Marktforschung Wird Service ein neues Geschäftssegment?

17.08.2015

Eine schwierige wirtschaftliche Situation und steigender Wettbewerb aus Asien prägten in den vergangenen Jahren das Geschäft europäischer Unternehmen. Einige der erfolgreichsten Industriegüterproduzenten sind diesem Druck mit dem Ausbau ihres Dienstleistungsangebots entgegengetreten. Mit Erfolg: Wie eine Untersuchung der internationalen Managementberatung Bain & Company zeigt, konnten sie dadurch ihr Gesamtergebnis spürbar steigern. Der Umsatz im Servicegeschäft wuchs zwischen 2010 und 2013 um durchschnittlich neun Prozent pro Jahr. Im Vergleich dazu entwickelte sich der Verkauf von Neuprodukten mit einem Umsatzplus von fünf Prozent deutlich langsamer. Sprich, das Dienstleistungsgeschäft wächst bis zu 40 Prozent schneller als der Verkauf von Neuprodukten. Außerdem weist der Service eine im Schnitt zehn Prozentpunkte höhere Bruttogewinnmarge auf. Zu diesen Ergebnissen kommt die Studie Winning in Industrial Services, für die 45 europäische Industrieunternehmen einem detaillierten Benchmarking unterzogen wurden.

„Für viele Industrieunternehmen ist der Service im aktuellen Marktumfeld die einzige Chance, Umsatz und Gewinn zu steigern“, erklärt Pascal Roth, Partner bei Bain & Company und Autor der Studie. „Außerdem stärken sie damit das Vertrauen und die Bindung ihrer Kunden.“ Gerade in einem Markt, in dem die Produkte zunehmend austauschbar werden, können sich Unternehmen durch ein ausgeklügeltes Serviceangebot einen entscheidenden Vorteil gegenüber der Konkurrenz verschaffen. Die Bedeutung der Servicesparte für den Unternehmenserfolg wird sogar weiter zunehmen. Bis zum Jahr 2020, so hat die Bain-Studie ermittelt, wird sich der Umsatz, den Industrieunternehmen mit Serviceleistungen erzielen, nahezu verdoppeln.

Davon aber sind die meisten Industrieunternehmen noch weit entfernt. Im Maschinen- und Anlagenbau etwa machen Dienstleistungen gegenwärtig nur 25 Prozent des Gesamtumsatzes aus, obwohl die Marge in diesem Bereich mit 42 Prozent sehr hoch ist. „Der Service hat einfach noch nicht die Bedeutung, die er verdient“, bemängelt Roth. Der Grund dafür sind Vorurteile, die sich hartnäckig in den Köpfen der Entscheider halten – und welche die Bain-Studie widerlegt.

Die fünf Mythen des Servicegeschäfts

1. Der Service wächst nur, wenn das Neugeschäft mit Maschinen und Anlagen wächst.
Die Realität: Bei vielen Unternehmen wächst der Service überproportional und abgekoppelt vom Neugeschäft. Ausschlaggebend ist, dass sie ihre installierte Basis sukzessive ausschöpfen und neue Serviceprodukte entwickeln, die wiederum unabhängig von der installierten Basis sind.

2. Ein schnell wachsendes Servicegeschäft erreicht irgendwann eine Sättigung.
Die Realität: Die fünf Unternehmen mit dem höchsten Anteil an Serviceleistungen im Bain-Benchmarking sind im Betrachtungszeitraum weiterhin überdurchschnittlich gewachsen. Ursächlich dafür sind in erster Linie gewonnene Neukunden und Serviceangebote für Dritte.

3. Geringe Margen bei Instandhaltung und Reparaturen reduzieren die Gesamtmarge im Service.
Die Realität: Unternehmen mit starkem Service erzielen selbst bei Instandhaltungs- und Reparaturarbeiten eine durchschnittliche Bruttomarge von 37 Prozent. Entscheidend ist die richtige Kombination aus Serviceangebot, Zielgruppenanalyse und effizienter, standardisierter Leistungserbringung.

4. Die am schnellsten wachsenden Dienstleister sind als unabhängige Unternehmen organisiert.
Die Realität: Es gibt keinen nachweisbaren Wachstumsunterschied zwischen eigenständigen Serviceorganisationen und Service, der im Neugeschäft integriert ist. Beide Varianten haben Vorteile. Durch die Einbindung in das Unternehmen werden unter anderem Cross-Selling-Potenziale gestärkt. Das Betreiben als eigenständige Organisation wiederum erhöht die Geschäftsverantwortung und fördert die gezielte Ausrichtung auf den Service.

5. Ein Servicegeschäft in Asien ist sehr schwierig aufzubauen.
Die Realität: Die im Service besonders erfolgreichen Industriegüterproduzenten erreichen in Asien einen genauso hohen Serviceanteil am Gesamtumsatz wie in Europa oder den USA.

Was machen die befragten Service-Champions richtig?

Laut der Managementberatung gehören nicht nur Klassiker wie ein klar strukturiertes Serviceangebot, geschulte und motivierte Mitarbeiter im Vertrieb oder kurze Reaktionszeiten zu den Voraussetzungen. Auch eine Personalabteilung, die bereits bei der Wahl neuer Mitarbeiter auf technisch versierte und mobile Service-Kräfte achtet, ist ein ausschlaggebender Faktor. Und nicht zu vergessen: Gerade im Servicegeschäft sollten nicht nur die finanziellen, sonder auch die operativen Leistungskennzahlen gemessen, analysiert und diskutiert werden.

Weitere Antworten finden Sie hier im Video der Managementberatung.

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