Kunden wünschen sich zunehmend eine einfache Bestellung und schnelle Lieferung. Onlinehändler mit ihren kurzen Lieferzeiten erhöhen zusätzlich den Druck auf produzierende Unternehmen und Händler, Kunden erwarten eine schnelle Reaktionsfähigkeit von Unternehmen. Gleichzeitig verlangen Kunden aber auch immer öfter individuelle Lösungen und keine Standardprodukte. Die Logistik und die Produktion stellen diese neuen Kundenerwartungen vor große Herausforderungen.
Erschwerend hinzu kommt, dass beide Bereichen schon heute vom Fachkräftemangel betroffen sind und im Hochlohnland Deutschland ein hoher Kostendruck herrscht. Viele Produktionsstätten verlagern sich gen Osten, dadurch müssen nun fremde Zulieferer in das eigene Netzwerk eingebunden werden. Unternehmen können den Kundenansprüchen und dem Marktruck durch einen gewissen Automatisierungs- und Digitalisierungsgrad entgegenkommen.
Mit der Digitalisierung die Flexibilität erhalten
Viele Unternehmen haben bestimmte Prozesse bereits automatisiert und treiben die Digitalisierung und Industrie 4.0 weiter voran. Mit Hilfe von Automatisierung und Digitalisierung der Logistik von Produktion und Logistikzentren kann einerseits die Qualität der Waren sichergestellt und anderseits die Effizienz gesteigert werden. Die Prozesse sowohl in der Produktion als auch in der Logistik werden zunehmend komplexer, müssen aber auch standardisiert werden. Dann nämlich können manuelle Tätigkeiten automatisiert und dem Fachkräftemangel begegnet werden.
Die Gefahr, die die fortschreitende Digitalisierung aber birgt, ist die mangelnde Flexibilität. Unternehmen investieren viel Geld in neue Anlagen, haben dabei aber häufig nur die nahe Zukunft im Blick. Verändern sich die angesetzten Maßstäbe jedoch, können Unternehmen nicht kurzfristig reagieren. Entscheidend ist daher nicht nur die Digitalisierung an sich, sondern auch die richtige Auswahl bei der Technik und den Prozessen.
Hier kommen skalierbare Automatisierungs- und Digitalisierungslösungen ins Spiel: Sie schaffen den Spagat zwischen der Automatisierung und größtmöglicher Flexibilität. Mit ihnen genießen Unternehmen die Vorteile der standardisierten Abwicklung, sind in ihrer Arbeitsweise aber nicht starr, sondern können auf Veränderungen – zum Beispiel die Ausbringungsmengen oder das Sortiment betreffend – schnell reagieren.
Betreten Unternehmen einen neuen Markt, können sie zu Beginn nur grob abschätzen, wie schnell sie wachsen werden müssen. Rechnet ein Logistikzentrum beispielsweise in zehn Jahren mit 10.000 bis 15.000 Planungsplätzen, hält es bei Markteintritt zunächst nur 8.000 Lagerplätze bereit, schafft gleichzeitig aber bereits Freiflächen oder solche Arbeitsflächen, die schnell verlegt werden können, um die automatisierten Lagersysteme bei Bedarf Gasse um Gasse erweitern zu können, ohne den Betrieb zu stören.
Solche skalierbaren Lösungen, die das mögliche Wachstum von Beginn an mitdenken, haben den Vorteil, dass Unternehmen kurzfristig und ohne Reibungsverluste reagieren können. Unternehmen gewinnen so ein Höchstmaß an Flexibilität. Voraussetzung ist bei der Einführung von skalierbarer Automatisierungs- und Digitalisierungslogistik aber, dass im Vorfeld eine Zukunftsvision entwickelt und mögliche Ausbaustufen berücksichtigt werden.
Möglichst kleine Ausbaustufen mit flexibel gestaltbaren Schritten
Entscheidend für die Skalierbarkeit einer Automatisierungs- und Digitalisierungslösung ist ihr modularer Aufbau. In flexibel definierten Schritten lassen sich solche Lösungen also modular erweitern. Statt einer sprungfixen Denkweise, zum Beispiel Ausbringungsmengen zu verdoppeln oder zu halbieren , sehen skalierbare Lösungen möglichst kleine Ausbaustufen vor, die bei Bedarf nach dem Baukastenprinzip zu- oder abgeschaltet werden können. Unternehmen berücksichtigen bei der Planung also nicht nur, welchen Bedarf sie jetzt haben, sondern auch, welchen sie in der Zukunft haben könnten.
Wichtig ist hierbei, die passenden Prozesse, Methoden und Techniken auszuwählen und von Anfang an miteinzuplanen. Skalierbare Lösungen sind dabei nicht nur auf Wachstum ausgelegt; Produktion und Logistik können auf Veränderungen am Markt auch mit einer Reduktion reagieren und so zum Beispiel in Krisenzeiten ihre Kosten verringern.
Vor allem in Bereichen, in denen gewisse Schwankungen bekannt sind, sollten Unternehmen ihre Prozesse nicht zu starr miteinander verknüpfen. Andernfalls verursachen bereits kleine Veränderungen an einer Stelle Störungen im Gesamtablauf, weil neue Schnittstellen geschaffen werden müssten. Skalierbare Lösungen aber vermeiden solche Ineffizienzen, weil bestehenden Prozessen keine neuen, sondern nur Varianten beigefügt werden. Deshalb müssen nicht alle Prozesse neu synchronisiert werden. Es bedarf daher einer übergeordneten IT-Architektur mit bestimmten Schnittstellen, die alle Prozesse und Gewerke steuert. Auf diese Weise werden die Anzahl der Schnittstellen insgesamt reduziert und Redundanzen vermieden.
Beispiele: Fahrerlose Transportsysteme und universelle Arbeitsplätze
Konkrete skalierbare Automatisierungslösungen in der Logistik sind zum Beispiel Fahrerlose Transportsysteme (FTS). Gegenüber Förderbändern haben sie den großen Vorteil, dass sie ohne großen Aufwand kurzfristig erweitert werden können: Die Anzahl von FTS lässt sich beliebig erhöhen.
Sind im Zentrum aber Förderbänder verbaut, ist der Ausbau nicht ohne hohen zeitlichen Aufwand möglich: Große Umbauten sind erforderlich, es müssen vielleicht Stege errichtet werden, damit Ware über oder unter den Bändern hergefahren werden kann. FTS haben zudem den Vorzug, dass sie ohne zusätzliches einzuarbeitendes Personal funktionieren. Außerdem steigt die Kommissionierleistung steigt bei diesem Grad der Automatisierung: Anstatt dass Picker durchs Lager laufen und mühsam die Waren zusammensuchen, werden die Waren nun automatisch zu den Arbeitern gebracht.
Auch Produktionsstätten werden zunehmend smarter und digitalisiert: Statt fester Arbeitsplätze für jeden Montageschritt, setzt die Produktion heute verstärkt auf universelle Arbeitsplätze, an denen verschiedene Arbeitsschritte vollzogen werden können. Auch solche universellen Plätze sind skalierbar: Steigt der Bedarf an bestimmten auszuführenden Tätigkeiten, müssen hierfür keine zusätzlichen Arbeitsplätze geschaffen werden, sondern die universellen Plätze werden entsprechend anders genutzt. Je weniger spezifisch die Arbeitsstätten also ausgestattet und gestaltet sind, desto skalierbarer sind sie.
Auch mit zum Beispiel universellen Trägern steigern Unternehmen ihre Flexibilität: Statt Träger nur für Groß- und Kleinteile einzusetzen, kann universelle Technik verschiedene Verpackungen transportieren. Ändern sich Produkte in Größe, Geometrie oder Gewicht, bringt das für die Logistik mit universellen Trägern keine Veränderung und Nachteile mit sich.
Auch mit universellen Maschinen in der Produktion können Unternehmen flexibel reagieren: Anstatt eine Maschine nur für ein bestimmtes Produkt und eine andere Maschine ausschließlich für ein bestimmtes anderes Produkt zu nutzen, ist es sinnvoller, beide Maschinen für beide Produkte nutzen zu können. Denn steigt die Nachfrage nach dem einen, kann es auf der anderen Maschine ebenfalls verarbeitet werden – eine zusätzliche Maschine muss nicht angeschafft werden.
Mit skalierbarer Logistik erreichen Unternehmen zu jeder Zeit daher eine effiziente Auslastung ihrer Maschinen – weil sie eben bei Bedarf herauf- oder herunterfahren können. Die Anlagen fahren weder dauerhaft am Limit noch sind sie unausgelastet, da skalierbare Lösungen solche Extremschwankungen vermeiden. Auch die Durchlaufzeiten verkürzen sich, weil die Liege- und Wartezeiten zwischen den einzelnen Prozessschritten stets so gering wie möglich gehalten werden können.
Fazit
Für sich betrachtet sind skalierbare und nicht-skalierbare Automatisierungs- und Digitalisierungslösungen zu einem bestimmten Zeitpunkt gleich vorteilhaft. Müssen Produktion oder Logistik aber erweitert oder reduziert werden, ist dies mit skalierbaren Baukasten-Lösungen, den dazugehörigen richtigen Prozessen, Methoden, Techniken und vorrausschauenden Planungen schnell und ohne große Aufwände möglich.
Müssen Unternehmen mit nicht-skalierbaren Lösungen auf Veränderungen reagieren, müssen sie diese Lösungen wieder von Grund auf neu planen. Dies bedeutet dann einen hohen zeitlichen und finanziellen Aufwand und stellt zudem einen Wettbewerbsnachteil dar. Stattdessen mögliche Ausbaustufen in einer Zukunftsvision direkt mitzudenken und innovative Methoden zielgerichtet einzusetzen, steigert hingegen die Flexibilität und Wettbewerbsfähigkeit.