Der Trend zu anspruchsvollerer Elektronik sowie immer mehr Software beschleunigt sich. Dadurch steigt auch die Komplexität in der automobilen Entwicklung. „Fahrzeuge haben sich zu fahrenden Rechenzentren entwickelt“, sagt Dr. Stefan Hartung, Geschäftsführer von Bosch und Vorsitzender des Unternehmensbereichs Mobility Solutions. Bereits in heutigen Autos stecken laut ihm rund 100 Millionen Zeilen Software-Code, bei automatisiert fahrenden Fahrzeugen werden es schon zwischen 300 und 500 Millionen Codezeilen sein. Zur Einordnung: Alleine eine Million Codezeilen entspricht rund 18.000 gedruckten Textseiten.
Bosch investiert deshalb seit Längerem in die Entwicklung von Fahrzeug-Software, aktuell rund drei Milliarden Euro jährlich. Die traditionelle Entwicklung in einzelnen, voneinander unabhängigen Bereichen gerät jedoch zunehmend an ihre Grenzen. Künftig soll sie deshalb unter einem Dach im Geschäftsbereich „Cross-Domain Computing Solutions“ erfolgen.
Aufgaben des neuen Geschäftsbereichs
In „Cross-Domain Computing Solutions“ werden künftig die Basis-Software der Fahrzeugcomputer und Steuergeräte sowie auch die Software der Fahrzeugfunktionen entwickelt – von der Einparkhilfe und dem Spurhalteassistenten bis zum Musik-Streaming. Neue Funktionen sollen dann auch via Software-Update deutlich schneller bei den Nutzern sein.
Parallel arbeitet Bosch daran, die elektrische und elektronische Architektur von Fahrzeugen zukunftsfähig zu machen. In seiner neuen Einheit bündelt das Unternehmen daher auch die Entwicklung von Fahrzeugcomputern, Steuergeräten und Sensoren. „Kernaufgabe von ,Cross-Domain Computing Solutions‘ wird es sein, die Komplexität der Elektroniksysteme beherrschbar und darüber hinaus so sicher wie möglich zu machen“, sagt Harald Kröger, der den Geschäftsbereich verantworten wird.
Besonderen Fokus legt Bosch dabei auf Hochleistungsrechner als technische Basis für die Digitalisierung moderner Fahrzeuge. Sie bündeln die immer umfassenderen Funktionen und übernehmen die Aufgaben einzelner Steuergeräte. „Mehr als 100 einzelne Steuergeräte sind in aktuellen Premiumfahrzeugen verbaut“, erklärt Kröger weiter, „selbst in Kleinwagen sind es heute bereits 30 bis 50. Mit Hochleistungsrechnern lässt sich diese Anzahl zukünftig deutlich reduzieren.“
Da diese Fahrzeugcomputer sowohl für Cockpit- und Vernetzungsfunktionen, für Fahrerassistenzsysteme und automatisiertes Fahren als auch den Antrieb nun erstmals in einer übergreifenden Einheit entwickelt werden, entsteht eine durchgängige IT-Architektur für das gesamte Fahrzeug. Auf diese Weise soll ein nahtloses Zusammenspiel der elektrischen und elektronischen Komponenten entstehen.
Näher am Markt und Kunden
Mit „Cross-Domain Computing Solutions“ will Bosch seinen Kunden Fahrzeugelektronik und Software aus einer Hand bieten. Kröger: „Die dynamische Veränderung hin zu einer immer umfangreicheren Digitalisierung des Fahrzeugs wird der neue Geschäftsbereich führend mitgestalten. Mit unserer neuen Aufstellung erfüllen wir nun noch besser die veränderten Anforderungen des Marktes und unserer Kunden.“
Ab Anfang 2021 sollen daher der gesamte Geschäftsbereich Car Multimedia und weitere Produkteinheiten der Geschäftsbereiche Powertrain Solutions, Chassis Systems Control und Automotive Electronics, die übergreifende softwareintensive Elektroniksysteme entwickeln, unter „Cross-Domain Computing Solutions“ zusammengeführt werden. Der neue Geschäftsbereich wird damit rund 17.000 Mitarbeiter an mehr als 40 Standorten und in über 20 Ländern beschäftigen. Die Details der zukünftigen Organisation werden unter Beteiligung der zuständigen Arbeitnehmervertretungen erarbeitet.