Ex-Schutz Besprühen mit Strom auf Knopfdruck

03.05.2012

Bei der Beschichtung komplexer Bauteile besteht die Schwierigkeit darin, überall hin zu gelangen. Eine kabellose Lanze mit Funkübertragung gelingt das auch im Ex-Bereich. Der Clou: Der Bediener erzeugt die Energie dafür selbst - immer wenn er die Lanze einschaltet.

Die Pulverbeschichtung von großen und komplexen Bauteilen stellt Hersteller von Bau- und Landmaschinen sowie die beauftragten Lohnbeschichter häufig vor ein Problem: Um die tonnenschweren Komponenten allseitig zu beschichten, benötigt man entweder Leitern oder aber Hubarbeitsbühnen in Ex-Schutz-Ausführung. Außerdem sind die Arbeitsabläufe in der Höhe für den Werker alles andere als ergonomisch. Für exakt diese Einsatzfälle steht nun eine Applikationstechnik zur Verfügung, die ein ergonomisches, effizientes Arbeiten mit einer sehr hohen Oberflächenqualität verbindet: die Tribo-Masterlanze der Behr GmbH. Sie besteht aus einer teleskopierbaren Lanze und einem sehr kompakten, leicht beweglichen Tribo-Sprühkopf.

Pulverpartikel in der Zuführleitung ionisiert

Tribo bezeichnet die Art der elektrischen Aufladung. Bei der bisher üblichen Corona-Technik führt man das Pulver vor der Applikation gezielt an einer Elektrode vorbei, deren Hochspannung die Pulverpartikel ionisiert. Bei Tribo hingegen reibt das Pulver an der Wandung der Zuführleitung.Mit der Pulver-Sprühtechnik der Masterlanze kann der Bediener dank der teleskopierbaren, bis zu drei Meter langen Lanze vom Boden aus bequem große Bauteile beschichten. Auch auf komplexen Bauteilgeometrien wie Rohrinnenflächen oder verwinkelte Rahmenkonstruktionen wird ein sehr gleichmäßiger Pulverauftrag erreicht. Das ist auch deshalb bemerkenswert, weil man bislang gerade für Innenbeschichtungen häufig ein anderes Equipment benötigte. Bei der Entwicklung kamen auch Innovationen aus anderen Industriebereichen zur Anwendung. Ein wichtiges Ziel des Entwicklers war eine möglichst einfache Konstruktion mit wenigen Leitungen und Zuführungen - und der Verzicht auf ein stromführendes Kabel. Die Voraussetzung dafür schafft die Wireless-Ex-Technologie von Steute. Dieser Funkstandard für die Kommunikation zwischen einem Schaltgerät und einer Empfangseinheit sendet codierte Signale auf dem 868-MHz-Band. Er wurde speziell für den Einsatz in explosionsgefährdeten Bereichen der Zonen 1 und 2 sowie 21 und 22 entwickelt und zertifiziert.

Der Schalter, der Energie erzeugt

So innovativ das neue Applikationssystem auch ist: Sein Entwickler konnte nicht die grundlegenden Gesetze der Elektrotechnik außer Kraft setzen; und eines dieser Gesetze lautet, dass man Energie benötigt, um ein (Funk-)Signal zu übertragen. Diese Energie wird letztlich vom Bediener erzeugt- nach dem Prinzip des Energy Harvesting. Denn in der Lanze ist ein Positionsschalter vom Typ Ex RF 95 W EN 868 aus dem Wireless-Ex-Programm mit einem Handbetätigungsgriff verbunden. In diesem Schalter befindet sich ein miniaturisierter elektrodynamischer Generator, der die beim Betätigen des Handgriffs freiwerdende kinetische Energie in elektrische Energie umwandelt. Mit dieser Energie wird das Funksignal an das Empfangsteil im dazugehörigen Steuergerät versendet und die Förderpumpe aktiviert. Dabei wird - wie zahlreiche Einsatzbeispiele belegen - auch unter ungünstigen Bedingungen eine sehr hohe Zuverlässigkeit erreicht. Die maximale Reichweite des Funksignals liegt bei 30 Metern in Innenräumen und 300Metern im Außenbereich. Durch die eindeutige Zuordnung von Sender und Empfänger, die bei der Inbetriebnahme ganz einfach per Teach-in festgelegt wird, können auch mehrere Funksysteme in einem Raum betrieben werden. Der von Steute entwickelte Energiegenerator ist auf die Anforderungen von Industrieanwendungen abgestimmt; seine Lebensdauer ist ausgelegt für mindestens eine Million Schaltspiele.Da die Lanze ohne Energiezuführung auskommt, muss der Bediener nur den Pulverförderschlauch und den Tribo-Luftschlauch mitführen. Das ermöglicht ein ergonomischeres Arbeiten, zumal die Lanze aus kohlefaserverstärktem Kunststoff gefertigt wird und somit sehr leicht ist

Keine Chance für Kabelbrüche

Die Tatsache, dass das energieautarke Schaltgerät ohne Kabelzuführung und ohne Batterie auskommt, ist in explosionsgefährdeten Bereichen besonders vorteilhaft, weil man auf serviceintensive Batterien oder aufwändige ex-gerechte Anschlusskomponenten verzichten kann. Hinzu kommt, dass Kabelbrüche, wie sie bei konventionellen Systemen aufgrund häufiger Bewegungen des Elektrokabels vorkommen, wegfallen. Inzwischen bewährt sich die Tribo-Masterlanze bereits in der Praxis - unter anderem bei einem Baumaschinenhersteller, der bis zu 9 x 3 x 3 m große und 20 Tonnen schwere Komponenten pulverbeschichtet. Die Anwender sind begeistert und konnten sowohl die Qualität der Beschichtung als auch die Produktivität deutlich steigern. Das Funksystem für den Ex-Bereich bewährt sich ebenfalls unter den Umgebungsbedingungen der Pulverbeschichtung. Das hatten die Produktspezialisten bei Steute aber auch nicht anders erwartet, denn auch in anderen, ebenso anspruchsvollen Einsatzfällen kommt der energieautarke Wireless-Ex-Funkstandard zur Anwendung - unter anderem bei der Stellungsabfrage von Ventilen in der Chemieindustrie oder bei der Positionsabfrage von Verladearmen in Raffinerien.

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