Rund 175 Millionen Tonnen Zucker werden laut dem amerikanischen Agrarministerium jährlich weltweit produziert. Haushaltszucker, die sogenannte Saccharose, wird jedoch in relativ geringen Mengen im Haushalt verbraucht. Zwei Drittel des durchschnittlichen Jahresverbrauchs werden industriell in Getränken, Backwaren, Brotaufstrichen und Milchprodukten verarbeitet.
Das südafrikanische Unternehmen RCL Foods Sugar and Milling stellt unter anderem braunen und raffinierten Kristallzucker her. Es beliefert aber auch die Süßwarenindustrie mit Spezialzucker, wie Muscovado (ein sehr dunkler Zucker aus Zuckerrohr) oder Demerara-Zucker (ein brauner Zucker, der aus großen Kristallen besteht und einen Melassegehalt von zwei bis drei Prozent hat). Beide Sorten werden hierzulande vor allem von Kaffee- und Teetrinkern aufgrund ihres Geschmacks geschätzt. Für die Herstellung der verschiedenen Zuckersorten wird vor allem ein gutes Timing benötigt, aber auch robuste Komponenten. Zunächst wird Zuckerrohr gemahlen, bevor im nächsten Schritt Zuckersirup und Kristalle durch verschiedene Prozesse extrahiert werden.
In der anschließenden Verdampfungsstation wird dem Dicksaft immer weiter Wasser entzogen, bis eine genau festgelegte Zuckerkonzentration erreicht ist. Im Kristallisator werden feine Zuckerkristalle zugeführt, die den Kristallisationsprozess auslösen. Durch immer weiteren Wasserentzug wachsen die Kristalle bis zu einer definierten Größe. Saft und Kristalle werden in einer Zentrifuge getrennt, anschließend können die unterschiedlichen Zuckervarianten verpackt werden.
Heiß und klebrig
Bei der Kristallisation geht es naturgemäß heiß her. Hohe Prozess- und Produkttemperaturen von bis zu 100 °C sind ebenso Alltag wie Dampf und Kondensation. Trotz aller Widrigkeiten: Für den Prozess selbst sind eine hohe Genauigkeit und Wiederholbarkeit von großer Wichtigkeit für ein qualitativ hochwertiges Endprodukt.
In dem Anlagenteil wird der Saft unter Vakuum bei 64 °C gekocht. Der Unterdruck macht es möglich, dass das Wasser bereits zwischen 65 und 80 °C verdampft und der Zucker bei diesen Temperaturen nicht karamellisiert und dunkel wird. Anschließend wird die Masse zur Kristallisation weitergeleitet.
In der Anlage von RCL Foods stehen zwei Kristallisatoren zur Verfügung. Die Herausforderung liegt darin, dass der gesamte Inhalt aus dem Kochvorgang in einen der beiden Kristallisatoren umgefüllt werden muss. Dafür muss der Füllstand des jeweiligen Kristallisators unter 15 Prozent liegen, da es sonst zur Überfüllung kommen könnte. Dies hätte hohe Kosten für die Reinigung und die Wiederinbetriebnahme des Apparats zur Folge. Bei einer Überfüllung könnten zudem Personen durch die heiße Flüssigkeit verletzt werden. Ein Füllstand über 15 Prozent führt hingegen zu einer Verriegelung in der Steuerung. Die Befüllung wird erst gar nicht gestartet. Dies wiederum hätte unter Umständen zur Folge, dass die komplette Charge verworfen werden muss.
Erschwerte Einsatzbedingungen
Zucker ist sehr empfindlich: Wenn die Prozessbedingungen, also Verweildauer und Temperatur, nicht genau eingehalten werden, hat dies Auswirkungen auf die Produkteigenschaften. Durch beide Szenarien entstehen hohe Ausfallzeiten und Produktionsverluste. Die verwendeten Messgeräte müssen also robust sein und zuverlässig arbeiten.
In den Zuckerkristallisatoren von RCL Foods kamen jedoch bisher Radarfüllstandsmessgeräte zum Einsatz, die immer wieder mit prozessspezifischen Herausforderungen zu kämpfen hatten. Der Kristallisator besitzt einen Rührer, der verhindern soll, dass sich Kristalle am Boden des Behälters bilden. Dieser allein verursacht bereits Störsignale. Der Behälter wird regelmäßig mit Dampf gereinigt, da sich ansonsten Zuckerkristalle sowohl an den Behälterwänden als auch an den Rührern absetzen würden. Diese können hart wie Zement werden. Dafür befinden sich am Boden Ventile, die geöffnet werden, um den heißen Dampf einströmen zu lassen.
Für die Messgeräte ist dies ein erster Härtetest, da diese direkt mit dem heißen Dampf in Berührung kommen. Zuckerkristallablagerungen lassen sich trotzdem nicht ganz vermeiden, sie führten folglich immer wieder zu Störsignalen. Zudem kam es am Prozessanschluss, bedingt durch die starke Kondensation, immer wieder zu einem Feuchtigkeitseintritt.
Wechsel auf 80 GHz
Der Messtechnikhersteller Vega Grieshaber schlug deshalb vor, versuchsweise in einem der beiden Kristallisatoren einen Vegapuls 64 mit einem 40-mm-Prozessanschluss zu installieren. Das Radarfüllstandsmessgerät wird einfach auf vorhandene Messstutzen montiert. Normalerweise verursacht der Stutzen zwar Störsignale, der Messstrahl des Radarsensors geht allerdings an der Stutzenkante vorbei. Ein Rückbau des Stutzens ist also für die sichere Arbeitsweise des Messgeräts nicht notwendig.
Mit dem Radarsensor waren viele Probleme auf einen Schlag gelöst. Seine Kalrez-Dichtung verhindert einen Feuchtigkeitseintritt am Prozessanschluss. Außerdem führt der schmale Abstrahlwinkel des Vegapuls 64 dazu, dass der Radarstrahl an den Zuckeranhaftungen vorbeigleitet. Grund dafür ist die Messfrequenz des Sensors, die bei 80 GHz liegt (bisher 26 GHz). Selbst bei Ablagerungen auf dem Sensor arbeitet das Messgerät zuverlässig und genau. Und auch die aggressiven Prozessbedingungen stören das Messgerät nicht weiter. Störsignale gibt es so gut wie keine mehr.
Bessere Fokussierung
Zucker besitzt sehr niedrige Dielektrizitätswerte. Daher lag die Amplitude des empfangenen Signals bisher bei nur 58 dB (70 bis 90 dB wären optimal). Eine Füllstandmessung mit Radartechnologie war zwar gerade noch möglich, aber bei den bisherigen Radarfüllstandsmessgeräten waren die Störsignale häufig größer als die des Mediums. Die Echokurven des Vegapuls 64 sind dagegen genauer. Verantwortlich dafür sind die bessere Fokussierung und die höhere Dynamik des Sensors, die nicht nur zu einem genaueren, sondern auch zu einem zuverlässigen Signal führen. Je größer die Dynamik, desto breiter das Einsatzspektrum der Sensoren und desto höher die Messsicherheit. Das bedeutet, dass Medien mit geringen Reflexionseigenschaften, also kleinen Dielektrizitätswerten, deutlich besser gemessen werden können als mit bisherigen Radarsensoren.