Bisher wurden alle gängigen Bluetooth-Standortdienste auf Basis des gleichen Grundkonzepts entwickelt: Sie bestimmen mittels Bluetooth Low Energy, ob sich zwei Bluetooth-Geräte in räumlicher Nähe zueinander befinden. Um den Abstand der Geräte zu berechnen, werden RSSI-Messungen (Received Signal Strength Indicator) vorgenommen. Auf Bluetooth basierende Standortdienste lassen sich in die Kategorien Näherungslösungen und Positionierungssysteme einteilen.
Näherungslösungen nutzen Bluetooth, um die Positionen von zwei Geräten zueinander zu bestimmen. Dabei stellen Bluetooth-fähige Devices wie Smartphones fest, ob sich weitere Geräte in Reichweite befinden und ermitteln deren ungefähre Entfernung. Beliebte Anwendungen sind PoI-Informationen und Gerätesuche. Bei PoI-Anwendungen erhalten Nutzer Hintergrundinformationen zu Gegenständen in ihrer Umgebung. Zum Beispiel liefern kleine Bluetooth-Sender, sogenannte Beacons, Museumsbesuchern Informationen über die Exponate oder Kunden erfahren auf diese Weise in Geschäften weitere Details über ein bestimmtes Produkt.
Hierfür installiert der Besucher oder Kunde eine App auf seinem Smartphone, die nahegelegene Beacons ortet und Informationen empfängt. Daneben sind in den letzten Jahren immer mehr Lösungen zur Objektsuche auf den Markt gekommen. Dabei handelt es sich um kleine, batteriebetriebene Bluetooth-Geräte, Tags genannt, die sich an Objekten wie Schlüsselbund oder Brieftasche anbringen lassen. Eine App für das Smartphone nimmt Verbindung zu diesen Tags auf und bestimmt deren ungefähre Entfernung.
Echtzeitortung per Bluetooth
Positionierungssysteme verwenden hingegen Bluetooth, um den Standort von Geräten zu bestimmen und erfordern komplexere Infrastrukturen. Am bekanntesten sind Echtzeit-Ortungssysteme (RTLS) und Indoor-Positionierungssysteme (IPS). Bluetooth-RTLS-Lösungen werden für das Tracking von Objekten und Personen eingesetzt, sie lokalisieren etwa Gabelstapler und Mitarbeiter im Lager oder Ultraschallgeräte und Patienten in Krankenhäusern. Dadurch tragen sie zur Sicherheit bei und verkürzen die Reaktionszeiten bei Notfällen.
Dabei werden Bluetooth-Empfänger, sogenannte Locators, an festen Standorten in einem bestimmten Bereich installiert. Sie sind mit einem zentralen Server, der Location Engine, vernetzt. Objekte, die das System nachverfolgen soll, sind mit verbrauchsarmen Tags ausgestattet. Diese senden periodisch ein Signal, dessen Häufigkeit in Abhängigkeit davon steht, wie mobil die verfolgten Objekte voraussichtlich sein werden und in welcher Taktung Echtzeit-Standortschätzungen erfolgen.
Peilfunktion der Version 5.1
Derzeit meldet jeder Locator kontinuierlich alle Tags, die er empfangen kann sowie die jeweils empfangene Signalstärke (RSSI) an die Location Engine zurück. Diese bestimmt die Position der Tags anhand von Trilateration. Dabei wird die Position eines Objekts anhand seines Abstands zu drei bekannten Referenzpunkten ermittelt. Die Locators messen ihre Entfernung zu einem bestimmten Tag anhand der empfangenen Signalstärke. Verschiedene Faktoren beeinflussen jedoch die Genauigkeit der Standortbestimmung, wie der Grundriss des gewählten Bereichs und die Anzahl der eingesetzten Locators. Aktuelle Standard Bluetooth RTLS-Lösungen können Standorte mit einer Genauigkeit zwischen 1 bis 10 m bestimmen.
Bluetooth IPS funktionieren genau umgekehrt wie RTLS-Lösungen. Anstelle von Bluetooth-Empfängern werden in einem definierten Gebiet Beacons an festen Standorten eingesetzt. Mit einer App findet der Bluetooth-Empfänger des Smartphones die Beacons in seiner Umgebung. Auf Basis des Signals eines Beacon, seiner RSSI und seines Standorts berechnet die App die aktuelle Position mittels Trilateration. Bluetooth IPS ermöglichen zum Beispiel Navigationslösungen in Einkaufszentren oder Flughäfen. Auch hier beeinflussen mehrere Faktoren die Standortgenauigkeit, wie der Grundriss des gewählten Bereichs sowie die Anzahl der eingesetzten festen Beacons. Die Messgenauigkeit beträgt aktuell ebenfalls etwa 1 bis 10 m.
Bei einigen RTLS-Anwendungen liegen die Anforderungen an die Standortgenauigkeit jedoch im Zentimeterbereich. Um solche leistungsfähigeren Lösungen umzusetzen, wurde kürzlich eine optionale Peilungsfunktion in die Version 5.1 der Bluetooth-Core-Spezifikation aufgenommen. Sie ist in der Lage, die Richtung zu bestimmen, aus der ein Signal gesendet wird. Mit dieser neuen Funktion lassen sich Bluetooth-Standortdienste erheblich verbessern.
Sie ermitteln wie bisher den Abstand zwischen zwei Geräten mittels RSSI. Bei RTLS- und IPS-Lösungen nutzen sie die Entfernungen, um per Trilateration die Position eines Geräts zu bestimmen. Mit der Peilungsfunktion erfassen die gleichen Geräte auch die Richtung, in der sich ein anderes Gerät befindet und nutzen Triangulation, um die Positionsgenauigkeit zu verbessern. Die Bluetooth-Peilungsfunktion unterstützt zwei Verfahren, um die Richtung eines Bluetooth-Signals zu erfassen. Beide basieren auf speziellen Antennenarrays:
Beim Angle-of-Arrival-Verfahren (AoA) sendet das Gerät, dessen Standort bestimmt werden soll, ein spezielles Peilsignal mittels einer einzigen Antenne. Das Empfangsgerät ist mit mehreren als Array angeordneten Antennen ausgestattet. Wenn das gesendete Signal das Array durchquert, registriert das Empfangsgerät aufgrund des unterschiedlichen Abstands der einzelnen Antennen des Arrays zur Sendeantenne die Phasendifferenzen der Signale zueinander. Das Empfangsgerät erfasst IQ-Stichproben des Signals, indem es zwischen den aktiven Antennen im Array wechselt. Anhand dieser Daten berechnet es die relative Signalrichtung. Die AoA-Methode ist für den Einsatz in RTLS-, Gerätesuche- und PoI-Informationssystemen vorgesehen.
Beim Angle-of-Departure-Verfahren (AoD) sendet das Gerät, dessen Standort bestimmt werden soll, ein Signal mittels mehrerer Antennen, die als Array angeordnet sind. Das Empfangsgerät verfügt über eine einzelne Antenne. Wenn die unterschiedlichen Signale des Senders auf die Antenne des Empfangsgeräts treffen, erfasst diese IQ-Stichproben und berechnet anhand dieser Daten die relative Signalrichtung. Die AoD-Methode ist für den Einsatz in IPS-Lösungen vorgesehen, wie sie beispielsweise zur Wegfindung verwendet werden.
Leistungsfähigere Standortdienste
Mit der Peilungsfunktion werden Standortdienste auf Basis von Bluetooth deutlich leistungsfähiger. Es lassen sich jetzt auch direktionale Fähigkeiten in Näherungslösungen integrieren. Diese verbessern die Standortgenauigkeit von Positionierungssystemen.Das bietet Vorteile für viele unterschiedliche Anwendungen:
Lösungen für die Gerätesuche: Integrieren Smartphone-Anbieter die Bluetooth-Peilungsfunktion mittels AoA in ihre Produkte, sind erweiterte Lösungen für die Gerätesuche durch Richtungsinformationen möglich. Eine Gerätesuche-App auf einem Smartphone kann dann feststellen, wie nah ein verlegtes Gerät ist und in welcher Richtung es sich befindet.
PoI-Informationslösungen: Museen profitieren von der Peilungsfunktion, wenn sie mittels AoA in Smartphones integriert wird, beispielsweise bei Ausstellungsräumen mit mehreren Exponaten, die mit Beacons versehen sind. Besucher werden nicht mehr nur passiv über die Exponate in ihrer Nähe informiert, sondern rufen aktiv Informationen über Objekte ihrer Wahl ab, indem sie das Smartphone darauf richten.
RTLS-Lösungen: Durch die Implementierung der Peilungsfunktion verbessern RTLS-Lösungen die Standortgenauigkeit bis auf den Zentimeterbereich. Damit wird es etwa möglich, den Materialfluss und den Standort von Gegenständen in einer Anlage genauer zu überwachen sowie den Standort von Mitarbeitern nachzuverfolgen und zu warnen, wenn sie unsichere Arbeitsbereiche betreten.
IPS-Lösungen: Die Peilungsfunktion bietet etwa in Krankenhäusern oder Einkaufszentren eine höhere Standortgenauigkeit, um die Indoor-Navigation zu verbessern. Potenziell lässt sich damit auch die Anzahl der erforderlichen Ortungs-Beacons reduzieren.
Die Erweiterung von Bluetooth um eine Peilungsfunktion kombiniert ein praxiserprobtes Verfahren zur Bestimmung der Signalrichtung mit einem bewährten Funksystem. Dadurch ist es möglich, Näherungslösungen durch Richtungsfunktionen zu ergänzen. Positionierungssysteme decken damit das gesamte Spektrum der Standortbestimmung ab, von weniger genauen bis zu sehr präzisen Lösungen.