Abgeschottete IT-Inselwelten prägten lange die Automatisierung von Prozessanlagen. Die geforderte IT-Sicherheit erreichte man durch strikte Abschottung nach außen. So lassen sich jedoch die Möglichkeiten der Digitalisierung kaum ausschöpfen. In zukunftsfähigen Anlagen arbeitet zudem eine neue Generation von Fachkräften, für die Offenheit und mobile Nutzung von Systemen selbstverständlich ist.
Wer heute ein neues Leitsystem auswählt, will von der Vernetzung von Anlagen und Wissen weltweit profitieren. Die Weichen werden auf Jahrzehnte hinaus gestellt – über ein ganzes Anlagenleben. Dies alles spricht für Simatic PCS neo. Denn mit ihm bietet Siemens ein vollständig webbasiertes Prozessleitsystem mit modernsten IT-Security-Konzepten. Mit der Webtechnologie können Nutzer komfortabel und sicher über verschiedene Endgerätearten auf die benötigten Informationen zugreifen, unabhängig von ihrem globalen Standort – insbesondere in der Engineering-Phase erleichtert das die Zusammenarbeit maßgeblich.
Nach dem Markteintritt starteten die ersten Early-Adopter-Projekte. Sie halfen dabei, das System an den Kundenbedürfnissen ausgerichtet weiterzuentwickeln. Zusammen mit den Fachleuten von Merck erprobt Siemens auf Basis des MTP-Standards einen sogenannten Technical Backbone für modulare Produktionsanlagen. Simatic PCS neo übernimmt dabei als Process Orchestration Layer (POL) die Aufgabe der Orchestrierung.
Zu den ersten Betreibern gehört auch Evonik Industries. Sie nutzen das Prozessleitsystem im Rahmen der Modernisierung des 40 Jahre alten Technikums im Industriepark Wolfgang in Hanau. Dabei ist insbesondere seine gute Skalierbarkeit ausschlaggebend. Auch Systemintegratoren wie AG Solution haben die Marktreife unter Beweis gestellt und das System für ein Unternehmen aus der pharmazeutischen Industrie installiert. AG Solution stellt besonders die vereinfachte globale Zusammenarbeit und die objektorientierte, zentrale Datenhaltung heraus.
Steuerung mit geringem Installationsaufwand
Mit der neuen Version 4.0 adressiert Simatic PCS neo alle Bereiche in der Prozessindustrie. Die Module-Type-Package-(MTP)-Richtline, und damit der Trend zu modularen Anlagen, wird komplett unterstützt. Intelligente Prozessmodule können so ohne weiteren Engineering-Aufwand in das Leitsystem eingebunden werden. Auch während des Anlagenlebens profitiert das Anlagenteam. Egal ob aus kleinen Applikationen später World-Scale-Anlagen mit über 100.000 I/Os werden oder ob neue Technologien aufwands- und risikoarm in die Anlage eingebracht werden sollen, der wirtschaftliche Betrieb ist ohne zusätzliche Komplexität gewährleistet.
Durch den sogenannten „Zero-Installation-Client“ erübrigt sich die Installation von Simatic PCS neo-Komponenten auf den Bedienrechnern. Die Installation erfolgt lediglich auf dem zentralen Server. Durch die webbasierte Architektur profitiert die Administration des Leitsystems nachhaltig. Denn Software-Aktualisierung und -Wartung reduzieren sich auf wenige Server. Über eine komfortable Administrationskonsole (AC) können alle Wartungsarbeiten (beispielsweise Aktualisierung der System-Software, Einbindung neuer PC-Hardware, Verwaltung der Security-Zertifikate) zentral vorgenommen werden.
Der Zugang ist für weitere Nutzer jederzeit ohne einen zusätzlichen Installationsschritt möglich. Bei Fragestellungen in einem Teilprozess kann das Anlagenteam einer nicht vor Ort befindlichen Fachkraft kontrolliert und zeitlich begrenzt Zugang zu den entsprechenden Teilen des Systems gewähren, indem es ihm den entsprechenden Zugangslink sendet. Simatic PCS neo kann auch auf mobilen Endgeräten standortunabhängig genutzt werden. Die Instandhaltung und Anlagenbetreuung erhält somit Zugang zu allen Funktionen der Leittechnik, auch während eines Einsatzes im Feld. Lokale Bedienstationen lassen sich mithilfe von Tablets oder Vorortbedieneinheiten realisieren.
Eine weitere Innovation in Version 4.0 ist der Device Type Editor. Durch ihn lassen sich Feldgeräte im Handumdrehen, grafisch geführt und ohne Systemprogrammierung einbinden. Dank der Trennung der System-, Bibliotheks- und Anwenderapplikationsschichten bleibt ein einmal erstellter Device Type bei Änderungen des Softwaresystems gültig. Ein zusätzlicher Testschritt, etwa bei Hochrüstungen, entfällt.
Integrierte Sicherheit in allen Dimensionen
Für Cybersicherheit sorgt ein ganzheitlicher Ansatz mit einer mehrstufigen Defense-in-Depth-Strategie. Er fokussiert neben der Anlagensicherheit auch die Systemintegrität und die Netzwerksicherheit – durch sichere Vorkonfiguration (Security by Default) zum Zeitpunkt der Installation. Eine durchgängig zertifikatsbasierte Kommunikation ermöglicht eine manipulationssichere Verbindung aller Anwender an die Simatic-PCS-neo-Server. Gerade beim Thema Security spielt der webbasierte Ansatz seine Stärke aus. Die Symbiose aus IT-Technik mit bewährten Automatisierungsfunktionen schafft die nötige Robustheit und Flexibilität, die sich ständig verändernden Sicherheitsanforderungen zeitnah umzusetzen. Sicherheitsbedrohungen aus der IT-Welt werden mit den Mechanismen der IT-Welt begegnet. Für Engineering und Prozessteuerung, über ein modernes Rollen- und Rechtemanagement, ist ein sicherer Zugriff auf alle Funktionen der Leittechnik stets gewährleistet.
Nahtloser Übergang
Simatic PCS neo ist für die Anforderungen fast aller Branchen gerüstet: Chemie-, Pharma-, Wasser- & Abwasser-, Lebensmittel- und Getränkeindustrie sowie Petrochemie. In der Zuckerindustrie macht nun die dezidierte NAHMAT-Automatisierungs-Bibliothek das Engineering und das Monitoring effizienter. Neben Simatic PCS neo bietet das etablierte Prozessleitsystem Simatic PCS 7 mit tausenden Installationen weltweit ebenfalls eine zukunftssichere Lösung. Denn beide Leitsysteme nutzen nicht nur dieselbe Hardwareplattform, sondern auch eine einheitliche Projektierungsarchitektur. Dadurch lassen sich Simatic-PCS-7-Projekte in Zukunft mit wenig Aufwand auf Simatic PCS neo übertragen.
Neue Controller-Generation verfügbar
Auch auf der Seite der Hardware ergänzen neue Produkte das Leitsystem-Portfolio. Anlagenbetreiber können von der neuen Controller-Generation Simatic S7-4100 profitieren. Sie beinhaltet eine für Simatic PCS neo entwickelte CPU, das Herz des neuen Leitsystems. Schon der Vorläufer, die Simatic S7-400 mit der CPU 410, galt als der leistungsstärkste Controller für die Prozessindustrie auf dem Markt. Die Simatic S7-4100 repräsentiert eine konsequente Weiterentwicklung. Die Chipsätze der Kernfunktionalitäten designt Siemens nach wie vor selbst. Dass Siemens die Kontrolle über die Produkte und die Basiskomponenten hat, bedeutet einerseits eine optimal an die Anforderungen angepasste Technologie, ist aber auch ein idealer Schutz im Sinne der sicherheitsrelevanten Härtung und Verfügbarkeit der Chipsätze. Wer heute auf die neue Controller-Generation setzt, kann sich somit sicher sein, dass diese auf Jahrzehnte hinaus auf dem Stand der Technik gehalten wird. So erhalten Nutzer auch auf der Hardware-Seite Kontinuität und Innovation über den gesamten Lebenszyklus ihrer Anlage.
Wie schon der bisherige Controller ist auch der neue modular aufgebaut, fällt jedoch deutlich kompakter aus. Die systeminterne Kommunikation der Simatic S7-4100 nutzt die neueste robuste Technologie. Dadurch verbessert sich die Kommunikationsfähigkeit und erlaubt bis zu fünf zusätzliche Profibus/Profinet-CPs (Kommunikations-Baugruppen). Der Stromverbrauch ist gegenüber dem Vorläufer-Modell, bei insgesamt gestiegenem Leistungsvermögen, um 50 Prozent reduziert. Zusätzlich wurde der Temperaturbereich erweitert; er liegt jetzt bei einer Umgebungstemperatur zwischen -25°C bis 70°C im Betrieb. Eine intern gepufferte Datensicherung macht bei Netzausfall die Backup-Batterien überflüssig.
Auch die Skalierbarkeit konnte enorm gesteigert werden: Simatic PCS neo V4.0 mit den Controllern von Simatic S7-4100 und CPU 410 decken kleinere Applikationen bis hin zu großen Projekten mit 56 Controllern ab. Da die Simatic S7-4100 funktional kompatibel zur aktuellen, noch langfristig verfügbaren CPU 410 ist, kann eine bestehende Applikation problemlos übertragen werden.
Maximale Konnektivität
Parallel zu Simatic PCS neo V4.0 führt Siemens das voll integrierte Kommunikationsgateway Simatic CN 4100 ein. Es eignet sich für beide Leitsysteme, die darüber eine deutlich vereinfachte Kommunikationsfähigkeit über Modbus TCP und OPC UA erhalten (weitere Standards folgen). So gelingt die performante, redundante Einbindung von Geräten ohne Profibus/Profinet-Schnittstelle, wie zum Beispiel intelligente Messgeräte, Motorsteuerungen oder ganze Package Units.
Das Gateway entlastet den Controller und verhindert als Element der Defense-in-Depth-Strategie potenzielle Angriffspfade auf ihn. Dies ist ein wichtiger Grund, warum Siemens sich dazu entschlossen hat, die Geräte-Kommunikation von der Prozessautomatisierung durch den Controller zu trennen. Das Kommunikationsgateway entkoppelt so insbesondere die Verbindung, der durch lange Lebenszyklen geprägten Automatisierungssysteme, zu webbasierten Systemen mit deutlich kürzeren Lebenszyklen, wie beispielsweise OPC UA-PC-Systemen. Damit leistet Simatic CN 4100 einen wertvollen Beitrag für die Innovationsfähigkeit von jahrzehntelang laufenden Anlagen.
Fazit: Hohe Innovationskraft
Anwender, die heute Prozessanlagen neu in Betrieb nehmen oder modernisieren, erhalten mit dem Leitsystem Simatic PCS neo, dem neuen zukunftsfähigen Controller Simatic S7-4100 und dem Kommunikations-Gateway Simatic CN 4100 genau das Rüstzeug, um über die gesamte Betriebsdauer ihrer Anlagen kompromisslos wettbewerbsfähig zu bleiben. Siemens schafft somit die Voraussetzung für eine zukunftssichere Automatisierung von Prozessanlagen. Dabei bleibt die Innovationsfähigkeit über die üblichen langen Lebenszyklen erhalten. Neben seiner enormen Leistungsstärke bringt das neue Leitsystem mit seinen Hardware-Komponenten große Flexibilität und Offenheit mit sich, bei gleichzeitig deutlich erweiterten Sicherheitskonzepten.