Medizin ist eine der ältesten Branchen der Welt. Anfänge, wie die traditionelle chinesische Medizin, entstanden etwa im zweiten Jahrhundert vor Christus – damals stand jedoch Dämonen- und Ahnenheilkulten im Vordergrund. Der Betriff Medizin stammt ursprünglich von den Medicini, die im Jahre 1302 in Bologna erstmals eine Leiche seziert hatten. Das 20. Jahrhundert war geprägt von enormem Wissenszuwachs und demzufolge haben sich zahlreiche medizinischen Fachrichtungen, wie etwa der Bakteriologie, der Hygiene, der Anästhesiologie, der Sozialmedizin oder der Psychiatrie herauskristalisiert. Gleichzeitig gewannen die Industriestaaten zunehmend Aufsichtfunktionen über das Gesundheitswesen und es etablierte sich teilweise ein nationales Gesundheitssystem. Heute dreht sich die Branche unter anderem um neue Technik und Medikamente.
Zahlen und Fakten
In der Gesundheitswirtschaft sind 6,2 Millionen Menschen tätig. Weitere vier Millionen Arbeitsplätze hängen von der Gesundheitswirtschaft ab. Damit ist laut Bundeswirtschaftsministerium jeder fünfte Arbeitsplatz in Deutschland mit der Gesundheitswirtschaft verknüpft. Seit dem Jahr 2008 sind eine Million Erwerbstätige hinzugekommen. Nach einer Prognose aus dem Jahr 2010 werden bis zum Jahr 2030 weitere zwei Millionen Menschen mehr in der Gesundheitswirtschaft beschäftigt sein. Der Anteil der Branche am deutschen Bruttoinlandsprodukt liegt bei elf Prozent. Die Gesundheitswirtschaft wächst dabei mit jährlich 2,3 Prozent stärker als die Gesamtwirtschaft. Die industrielle Gesundheitswirtschaft ist mit 1,2 Prozent Produktivitätstreiber. Der Nutzen besteht unter anderem in einer besseren Versorgung chronisch Kranker und einem Rückgang der Sterblichkeit. Seit 2002 wurden zusätzliche 1,3 Millionen Erwerbstätigenjahre gewonnen. Das ist mehr als die Arbeitskraft von Hamburg oder Thüringen. Der Wertschöpfungsbeitrag der Gesundheitswirtschaft ist seit 15 Jahren kontinuierlich steigend. Das Exportvolumen liegt bei mehr als 100 Milliarden Euro – damit bereits bei der Hälfte der Automobilindustrie.
Bedeutung der Medizintechnik
Als besonders wachstumsstark in Deutschland sieht BVMed die Medizintechnik-Branche. Sie beschäftigt insgesamt knapp 200 000 Menschen. Medizinprodukte umfassen eine große Bandbreite von medizintechnischen Produkten und Verfahren, die Leben retten, heilen helfen und die Lebensqualität der Menschen verbessern. Nach Schätzungen des Bundesgesundheitsministeriums soll es rund 400 000 verschiedene Medizinprodukte geben. Beispiele sind Geräte für Diagnostik, Chirurgie, Intensivmedizin, Implantate, Sterilisation sowie Verbandmittel, Hilfsmittel oder OP-Material.
Die Welt der Medizintechnik ist faszinierend. Kardiologische Implantate bringen schwache Herzen wieder in Rhythmus. Die Endoprothetik bringt kranke Gelenke zum schmerzfreien Bewegen. Künstliche Linsen und die refraktive Chirurgie bringen kranke Augen zum Sehen. Moderne Implantate und Geräte bringen taube Ohren zum Hören. Neue MedTech-Verfahren und -Produkte verbessern die Lebensqualität, ja sie retten und erhalten oftmals Leben. Medizinprodukte leisten nicht nur einen wichtigen Beitrag für eine effiziente Gesundheitsversorgung, sie sind auch ein bedeutender Wirtschafts- und Arbeitsmarktfaktor. Die Unternehmen der Medizintechnik tragen damit zu einer positiven Entwicklung der Gesundheitswirtschaft in Deutschland bei.
Medizinprodukte
Medizinprodukte sind nach der Definition des Medizinproduktegesetzes (§ 3 MPG) „alle einzeln oder miteinander verbunden verwendeten Instrumente, Apparate, Vorrichtungen, Software, Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen oder andere Gegenstände einschließlich der vom Hersteller speziell zur Anwendung für diagnostische oder therapeutische Zwecke bestimmten und für ein einwandfreies Funktionieren des Medizinproduktes eingesetzten Software“. Anders als Arzneimittel sind Medizinprodukte hauptsächlich physikalisch wirkende Gegenstände. Bei den meisten Medizinprodukten ist der Nutzen direkt ersichtlich. Es ist zudem Teil des Zulassungsverfahrens, dass das Medizinprodukt seine vom Hersteller vorgesehene Zweckbestimmung erfüllt. Dabei geht es vor allem um den Nachweis der Sicherheit und Leistungsfähigkeit der Produkte.
Trends
Die Entwicklung der Medizintechnik ist sehr dynamisch. Operationsverfahren werden durch moderne medizinisch-technische Verfahren immer schonender, die Zugänge minimal-invasiver. Chirurgen erhalten Unterstützung durch computerassistierte Navigation. Medizintechnik und IT wachsen zusammen. Nanotechnik ist ebenso wie Biotechnik auf dem Vormarsch. Die wesentlichen Trends „Medizintechnik 2020“ in zukunftsträchtigen Technikfeldern:
Interventionelle Medizintechnik: Endoskopie und Laparoskopie, vor allem NOTES (Nutzung der natürlichen Körperöffnungen); navigierte Biopsie; bildgestützte Interventionen; Roboter-assistierte Interventionen oder steuerbare MultifunktionsKatheter.
Neuroengineering: sensorische Funktionen wie Cochlear- oder Retina-Implantate; Muskelstimulation bei Lähmungen; intelligente Prothesen; Schlaganfall-Therapie durch computerunterstützte Neuroplastizität; Neurostimulation bei Parkinson, Epilepsie oder Depression.
Zell- und Gewebetechnik: Blutgefäß-Konstrukte, mitwachsende Herzklappen; Unterstützung oder Ersatz von Organen: Niere, Leber, Pankreas.
Bildgebende Verfahren: beim MRT geht es in Richtung quantitative Bildgebung beziehungsweise funktionale Darstellung, beispielsweise des Blutstroms in der Aorta oder der Nervenbahnen im Gehirn. Ein weiterer Aspekt ist die molekulare Bildgebung, die es erlaubt, Zellen abzubilden und mit Hilfe von fluoreszierenden Markern Krankheiten früher zu erkennen.
Telemedizin: insbesondere für chronisch Kranke, alte und pflegebedürftige Menschen sowie Gesundheits- und Fitness-Begeisterte. Überwachung des EKG, Blutdruck, Gewicht, Blutzucker, Blutgerinnung durch diagnostische Implantate - über offene Schnittstellen und Standards direkt in die elektronische Gesundheitsakte.
IT – Information und Kommunikation der nächsten Generation: digitale Patientenakte, weltweiter Zugang, genetische Profile; Prozessverbesserung Workflow Management.
Modellierung und Simulation für die Diagnostik und Therapieplanung.
Die internationalen Entwicklungen in der Medizintechnik sind gekennzeichnet durch fortschreitende Miniaturisierung, verstärkten Einsatz von IT-Technik, die Entwicklung neuer Biomaterialien mit verbesserter Verträglichkeit und die Integration biotechnischer Verfahren. Nur solche Entwicklungen werden dauerhafte Zukunftschancen für neue Produkte und somit zusätzliche sichere Arbeitsplätze bieten, die auch einen messbaren Beitrag zu größerer Leistungsfähigkeit oder Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen erbringen.