In Freiburg machen viele Fußballfans den Kauf ihrer Dauerkarte davon abhängig, ob Rothaus der offizielle Bierlieferant ist. Die Badische Staatsbrauerei erfährt mit ihrem „Tannenzäpfle“ aber nicht nur in Südbaden Kultstatus: Mit dem Schwarzwaldmädel auf dem Etikett wird das Bier inzwischen auch in Berlin oder Hamburg gerne getrunken. Knapp zehn Prozent ihres Umsatzes macht die Brauerei mit der 226 Jahre alten Brautradition inzwischen außerhalb der Landesgrenzen Baden-Württembergs.
Deutschlands höchstgelegene Brauerei – Rothaus beschäftigt auf 1.000 Metern Höhe 240 Mitarbeiter und hat einen Umsatz von knapp 81 Millionen Euro – ist bekannt für den Werbeslogan „Schwarzwald im Glas“.
Man setzt auf Digitalisierung
Damit verbinden die meisten Menschen ausschließlich Tradition. Doch der Schein trügt, denn auch in den entlegenen Winkeln des Hochschwarzwaldes nutzt man die Chancen der Digitalisierung. In der Jahrhunderte alten Geschichte der Brauerei war das entscheidende Erfolgsrezept zu jeder Zeit die Qualität. Heute muss man sich Qualität jedoch leisten können.
Dafür braucht die Brauerei neben automatisierten, effizienten Prozessen ein hohes Maß an Standardisierung in ihrer Informationstechnologie. Im Sinne eines modernen Plant Asset Managements (PAM) sollten alle Assets der Anlage von den Maschinen über die Feldgeräte bis zur Software einheitlich und benutzerfreundlich gesteuert werden. Konkret bedeutete dies für Rothaus, dass die Zuständigen in der Betriebsführung sowie in der Instandhaltung zu jeder Zeit die Daten und Diagnosen zum Zustand der Anlage mit den notwendigen Handlungsanweisungen auf einen Blick benötigten. Entsprechend galt es, Informationstechnologie und Prozessautomatisierung zusammenzuführen.
Mitte der 1980er-Jahre visualisierte Rothaus bereits seine Tankfüllstände per Rackbus-System an Personal Computern. Seit den 70er-Jahren arbeitete die Brauerei bereits eng mit dem Messgerätehersteller Endress+Hauser aus der südbadischen Nachbarschaft zusammen, um jeweils die modernste Messtechnik für die Prozessautomatisierung einzusetzen. Zehn Jahre später kam dann der Auftrag, den Gärkeller und das Tanklager komplett zu visualisieren und damit das Mosaikschaltbild in der Leitwarte abzulösen. Die Prozesse wurden mehr und mehr vom Computer aus gesteuert.
Für den nächsten Schritt in der Prozessautomatisierung galt es, die Kommunikation zwischen Feldebene und Leitwarte auszubauen. Die ersten intelligenten Hart- und Profibus-Messgeräte fanden ihren Einsatz, von denen bis heute hunderte angebunden sind. Im Jahr 1995 entstand die erste autonome Insellösung für den Gär- und Lagerkeller mit einer durchgängigen Informationstechnologie auf Basis eines Bussystems. Die Vision einer Komplettlösung für den gesamten Brauereibetrieb von der Malzannahme bis zur Kläranlage war geboren. Die Verantwortlichen bei Rothaus zeigten Weitsicht und entwickelten strikte Vorgaben für die Komplettlösung.
Die digitale Lösung
Über alle Gewerke der unterschiedlichen Anlagen- und Maschinenlieferanten hinweg sollte die Bedienoberfläche einheitlich mit standardisiert dargestellten Schaltsymbolen sein. Das Personal sollte kein Handbuch benötigen und keine langen Trainings erhalten, sondern über eine intuitive Bedienfreundlichkeit mit dem System klarkommen. Ein MSR-Techniker erhielt den Auftrag, die Einhaltung aller Vorgaben streng vom Aufsetzen des Systems bis zur Pflege zu überwachen.
Eine digitale Kommunikation hinab bis zur Feldgeräteebene war gegeben, die entscheidende Voraussetzung für ein strukturiertes Plant Asset Management. Für die Zustandsüberwachung und die Dokumentation der Messstellen kam dann Fieldcare von Endress+Hauser zum Einsatz, um die benutzerfreundliche, standardisierte Oberfläche wie gewünscht zu erzielen. Die anlagennahe Softwarelösung konfiguriert und verwaltet die intelligenten Feldgeräte der Anlage, ermöglicht die zustandsabhängige Wartung und unterstützt beim Lebenszyklus-Management. Mithilfe zertifizierter Device Type Managers werden die Feldgeräte gescannt, identifiziert und automatisch ins Netzwerk eingefügt. Zur generischen Bedienung stehen standardisierte Parameter zur Verfügung.
Mit dieser Lösung behält Rothaus das Ziel, die Produktionsprozesse zu vereinheitlichen und damit zu optimieren, um das Qualitätsniveau zu sichern, für die nächsten Jahre im Auge. Dennoch ist allen Verantwortlichen klar, dass sie auch die nächsten Jahrzehnte die technologischen Entwicklungen beobachten werden, um weiterhin eine der modernsten Brauereien zu bleiben.