Handling von Tablettenbehältern Zwischen Coater und Tablettenpresse

Bild: L.B. Bohle
26.01.2016

Verfahrenstechniker L.B. Bohle hat eine Lösung zur Automatisierung und Optimierung der Produktionsprozesse in der kontinuierlichen und batchorientierten Herstellung von pharmazeutischen Feststoffen entwickelt: Der ROB 50 ist ein Robotersystem zum Handling von Tablettenbehältern und schließt damit die verfahrenstechnische Lücke zwischen Tablettenpresse und Film-Coating.

Initial entwickelte L.B. Bohle den ROB 50 zum Einsatz in der kontinuierlichen Fertigungslinie bei Gericke, Korsch und L.B. Bohle im Enningerloher Technology Center. Während des gesamten Produktionsprozesses, von der Rohmaterialdosierung bis hin zum Filmüberzug der hergestellten Tabletten, wird ein kontinuierlicher Materialfluss angestrebt.

Werden nun die Tablettenkerne unmittelbar nach dem Tablettiervorgang in den Coatingprozess übertragen, besteht aufgrund der Ausdehnung des Tablettenkerns nach dem Tablettiervorgang ein hohes Risiko für Riss-/Spaltenbildung im Filmüberzug. Denn das Coating bildet eine Schale um den Kern, wobei sich der Kern über einen Zeitraum von Minuten oder sogar Stunden ausdehnt und dabei von innen gegen diese Schale drückt. Da der Filmüberzug nur begrenzt elastisch ist,entstehen an den schwächsten Stellen Risse.Solche Risse wären natürlich ein nicht akzeptabler Qualitätsmangel und können bei funktionellen Filmüberzügen sogar den therapeutischen Effekt des pharmazeutischen Produkts beeinträchtigen.

Dieses Problem kann umgangen werden, indem zwischen dem Tablettier- und dem Coatingprozess eine Entspan- nungszeit zur Ausdehnung der Kerne eingeplant wird. Die erforderliche Entspannungszeit ist da- bei produktabhängig und kann wenige Minuten bis Stunden betragen.

Bei der Chargenproduktion sieht der Arbeitsablauf zur Freigabe der Tablettenkerne als Zwischenprodukt bereits ausreichend Zeit zur Ausdehnung der Tablettenkerne vor. Das Konzept der kontinuierlichen Produktion zielt jedoch darauf ab, Produktbewegungen zwischen dem Produktionsbereich und dem Lager zu vermeiden, um die Durchlaufzeit zu optimieren und im Idealfall Produktfreigabe als Real Time Release zu ermöglichen.

Diese Problemstellung war Anlass zur Entwicklung und Implementierung des ROB 50 als automatisches Handling-System für Tablettenkerne. Herzstück der Einheit bil- det die automatische Hubsäule mit verlängertem Arm, durch den Tablettenbehälter aufgenommen und transportiert wer- den können. Durch die zwei Freiheitsgrade (Drehen und Heben) kann das System die Aufnahmevorrichtung am Ende des Arms in einem zylindrischen Bereich um das Antriebssystem herum bewegen. Mithilfe der Aufnahmevorrichtung werden Tablettenbehälter automatisch aufgenommen. Diese verfügen an der Oberseite über einen Deckel mit Einfüllstutzen sowie über eine Entleerklappe an der Unterseite. Bei der Aufnahme eines Behälters stellt der Roboter eine Verbindung zur Steuerung der Entleerklappe her.

Innerhalb des Betriebsbereichs des Systems können die folgenden drei Positionen angesteuert werden: Befüllposition, Behälterlager und Entleerung in den Film Coater. Die Befüllposition (1) mit zwei Behälteraufnahmen befindet sich am Auslass des Tablettenentstaubers der Tablettenpresse. Der Tablettenfluss wird durch eine Produktweiche am Auslass des Tablettenentstaubers in einen der zwei darun- ter platzierten Behälter geleitet. Ist der aktuell verwendete Behälter voll, wechselt die Produktweiche den Tablettenfluss in den Behälter in der anderen Aufnahme um. Der Roboter kann nun den vollen Behälter aufnehmen und durch einen leeren ersetzen. Behälter mit Tablettenkernen, die sich noch ausdehnen müssen, sowie leere Behälter, die wieder zur Befüllposition transportiert werden können, werden im Behälterlager (2) abgelegt. Die erforderliche Lagergröße ist so zu wählen, dass bei vorgegebener Durchsatzrate der Tabletten- presse und des Filmcoaters die erforderliche produktspezifi- sche Entspannungszeit erreicht wird. In der dritten Position wird die Entleerung in den Film Coater (3) vorgenommen. Um die Tablettenkerne in den Coater zu geben, wird ein vol- ler Behälter über dem Füllstutzen des Coaters platziert und die Entleerklappe an der Unterseite des Behälters geöffnet. Hierfür eignen sich am besten Coater, die von oben befüllt werden können, wie z. B. die KOCO Produktreihe von Bohle.

Mit dem ROB 50 werden diese Transportprozesse vollständig automatisiert. Die integrierte Steuerungssoftware verfügt über ein Inventursystem für sämtliche Behälter und Behälter- positionen. Durch Schnittstellen zur Tablettenpresse und zum Tabletten-Coater plant die Steuerungseinheit die verschiedenen Transportaufgaben und optimiert den Materialfluss nach vordefinierten Priorisierungen. Dadurch wird die optimierte Aufgabenplanung erreicht. Zudem wird die Einhaltung der vordefinierten Ausdehnungszeiten sichergestellt, die für die Produktqualität von entscheidender Bedeutung sind.

Dieser Roboter wurde von L.B. Bohle ursprünglich für den Einsatz in der kontinuierlichen Produktion entwickelt. Der ROB 50 kann aber ebenso den Produkttransfer in der Char- genproduktion automatisieren und damit die Lücke zwischen Tablettenpresse und Film Coater schließen. Hierfür bietet Bohle Produktvarianten des ROB 50 für größere Behälter an. Sind beim Film-Coating lange Verarbeitungszeiten vorgesehen, kann der ROB 50 ebenfalls zwei nebeneinander platzier- te Coater abwechselnd beschicken. Auch kundenspezifisch angepasste Varianten mit einem zusätzlichen Freiheitsgrad sowie Produktversionen für höhere Durchsatzraten oder längere Ausdehnungszeiten sind verfügbar.

Firmen zu diesem Artikel
Verwandte Artikel