Seit vielen Jahren ist im Einzelhandel eine stetig wachsende Auswahl an Backmischungen in den Regalen zu beobachten. Bestand das Angebot früher noch aus Grundteigen, findet man mittlerweile auch in kleinen Supermärkten ein üppiges Sortiment an Fertigmischungen für Brote, Brötchen, Salzgebäck, Pancakes, Brownies oder Kuchen.
Wachsendes Gesundheitsbewusstsein, Spaß am Selbermachen oder das Erlebnis von frisch zubereitetem Essen tragen zu der positiven Entwicklung dieses Segments bei. Ein lohnendes Geschäft, an dem auch Mühlenbetreiber teilhaben können. Da Backmischungen zu etwa 90 Prozent aus Mehl bestehen, liegt die wichtigste Zutat bereits in den Silos der Mühlen.
Die Bezugskosten für Transport, Beschaffung, Qualitätskontrollen fallen bei ihnen also nicht an. Ein Großteil der Infrastruktur ist ebenfalls bereits vorhanden – Silos sowieso, aber zum Teil auch die für Backmischungen notwendige Mischtechnik, da sie bereits zum Beimischen wichtiger Zusatzstoffe wie Additive benötigt wird.
Als Herzstück einer Produktionslinie für Backmischungen kann man durchaus die Mischtechnik bezeichnen. Sie entscheidet maßgeblich über die Qualität der Mischung. Bis die Rohstoffe im Mischer landen, verrichten jedoch noch andere Anlagenkomponenten wichtige Aufgaben auf dem Weg dorthin.
Produktaustrag (und Filtration)
Beim Mehlaustrag aus den Silobehältern kommen vor allem Vibrationsaustragsböden zum Einsatz. Hier wird ein am Behälter angebauter, konusförmiger Austragsboden mittels Vibrationsmotor zum Schwingen gebracht, wodurch das Schüttgut zum Fließen angeregt wird und aus der Auslauföffnung austritt.
Die nahtlose Dichtmanschette aus SINT-Polymerwerkstoff mit oben und unten integriertem Flansch verbindet den starren Behälter mit dem Vibrationsaustrageboden und reduziert Anhaftungen sowie den Staubaustritt in diesem Bereich. Ein Entlastungskegel (Deflektor) in der Mitte des Konus verhindert, dass der Druck der Materialsäule vollständig auf der Konusöffnung liegt und so das „Fließen“ erschwert oder gar verhindert.
Die Anzahl der Aufhängungen zur Verbindung des Schwingbodens mit dem Silo sowie der angebauten elektrischen Vibrationsmotoren wird an die gegebene Geometrie sowie das eingelagerte Schüttgut angepasst. Den Vibrationsaustragsboden gibt es in Größen von 400 bis 3.000 mm Durchmesser, wodurch eine Austragsleistung von bis zu 320 m3/h möglich ist.
Da beim Einblasen und Austragen aus den Silos große Mengen Mehlstaub entstehen, ist die Entstaubung der Silos über Siloaufsatzfilter, auch Siloentstaubungsfilter genannt, zwingend vorgeschrieben. Sie sitzen auf dem Silo und sorgen dafür, dass beim Einblasen des Mehls in das Silo das staubbelastete Rohgas nicht ungefiltert in die Umwelt entweicht.
Bei hohen hygienischen Anwendungen wie der Lebensmittelherstellung wird vor allem der Rundfilter WAMflo in der Food-Ausführung eingesetzt. Die Gehäuseform reduziert die Anzahl möglicher Toträume, während der verwendete, hochwertige Edelstahl 1.4404 und die zertifizierten Filterelemente sicherstellen, dass der Filter bei der Produktion von Nahrungs- und Futtermitteln eingesetzt werden darf.
Mit einer Durchsatzleistung von bis zu 6.000 m3/h ist er auch für große Luftmengen geeignet. Die vertikal verbauten Filterelemente werden durch das Druckluftabreinigungssystem in der Wetterhaube gesäubert. Für Versionen mit Ventilator oder bei eingeschränkter Raumhöhe ist der WAMflo auch mit großer Wartungstür erhältlich, die den seitlichen Wechsel der Filterelemente ermöglicht. Der Filter kann mittels einer Flanschverbindung an der Filterunterseite auf dem jeweiligen Behälter montiert oder als Aspirationsfilter mit Trichter ausgestattet werden.
Ist das Material in kleinen Einheiten wie Big Bags oder Säcken verpackt, kommen spezielle Austragshilfen zum Einsatz. Die Big-Bag-Entleerstation SBB besteht aus einem Stahlrahmen mit einem Aufsatztrichter, durch den das ausgetragene Material nach unten fällt. Dazu wird der bis zu 180 m hohe Big Bag in ein Hebekreuz eingehängt und mittels Gabelstapler, Kran oder Kettenzug in der Haltevorrichtung des Rahmens platziert.
Liegt der Big Bag sicher auf dem Trichter auf, kann der Auslaufstutzen geöffnet werden, und das Material fließt ab. Ein Aspirationsstutzen am Trichter sorgt dafür, dass eventuell entstehende Stäube abgeführt werden können. Für Einweg-Big-Bags besitzt die Entleerstation eine Vorrichtung für das Einsetzen eines Schneidmessers, mit dem Big Bags bereits beim Einsetzen in den Trichter aufgeschnitten werden. Ist die Fließfähigkeit ungenügend, gibt es die Option, den Trichter mittels Vibrationsmotoren ins Schwingen zu bringen.
Um selbst schwerstfließende Schüttgüter auszutragen, hat WAM ein System mit vier Walkpaddeln entwickelt, das den Big Bag von allen Seiten gleichzeitig, rotierend oder paarweise eindrückt und das Material im Inneren löst. Die Auswahl der Paddelsequenzen kann dabei individuell über die optionale Steuerung eingestellt werden.
Die komplette Station ist in Normal- oder Edelstahl 1.4306 erhältlich – wahlweise auch nur die produktberührenden Teile.
Fördern
In den meisten Fällen wird zum Weitertransport der Schüttgüter eine pneumatische Förderung eingesetzt. WAM liefert für diese Fördermethode Rohrweichen, verschleißresistente Rohrbögen und Zellenradschleusen.
Neben vielen anderen Rohrweichendesign bietet WAM mit der VAS eine kompakte und leichte Rohrweiche für den Mühlenbau. Das Gehäuse besteht standardmäßig aus einer Aluminiumgusslegierung, optional ist auch eine vernickelte Version mit größerer Oberflächenhärte und erhöhter Korrosionsbeständigkeit erhältlich. Die Innentrommel der VAS wird mithilfe eines pneumatischen oder elektrischen Antriebs in die gewünschte Position gedreht, um das Material zu trennen oder zusammenzuführen.
Bei der VAS gelingt das Umleiten innerhalb von drei Sekunden, sodass ein schneller Produktwechsel jederzeit möglich ist. Sowohl die Antriebe als auch die Weiche selbst sind in einer Atex-Ausführung erhältlich.
Unter Lagerbehältern kommen sogenannte Austragschleusen zum Einsatz. Bei diesem Typ gelangt das Material aus dem Silo über den Einlaufschacht in die Rotortaschen, bevor es durch die Drehung des Zellenrades und dank der Schwerkraft senkrecht aus dem Auslauf an der Unterseite in ein nachgeschaltetes Organ, zum Beispiel einen Schneckenförderer, fällt.
Bei pneumatischen Fördersystemen werden hingegen Durchblasschleusen installiert, die an eine pneumatische Förderleitung angekoppelt werden. Das Produkt wird in diesem Fall entweder aus den Taschen abgesaugt oder in die Förderleitung eingeblasen.
Dosieren
Beim Dosieren der Zutaten hängt die Auswahl der Komponente vom gewünschten Durchsatz und der Dosiergenauigkeit ab. Dosierschnecken sind in vielen verschiedenen Größen und Ausstattungsvarianten erhältlich und zeichnen sich durch einen hohen Durchsatz aus. Deswegen eignen sie sich vor allem beim Dosieren von Mehlen und Schroten.
Rohstoffe wie Addititve, Salze, Zucker, Trockenhefe und so weiter, von denen nur geringe Mengen benötigt werden und bei denen die Dosiergenauigkeit für das Rezept essenziell ist, werden von Mikrodosierern dem Mischprozess zugeführt. Die Mikrodosierer von WAM bestehen aus einem Troggehäuse mit integrierter Homogenisierwendel, die das Material auflockert und somit fließfähig hält.
Im Material enthaltene Agglomerate können von dieser aufgebrochen werden und das Risiko einer Verstopfung oder Brückenbildung wird deutlich reduziert. Unterhalb des Auflockerungswerkzeugs ist eine Schneckenwendel als Dosierorgan angebracht, die das Medium in der definierten Menge austrägt.
Mischtechnik
Zwei Mischertypen haben sich in den letzten Jahren bewährt: Chargenmischer und kontinuierliche Mischer, kurz Kontimischer. Bei den Chargen- beziehungsweise Batchmischern handelt es sich wie beim Kontimischer um einwellige Horizontalmischer.
Während der Chargenmischer immer nur eine Ladung mischt und dann entleert werden muss, wird man Kontimischer das Mischgut kontinuierlich in den Mischer gefördert, gemischt und ausgetragen. Kontimischer haben vor dem Auslauf ein einstellbares Überlaufwehr verbaut, mit dem der Füllgrad im Mischer eingestellt und somit die Verweilzeit beziehungsweise die Mischdauer verändert wird. Je höher das Wehr, desto länger verbleibt das Mischgut in der Mischtrommel.
Beide Typen arbeiten nach dem Prinzip des mechanischen Wirbelschichtverfahrens. Die Mischwerkzeuge rotieren um eine horizontal angeordnete Welle nahe an der Mischtrommel entlang und schleudern das Mischgut aus dem Produktbett heraus in die offene Mischzone. Wegen der dadurch erzeugten Turbulenzen werden sie auch als Turbulenzmischer bezeichnet.
Während Kontimischer in Produktionen zum Einsatz kommen, in denen eine Rezeptur über einen längeren Zeitraum hinweg hergestellt wird, punkten Chargenmischer vor allem bei häufigen Produktwechseln und diskontinuierlichen Mischprozessen. Das bedeutet aber auch, dass beim Produktwechsel im Chargenmischer eine Reinigung notwendig ist, um Kontaminationen zu vermeiden.
Diese lässt sich vor allem dann gründlich, schnell und bequem durchführen, wenn der Mischer mit einer großen Wartungsklappe ausgerüstet wird, durch die alle Stellen im Mischer gut zu erreichen sind. Nach dem Mischvorgang wird die Backmischung über die Förderstrecken zu den Verpackungsmaschinen transportiert, wo sie zu verkaufsfertigen Produkten verpackt werden.
Lohnt sich das Geschäft für den Müller?
Ob sich die Investition in eine Erweiterung der Anlage rechnet, ist eine berechtigte Frage. Die sich langfristig verändernden Lebensstile und Präferenzen der Konsumenten lassen jedoch den Schluss zu, dass das gestiegene Interesse an Backmischungen kein kurzfristiges Phänomen bleibt.
Mühlenbetreiber, die diese Chance erkennen und ihr vorhandenes Know-how einsetzen, können sich langfristig ein Stück dieses Kuchens sichern.