzlich zu den „landgestützten“ technischen Anforderungen erhöhten Belastungstests unterzogen werden. So dürfen die Geräte nicht vom seemännischen Funkverkehr gestört werden und dürfen auch nicht die internationalen Notruffrequenzen im Seeverkehr (156-165 MHz-Band) beeinträchtigen.
Auch die Klimatests der Geräte sind in den Bereichen erlaubter Luftfeuchte oder Umgebungstemperatur deutlich verschärft. Während ein übliches Schaltschrankgerät an Land meist nur bis 50 °C ausgelegt und geprüft wird, fordern die maritimen Zertifizierungsregeln hier Abweichungen bis 65 °C oder 70 °C. Elektrische Störimpulse (Surge) werden bei den maritimen Prüfungen nicht nur auf einzelne Zu- und Ableitungen gegen Erde eingestrahlt, sondern – und das ist eine Herausforderung für die Elektronik – auch zwischen den unterschiedlichen Zu- und Ableitungen untereinander.
Für die mechanische Auslegung der Geräte gibt es noch verstärkte Vibrations- und Schocktests. Es gibt noch viele Beispiele, in denen sich ein Messgerät mit maritimer Zulassung in seiner Robustheit vom industriellen Standard an Land unterscheidet. Je nach Einsatzgebiet „an Bord“ gibt es verschiedene Testbedingungen einzuhalten. Und selbstverständlich kann ein so ausgelegtes und geprüftes Gerät die maritime Robustheitskarte auch im Normaleinsatz an Land ziehen: Was sich maritim besonders robust erweist, wird an Land erst recht nicht so schnell Probleme bereiten.
Vor einigen Jahren brachte dazu das Unternehmen Jumo, damals erstmalig, ein modulares Mehrkanalmess- und Regelgerät für Wasserqualitätsparameter wie pH, Redox, Leitfähigkeit, Chlor (und andere Desinfektionsgrößen) mit einer Schiffszertifizierung auf den Markt. Das Mess-, Regel-, Registrier- und Anzeigegerät Jumo Aquis touch P (202580) erhielt das Prüfsiegel „DNV GL“ und empfahl sich seitdem für die Nutzung in den anspruchsvollen Wasseraufbereitungsanlagen auf Schiffen und anderen maritimen Anwendungen.
Typische Einsatzgebiete sind alle Mess- und Regelstellen für Wasserparameter – von der Seewasserentsalzungsanlage, der Poolsteuerung, der Kühlwasserüberwachung über Kesselwassermessungen oder der Ballastwasserdesinfektion. Die notwendigen Sensoren und Einbauaccessoires stellt das Unternehmen ebenfalls her, sodass die Mess- und Regeltechnik inklusive Sensorik aus einer Hand kommen.
Um auch weiterhin den hohen Anforderungen des Marktes gerecht zu werden, hat der Hersteller für industrielle Sensortechnik nun das maritime Produktprogramm weiter ergänzt. So wurden das kompakte Automatisierungsprogramm Jumo Varitron 300, der horizontale Schwimmerschalter Jumo Nesos R40 LSH, der kapazitive Grenzstandmelder Jumo Zelos C01 LS und ein Jumo EX-i Trennschaltverstärker in die „DNV-Familie“ aufgenommen.