Wir Techniker neigen dazu, uns zukünftige Entwicklungen nur in ihrer perfekt funktionierenden End-Ausbaustufe vorzustellen. Und wir Fachjournalisten malen die Schlagwörter gerne noch in den schrillsten Farben. Um kurz darauf entweder festzustellen, dass noch ein weiter Weg zu beschreiten ist, oder in aller Hektik dem nächsten Traum und Buzzword nachzujagen.
Nach dem euphorischen Anfangshype geschieht zunächst meist lange nichts, hat man den Eindruck. Die Enttäuschung darüber ist groß und die „Spinnerei“ wird vergessen. Bis man eines Tages erstaunt feststellt, dass die disruptive Neuheit im Begriff ist, uns gewissermaßen links zu überholen. Denn in Wirklichkeit haben die Spezialisten unermüdlich an den vielfältigen Details gefeilt und Teillösungen auf den Markt gebracht; oft ohne dass sich dem oberflächlichen Betrachter der Zusammenhang mit dem Endziel erschloss. In aller Stille sind da, fast unbemerkt, aber mit hoher Dynamik, agile Start-ups entstanden. Neue Player haben die Arena betreten und füllen sie aus. Kleine Unternehmen und Weltkonzerne haben fleißig Erfahrung gesammelt, Misserfolge verdaut, Kinderkrankheiten beseitigt und die notwendigen Voraussetzungen für eine Markteinführung im großen Maßstab geschaffen. Und sie haben Hürden aller Art aus dem Weg geräumt: etwa beim Material, in der Produktion, bei rechtlichen Fragen und bei der Normierung.
Oft sind Fachmessen die Ursache dafür, dass die Endverbraucher die bevorstehenden technischen Revolutionen wirklich wahrnehmen. Deutlich zu sehen ist das beim Smart Home, das durch die CES im Januar einen neuen Schub erhielt. Natürlich haben wir ursprünglich vom total vernetzten, durch Sensoren gesteuerten Heim mit umfassender Sprachsteuerung oder automatischen Funktionen an allen Stellen geträumt, bei dem Smartmeter den Stromverbrauch ökonomisch steuern. Dem steht indes noch ein rigider Altbaubestand entgegen, der neben den Kosten die entsprechend notwendige Infrastruktur wohl noch Jahre verhindern wird.
Gleichwohl breitet sich die Automatisierung unseres Zuhauses in allen Räumen unaufhaltsam aus: in der Küche oder im Heizsystem genau wie in der Fernsteuerung und Fernüberwachung aller möglichen vernetzten Funktionen. Per App gesteuerte Staubsaugroboter, Sprachsteuerungen wie Alexa, Kühlschränke mit eingebauten Kameras zur Fernkontrolle, biometrische Türschlösser – mittlerweile sind bereits rund vier Millionen deutsche Haushalte mit intelligenten Geräten ausgestattet. In vier Jahren wird sich die Zahl voraussichtlich mindestens verdreifacht haben.
Heutzutage sind Vernetzung und dafür geeignete Geräte auch erschwinglicher geworden. Experten zufolge kostet die Ausstattung mit den aktuell verfügbaren smarten Lösungsansätzen lediglich 3200 Euro – und damit sind obendrein, neben höherer Sicherheit, auch Einsparungen bei den Energiekosten verbunden. Bei Neubauten ist der Einbau zahlreicher Smart Features schon seit einiger Zeit ein Muss. Bei den derzeitigen Immobilienpreisen fallen die Kosten kaum noch ins Gewicht. Die Bauträger zielen damit auf die junge Klientel. Aber auch immer mehr Senioren interessieren sich für intelligentes Wohnen. Mit solchen smarten Umrüstungen können ältere Menschen länger in ihrem Zuhause bleiben. Und möglichst lange in den eigenen vier Wänden bleiben liegt bereits seit Jahren voll im Trend.