Theodor Fontane wird das Zitat zugeschrieben: „Über Plagiate sollte man sich nicht ärgern. Sie sind wahrscheinlich die aufrichtigsten aller Komplimente.“ Dieser Satz aus dem 19. Jahrhundert gilt für Unternehmen heute sicherlich nicht mehr. Für Firmen und die Volkswirtschaft sind dies äußerst kostspielige Komplimente.
Eine Studie der Beratungsfirma Ernst & Young aus dem Jahr 2015 beziffert den wirtschaftlichen Schaden durch Fälschungen für Unternehmen in Deutschland mit etwa 56 Milliarden Euro im Jahr. International wird sogar von einem Wert gefälschter Produkte 2013 von 917 Milliarden US-Dollar ausgegangen – für 2022 wird eine Verdopplung prognostiziert.
Diese alarmierenden Zahlen gehen aus einer Studie von Frontier Economics hervor, die von International Chamber of Commerce (ICC) BASCAP und International Trademark Association (INTA) beauftragt wurde. Damit wären knapp 10 Prozent aller Produkte betroffen. Experten gehen daher davon aus, dass praktisch in jeder Branche Plagiate in erheblicher Menge vorhanden sind.
Gefälschte Medikamente bergen Gesundheitsrisiko
Zu der Wettbewerbsverzerrung kommt hinzu, dass Plagiate aufgrund minderer Qualität und kriminellem Antrieb häufig erhebliche Gesundheitsrisiken mit sich bringen. Besonders deutlich wird dies bei gefälschten Medikamenten. So hat beispielsweise die WHO im November 2017 hundert Studien zu den Folgen gefälschter Medikamente zusammengefasst.
Das Ergebnis ist erschütternd: In Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen sind rund zehn Prozent aller Medikamente gefälscht, was einem Volumen von 30 Milliarden US Dollar entspricht. 169.000 Menschen und vor allem Kinder sterben aufgrund von gefälschten Medikamenten ohne Aktivität oder Wirksamkeit. Schätzungen gehen davon aus, dass bis zu 158.000 Menschen zusätzlich in Afrika aufgrund mangelhafter, gefälschter Malaria-Medikamente sterben.
Maßnahmen gegen Produktpiraterie
Unternehmen gehen mit dem Thema Produktschutz heute sehr unterschiedlich um. Die Bandbreite reicht von Ignorieren des Problems über eine rein juristische Absicherung in Form von Schutzrechten bis hin zu Sicherheitsmerkmalen am Produkt. Als Sicherheitsmerkmale gelten beispielsweise Lösungen durch gedruckte Kopierschutzmuster, 3D-Mikrodruck oder RFID. Die meisten Lösungen sind äußerlich angebrachte Kennzeichnungen, Seriennummern bei Arzneimitteln, Befestigung von Etiketten, Transpondern und ähnliches.
Experten raten zu einem Schutzportfolio, damit Produkte und somit Kunden umfassend geschützt werden. Dieses Portfolio sollte neben juristischen und betriebswirtschaftlichen Aspekten auch innovative Sicherheitstechnologien am Produkt selbst enthalten.
Produktmarkierung als Originalitätsmarke
Eine dieser Sicherheitstechnologien ist die direkte Produktmarkierung, die sich normalerweise nicht auf die Verpackung bezieht. Hierfür werden meist von vornherein kleine Markerpartikel in ein Produkt untrennbar und damit manipulationssicher integriert. Diese Partikel können anschließend den Originalitätsnachweis liefern.
Die Freiburger Firma Polysecure entwickelt Materialmarker für die direkte Produktmarkierung und die entsprechenden Detektoren zu deren Erkennung. Mehrere Sicherheitsmerkmale können unsichtbar in Produkte eingebracht werden. Robuste fluoreszierende und glaskeramische Markerpartikel werden zunächst in ein Produkt integriert. In vielen Produkten, die etwa Kunststoffe, Keramiken oder Zement enthalten, können die Partikel homogen eingemischt werden.
Können Marker nicht in das Volumenmaterial eingebracht werden, kann die Markierung mit einer Beschichtung auf der Oberfläche angebracht werden. Dazu können Farben, Lacke, Klebeschichten, galvanische Schichten oder sogar thermisch gespritzte Schichten verwendet werden. Insbesondere in viskose Flüssigkeiten können die Partikel dispergiert werden.
Ist weder eine Einbringung des Markers ins Volumenmaterial noch in die Beschichtung möglich, so kann ein reaktionsvernetzendes markiertes Polymer in eine dafür vorgesehene Vertiefung eingefüllt werden. Das Hinzufügen dieses sogenannten Markertropfens ist auch nachträglich und in metallischen Werkstoffen möglich. Damit können sehr robuste Messpunkte für den Originalitätsnachweis geschaffen werden. Ansonsten können Metalle auch wie oben benannt oberflächlich über Pulverbeschichtung oder über Galvanisierung gekennzeichnet werden.
Beweismittel bei Gewährleistungsansprüchen
Neben den Umsatzeinbußen durch Fälschungen führen Imageschäden und unberechtigte Gewährleistungsansprüche zu einer zusätzlichen Belastung der Originalhersteller. Wird das eigene Produkt jedoch von vornherein markiert, können sich Originalhersteller dagegen zur Wehr setzen.
Besonders schwierig ist der Nachweis von Produktpiraterie, wenn Overruns in der Fertigungsfirma produziert werden, die auch Produkte für das Originalunternehmen herstellt. Wird dort ein höheres Auftragsvolumen produziert und die zusätzliche Anzahl auf eigene Rechnung verkauft, sind illegal hergestellte Produkte nicht anhand von Qualitätsmängeln zu unterscheiden. Auch hier bietet die direkte Produktmarkierung in Kombination mit entsprechenden Codes einen guten Schutz. Da die gelieferte Markermenge nur für die beauftragte Stückzahl genügt, wäre eine Überproduktion nachweisbar.
Weiterer Kundennutzen der Markierung
Verwendung findet die Produktmarkierung auch im Bereich des Eigentumsnachweises. So können etwa Baugerüste durch markierte Farben gesichert werden. Durch mobil authentifizierbare Markierungslacke kann man Diebesgut innerhalb kürzester Zeit nachweisen.
Im gewerblichen Bereich ist diese Anwendung bei Baugerüsten und im Maschinenbau in Verwendung. Produktions- und Serviceprozesse können ebenfalls durch direkte Produktmarkierung abgesichert werden. So kann Markierung auch als Manipulationsschutz beispielsweise durch Schraubensicherungslacke eingesetzt werden.
Innovative Unternehmen - innovativer Schutz
Direkte Produktauthentifizierung bietet Unternehmen eine langfristige Sicherheit, die, individuell abgestimmt, zusätzlich zum Plagiatschutz weiteren Kundennutzen bietet. Einige Beispiele wurden zuvor aufgeführt. Die Investition in eine aktive und robuste Kennzeichnung und deren Detektion lohnt sich in jedem Fall. Schafft man für die Fälscher entsprechende Hürden, so die Erfahrung von Polysecure, verteilen die Produktfälscher gemäß Theodor Fontane ihre Komplimente oft an den nächsten Wettbewerber in der Branche.