Die Entwicklung eines marktreifen Produktkonzeptes für ein Home-Automation-Gateway umfasst neben der Hard- und Software auch notwendige Zulassungen sowie das Marketing. Im Idealfall ergeben dann alle Komponenten ein rundes Konzept, das Händler, Käufer und Nutzer überzeugt.
Deshalb zog Digital Concepts, ein Software-Spezialist für digitale Gebäude und IoT, für sein Projekt die Polyrack-Tech-Gruppe hinzu, die als Systempartner mit technologieübergreifender Kompetenz und hoher Fertigungstiefe die Kunden von der Idee bis hin zum fertigen Produkt unterstützt.
Evaluierung der Möglichkeiten
Zu Beginn evaluierte ein gemeinsames Entwicklungsteam zunächst die verschiedenen Möglichkeiten für die Ausführung der Stromversorgung, der Elektronik inklusive Anbindung der Antenne, des Gehäuses und der Installationsarten. Zudem erfolgte die Klärung der Normen für die EMV-Anforderungen und das Festlegen eines Kostenrahmens für das Endprodukt.
Da sich einige dieser Aspekte wechselseitig beeinflussen und auch Einfluss auf das Leiterplattendesign und das Gehäuse haben, war es entscheidend, den Gehäusespezialisten schon zu einem sehr frühen Zeitpunkt des Projektes einzubinden. Denn so ließen sich beide Aspekte von Anfang an aufeinander abstimmen.
Für die Montage sollten Nutzer die Wahl zwischen einer Desktop-Version sowie der Anbringung an der Wand oder im Schaltschrank erhalten. Bis zu diesem Zeitpunkt war die Stromversorgung des Raspberry Pi nur über einen seitlich angeordneten Micro-USB-Port möglich. Da das Gateway auch die Schaltschrankmontage ermöglichen sollte, musste die Versorgungsbuchse verlegt werden.
Schließlich war es beim Gehäuse wichtig, leicht Änderungen vornehmen zu können und es für relativ geringe Stückzahlen bis circa 500 kostengünstig und schnell realisierbar zu machen. Denn beim ersten Konzept waren noch einige Änderungen zu erwarten.
Aufgrund dieser Vorgaben entschied sich Polyrack für ein Gehäuse aus Blech-Biege-Technik. Dabei werden die Gehäuseteile aus einer zugeschnittenen und mit den erforderlichen Ausstanzungen versehenen Blechplatte gebogen. Die Blech-Biege-Technik rechnet sich bereits für die Fertigung von Losgrößen ab 50, da hierfür keine oder nur einfache Werkzeuge benötigt werden.
Als Grundmaterial für das Blech-Biege-Gehäuse kommen Aluminium-Blech und Stahl- oder Edelstahl-Blech infrage. Der erste EMV-Test bewies, dass auf Grundlage des Raspberry Pi ein industrietaugliches Produkt entstand.
Änderungen am Design
Nachdem das Folgemodell Raspberry Pi 2 mit zwei neuen Befestigungslöchern und einigen anders belegten Pins erschienen war und neue Software-Funktionen nach einer Real-Time-Clock verlangten, stellten sich weitere Fragen nach der möglichen Unterbringung der Real-Time-Clock und der Verbindung mit dem Standard Pi. Die Lösung war ein Erweiterungsboard für den Raspberry Pi mit batteriegestützter Echtzeit-Uhr und Kalender, das SHIMRTC Pi Face. Hier lässt sich das Board direkt zwischen Addon-Board und Pi auf die IO-Pins stecken und behindert andere Erweiterungs-Boards nicht.
Der Datenaustausch erfolgt über eine 12C-Schnittstelle, und die Batterie sichert eine fortlaufende Zeiterfassung, auch wenn das Gateway abgeschaltet ist. Das neue Design erforderte nun auch ein neues Gehäusekonzept. Mittels Blech-Biege-Technik ließ sich das ebenfalls schnell und kostengünstig umsetzen.
Nach der kontinuierlichen Erhöhung der Stückzahlen des Smart-EnOcean-Gateway entstanden weitere Herausforderungen: Zum einen erschien der Raspberry Pi 3 mit einem 1,2-GHz-64-Bit-Quad-Core-ARM-Cortex-A53-Prozessor, integriertem 802.11n WLAN, LAN und Bluetooth 4.1 Modem, der vollständig kompatibel zu Raspberry Pi 1 und 2 war. Zum anderen wuchs der Preisdruck auf das Gateway, und das Gateway sollte durch die Integration des Apple-Authentification-Chip in den Apple-Home-Kit eingebunden werden können. Ziel war es, die neue Lösung bereits nach zwei Monaten vorzustellen.
Damit waren weitreichende Änderungen nötig. Das Entwicklungsteam entschied sich dafür, alle bisherigen Elektronik-Komponenten wie das EnOcean-Pi-Modul, die Real-Time-Clock, deren Supercap sowie den Apple-Authentification-Chip auf einem Addon-Board zusammenzufassen. So entfiel die Verdrahtung für Antenne und Versorgung ebenso wie die Montage dieser Komponenten.
Der Gehäusespezialist Polyrack übernahm sowohl den Entwurf als auch die Fertigung der Leiterplatte. Die Investition in die Leiterplattenentwicklung und die einmaligen Kosten der Produktion amortisierten sich bereits nach rund 600 Stück.
Neues Gehäusekonzept
Mit den Änderungen am Design war auch ein neues Gehäusekonzept erforderlich. In diesem Zusammenhang bot es sich an, zugleich den Montageaufwand auf ein Minimum zu reduzieren und die Kosten für das Gesamtprodukt zu senken. Die Wahl fiel auf eine andere Gehäusegestaltung und Fertigungstechnologie – der Raspberry Pi und das Addon-Board wurden zusammengesteckt und in ein Standard-Strangpress-Profilgehäuse eingeschoben.
Dieses Verfahren kam zum Einsatz, da es die Möglichkeit bietet, Profile auch in komplizierten Formen und aus schwer umformbaren Werkstoffen herzustellen, welche relativ kostengünstig sind. Zudem erlaubt es einen hohen, in einem Verfahrensschritt erreichbaren Umformgrad. Die Basis stellte ein Gehäuse dar, das aus einem anderen Projekt heraus entstanden war, was den Vorteil bot, dass für das EnOcean-Gateway lediglich die Front- und Rückplatte angepasst werden mussten.
Das finale Konzept überzeugte mit einem minimalen Montageaufwand und einer Skalierbarkeit für Stückzahlen bis zu mehreren Tausend. Aufgrund der Nutzung eines Standard-Profilgehäuses fiel der Gehäusepreis bereits ab 100 Stück günstiger als die bisherige Lösung aus. Zudem entstand durch die Oberflächenbehandlung mittels Pulverbeschichtung sowie die individuelle Beschriftung und Logo-Anbringung per Tampon-Druck ein robustes und gleichzeitig optisch ansprechendes, wiedererkennbares Gesamtprodukt.