Um Lebensmittel für Verbraucher auch optisch möglichst schmackhaft zu machen, greifen Lebensmittelhersteller oft tief in die Trickkiste: Damit Ketchup geschmeidig aus der Flasche fließt, die bunten Schokolinsen appetitlich glänzen oder das Pulver für den Instant-Cappuccino in der Packung nicht verklumpt, werden Silizium- oder Titandioxid zugesetzt. Diese Substanzen bilden feine Pulver, die den Lebensmitteln die gewünschten Eigenschaften verleihen.
Über die Nahrung in den Körper
Das Problem dabei: Die Pulver sind so fein, dass sie herstellungsbedingt stets einen gewissen Prozentsatz an kleinsten Nanopartikeln enthalten. Diese Nanopartikel sind nur wenige Nanometer groß und damit kleiner als die meisten Moleküle, mit denen unser Körper ansonsten zu tun hat. Gelangen sie über die Nahrung in den menschlichen Verdauungstrakt können sie aufgrund ihrer geringen Größe die Darmwand passieren und sich praktisch überall im Körper verteilen.
„Niemand kann bisher mit Gewissheit sagen, ob diese Partikel gesundheitlich unbedenklich sind oder ob und welche Gesundheitsgefahren von ihnen ausgehen“, gibt Dr. Thomas Schneider vom Institut für Ernährungswissenschaften der Friedrich-Schiller-Universität Jena zu bedenken. Die Studienlage, so der Wissenschaftler vom Lehrstuhl für Ernährungstoxikologie, sei bislang äußerst widersprüchlich. Dies liege vorwiegend an unzureichenden Testmethoden und fehlenden Möglichkeiten, die Nanopartikel im Organismus nachzuweisen und zu charakterisieren.
Forscher und Industriepartner entwickeln Analyseplattform
Diese Möglichkeiten will der Jenaer Ernährungswissenschaftler nun gemeinsam mit seinem Kollegen Prof. Dr. Michael Glei mit dem Industriepartner Analytik Jena schaffen. In dem Forschungsprojekt „Analyse von synthetischen Nanopartikeln in Lebensmitteln mittels Einzelpartikel-ICP-MS“ wollen die Partner eine Analyseplattform für den Nachweis von potenziell gesundheitsschädlichen Nanomaterialien in Lebensmitteln entwickeln.
Dafür wollen die Forscher die hochempfindliche Methode der Massenspektrometrie mit induktiv-gekoppeltem Plasma (ICP-MS) nutzen. „Dieses Analyseverfahren kann selbst geringste Spuren von Metallen, wie Titan, Gold oder Magnesium nachweisen“, erläutert Dr. Schneider. Um die Methode für die Analyse von Nanopartikeln in Lebensmitteln zu verwenden, müssen die Forscher jedoch zunächst ein spezielles Probenzufuhrsystem sowie eine Software zur Datenanalyse entwickeln.
Das wird vorrangig die Aufgabe des Projektpartners Analytik Jena sein, während die Ernährungswissenschaftler der Uni Jena Nanopartikel herstellen und charakterisieren, die anschließend unterschiedlichen Lebensmittelproben zugesetzt und mittels Einzelpartikel-ICP-MS nachgewiesen werden. Dabei kommen vor allem Substanzen wie Gold, Titandioxid und Magnesiumoxid zum Einsatz, die als zugelassene Lebensmittelzusatzstoffe eine hohe Relevanz für die Lebensmittelproduktion haben.
Einfluss auf Zellwachstum im Fokus
„Parallel dazu wollen wir die Nanopartikel hinsichtlich ihrer toxikologischen Eigenschaften beurteilen“, kündigt Prof. Glei an. In seinen Labors werden die Partikel an Zellkulturen getestet. Dabei wird geprüft, ob und in welcher Weise sie das Wachstum der Zellen beeinflussen oder ihnen gar Schäden etwa in der DNS zufügen. Dafür sollen Darmzellkulturen zum Einsatz kommen, die als Modell der natürlichen Barriere des menschlichen Verdauungstrakts dienen.
Mit ihrem Projekt, so der Anspruch der Jenaer Forscher, werden die Voraussetzungen geschaffen, das Gefährdungspotenzial von Nanomaterialien in Lebensmitteln fundiert beurteilen zu können.