Die digitale Transformation nicht länger aufschieben Cloud-Potenziale nutzen: Die Resilienz der Lieferketten stärken

Die vollständige Digitalisierung von Lieferkettenprozessen kann die Flexibilität und Reaktionsfähigkeit von Unternehmen erheblich steigern. Dennoch halten viele Unternehmen an den linearen und fragmentierten Ansätzen traditioneller Lieferketten fest.

Bild: iStock, imaginima
07.10.2024

Wirtschaftliche, umweltbedingte und politische Unsicherheiten bedrohen die globalen Lieferketten zunehmend und gefährden die Versorgungssicherheit. Zwar lassen sich Lieferkettenabläufe in der Cloud verbessern und als sichere, resiliente End-to-End-Prozesse über Unternehmens- und Ländergrenzen hinweg orchestrieren, doch viele Unternehmen misstrauen der Kraft der Cloud. Statt jedoch den Vorteilen der Cloud zu vertrauen, nutzen viele Unternehmen weiterhin ihre veralteten Lieferkettensysteme und fragen sich, wieso sie im Wettbewerb nicht mithalten können.

Jahrhundertelang waren Lieferketten vorwiegend lokal angesiedelt und transportierten ihre Waren und Dienstleistungen innerhalb einer bestimmten geografischen Region oder eines Landes. Erst im Zuge der industriellen Revolution entwickelten sich globale Lieferketten, mit denen Produkte über große Entfernungen und über Ländergrenzen hinweg transportiert und gehandelt wurden.

Seit Einführung komplett digitalisierter, datengestützter Supply Chains im 21. Jahrhundert ist es möglich, Cloud-basierte Prozesse vollständig automatisiert und in hohen Geschwindigkeiten über Abteilungen und Standorte hinweg auszuführen. Sie verfügen über die nötige Flexibilität und Intelligenz, um mit dem rasanten Tempo der Veränderungen im 21. Jahrhundert Schritt zu halten und laufen technisch gesehen den standardisierten, auf Kostenminimierung ausgelegten Prozessen des Industriezeitalters zunehmend den Rang ab.

Dennoch halten viele Unternehmen weiterhin an den linearen, fragmentierten und starren Ansätzen traditioneller Lieferketten fest. Sie fürchten sich vor den mit einer Cloud-Migration verbundenen Veränderungen und schieben den Wechsel vor sich her. Dabei könnten sie durch einen Umzug in die Cloud nicht nur die Flexibilität und Reaktionsfähigkeit ihrer globalen Lieferkette sprunghaft steigern, sondern auch auf Störungen schneller und effizienter reagieren.

Lange Batchzyklen haben ausgedient

Um Prozesse kontinuierlich und zeitnah zu optimieren, arbeiten Cloud-basierte Supply Chain-Systeme mit Datenübertragungen in Echtzeit, nutzen Künstliche Intelligenz (KI) oder setzen Prozessautomatisierungstechnologien ein. Upgrades lassen sich in der Cloud innerhalb von Minuten oder wenigen Tagen durchführen. Ein Vorgang, der bei lokal installierten Technologiepaketen Monate, in manchen Fällen auch Jahre dauern kann. Zudem verfügt die Cloud über eine schier grenzenlose Rechenleistung. Unternehmen können in ihr nicht nur riesige Mengen an Informationen verarbeiten, sondern auch Szenarien für die unterschiedlichsten Bereiche wie Merchandising, Fertigung, Logistik, Lagerhaltung oder Vertrieb ausführen – bei Bedarf auch alles gleichzeitig.

Lieferkettenmanager können auf diese Weise sehr schnell und flexibel skalieren. Statt beispielsweise eine einzelne CPU für 200 Stunden zu nutzen, könnten sie alternativ auch 200 CPUs für eine Stunde einsetzen und so die Planungszeit von Tagen auf Minuten verkürzen. Lange Batchzyklen sind damit Vergangenheit, und Firmen können ihre Investitionen in KI und ML schneller und effizienter umsetzen und nutzen als bisher. Cloud-gestützte, zukunftsfähige Szenarien auf Basis von Echtzeit-Marktfaktoren lassen sich beispielsweise bereits innerhalb weniger Minuten entwickeln und umsetzen und verschaffen Unternehmen einen deutlichen Wettbewerbsvorteil.

Sämtliche Daten transparent im Blick

Jede Lieferkette wird von mehreren Teilnehmern – Produzenten, Händlern oder Kunden – unterstützt. Bei traditionellen Supply Chains verfügt jeder Akteur über eigene Systeme und Prozesse, die sich auf verschiedene Silos verteilen und miteinander in der Regel nicht kompatibel sind. Fragmentierte Daten, die sich auf verschiedene Subsysteme verteilen, schränken jedoch die Sichtbarkeit der Daten stark ein und verhindern, dass die Rechenkapazität effizient genutzt wird. Unternehmen entstehen dadurch unnötig hohe Kosten.

Durchgängig digitalisierte Lieferketten bieten eine transparente Einsicht in alle relevanten Prozessdaten, die für die Planung von Bedeutung sind. Diese Daten werden in Echtzeit erfasst und stehen jederzeit zur Verfügung. Neben den horizontalen umfassen sie auch vertikale Faktoren wie Nachfrageprognosen, Netzwerkauswirkungen oder Anforderungen für die Lagerbestückung. Denn nur wenn sämtliche Planungsdaten berücksichtigt und perfekt auf alle Prozesse abgestimmt werden, können Unternehmen ihre Lieferketten effizient managen und Engpässe sowie Zeit- oder Gewinnverluste erfolgreich minimieren.

Eine zentrale Daten-Cloud für alle

Fragmentierte Daten beeinträchtigen dagegen nicht nur die Prozesstransparenz, sie sind häufig auch Ursache für Widersprüche und Fehler in Berichten, Analysen und Erkenntnissen. Abhilfe schaffen Lösungen, die sämtliche Daten in einer zentralen Daten-Cloud synchronisiert zusammenführen und sie den Anwendern als Single-Source-of-Truth unternehmensweit zur Verfügung stellen. Das macht nicht nur ETL-Prozesse weitgehend überflüssig, sondern reduziert auch die Anzahl an Integrationen und senkt die Kosten für Tests und laufende Wartungen.

Nach der Zusammenführung in der Cloud sollte das Datenmodell dann standardisiert werden. Darüber hinaus ist es wichtig, dass die Verwaltung der Datenressourcen einheitlichen und konsistenten Richtlinien auf Unternehmensebene folgt. Die Daten sollten sowohl für analytische Anwendungen als auch für KI-basierte Lösungen nutzbar sein. Zudem sollten sie die bestehenden Investitionen berücksichtigen und Raum für zukünftige Erweiterungen bieten.

Flexibler und effektiver mit ‚Composable Microservices‘

Beim Umzug in die Cloud stellen „Best of breed” Lösungen, die von unterschiedlichen Anbietern stammen, ein Problem dar. Fragmentierte Systeme lassen schnell Silos entstehen und sind auch bei einer Datenkonsolidierung nicht vollständig integrierbar. Anwendungen, die auf ein- und derselben Plattform synchronisiert zusammenarbeiten, unterliegen dieser Gefahr dagegen nicht. Bei einer ‚Composable Microservices‘-Architektur beispielsweise sind die Anwendungen so gebaut, dass jede Komponente unabhängig von der Gesamtarchitektur funktionieren kann.

Es ist möglich, veraltete Komponenten zu aktualisieren und neue hinzuzufügen, ohne dass dies die Gesamtanwendung beeinträchtigt. Unternehmen können ihre digitalen Bedarfe also entsprechend der eigenen Ressourcen und Ziele skalieren, was die Anwendungen schlanker, schneller und vor allem sehr flexibel macht. Die Zeit arbeitsintensiver, fehleranfälliger Systembrüche ist damit vorbei. Mithilfe Cloud-basierter ‚Composable Microservices‘ können Unternehmen ihre modularen Komponenten flexibel konfigurieren und die Anforderungen neuer Marktbedingungen zeitnah umsetzen.

Der digitale Reifegrad als Indikator für wirtschaftliche Produktivität

Mit dem Umzug in die Cloud allein ist es jedoch nicht getan. Sinnvoll wird die Transformation in die Cloud für Unternehmen erst, wenn sie mit einer Umstellung auf eine Digital-First-Strategie einhergeht. Es reicht also nicht, Prozesse und Abläufe zu optimieren, sie müssen auch vollständig digital abgebildet werden. Um den Wert ihrer Daten vollständig auszuschöpfen und die Leistung von KI und ML dauerhaft nutzen zu können, sollten Verantwortliche bereit sein, ihre Organisation zu einem agilen Unternehmen umzubauen und sämtliche Aspekte mit einzubeziehen. Nur so werden sie von der Digitalisierung profitieren und durch die Migration von Daten und der Integration von Cloud-Lösungen in ihre bestehende Lieferkettenstruktur die damit verbundenen Chancen und Produktivitätsgewinne nutzen können.

Aktuell zeichnet sich ab, dass sich der digitale Reifegrad von Unternehmen und Organisationen schon bald zu einem zentralen Indikator für die wirtschaftliche Produktivität und den Wohlstand eines Land entwickeln wird. Schreitet die digitale Transformation weiterhin zögerlich voran, wird die Wirtschaftsleistung Deutschlands vermutlich bald nur noch im Mittelfeld liegen. Das zumindest legt ein Länderranking von Statista nahe, das die digitale Wettbewerbsfähigkeit von 64 Volkswirtschaften untersuchte.

Deutschland belegte dabei mit einem Indexwert von 80,86 Platz 27, weit abgehängt von den führenden USA mit einem Wert von 100. Zwar rangiert Deutschland aufgrund seiner traditionellen Wettbewerbsvorteile in vielen Statistiken zur Wettbewerbsfähigkeit noch auf den vorderen Plätzen, doch das könnte sich mit fortschreitender Digitalisierung ändern. Denn die Zukunft der Geschäftswelt ist digital und Platz 27 im Statista-Länderranking nur eine Option. In welche Richtung die Entwicklung verläuft, hängt auch von der Bereitschaft der Unternehmen ab, die Potenziale der Cloud zu nutzen.

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