Chemiebranche Holpriges Jahr und Hoffnungsschimmer

Bisher war 2016 für die deutsche Chemie ein durchwachsenes Jahr. Lesen Sie im VCI-Bericht, inwieweit sich die Branche erholt hat.

Bild: iStock, Dvonik
03.11.2016

Keine Chemie-Krone für 2016: Auch im dritten Quartal tut sich die Branche schwer, zeigen die durchwachsenen Zahlen im VCI-Bericht. Dennoch zeigen einige Indikatoren, dass sich der Markt etwas erholt hat.

Im dritten Quartal ist die Branchenproduktion um 0,5 Prozent gesunken, stellt der VCI-Quartalsbericht fest. Leicht erholt haben sich die Chemikalienpreise mit einem Anstieg von einem halben Prozent. Insgesamt ist der Branchenumsatz um 1,0 Prozent gestiegen.

Aufs Jahr gerechnet, wird der Branchenumsatz laut VCI-Prognose aber um 3 Prozent auf 183 Milliarden Euro sinken. Grund ist das im Vergleich zum Vorjahr deutlich niedrigere Preisniveau.

Dennoch

Letzter Stand vom 26.07. Juli 2016

Stagnierende Produktion, sinkende Erlöse, weniger Wettbewerbsfähigkeit: Zwar ist die Chemie die drittgrößte Industrie Deutschlands - jedoch läuft dort einiges nicht rund.

Im ersten Halbjahr stagnierte die Produktion und der Umsatz verringerte sich im Vergleich zum Vorjahr deutlich. Erneut gingen die Erzeugerpreise zurück - mit ihnen sank der Erlös der Branche um 3,5 Prozent auf 90,4 Milliarden Euro. Davon waren Inlands- und Auslandsgeschäft gleichermaßen betroffen, berichtet der Verband der Chemischen Industrie (VCI) in seiner Halbjahresbilanz.

„Der Chemie fehlen positive Impulse – wirtschaftlich wie politisch“, betont VCI-Präsident Marijn Dekkers. „Gleichzeitig mehren sich die negativen Faktoren wie die Wachstumsschwäche in den Schwellenländern, eine geringe Dynamik des gesamten Welthandels und das Ende des globalen Investitionsbooms.“

Laut Dekkers Prognosen sieht auch die zweite Jahreshälfte für die Chemiebranche nicht viel rosiger aus. Zum einen lässt der Aufwind durch niedrige Ölpreise und den schwachen Euro nach, zum anderen hemmt der Brexit mit seinen schwankenden Wechselkursen und Rohstoffpreisen das solide Wachstum der Branche.

Für das Gesamtjahr 2016 rechnet der VCI daher nur mit einem Produktionsplus von 0,5 Prozent für die chemisch-pharmazeutische Industrie. Bei weiter sinkenden Erzeugerpreisen dürfte der Branchenumsatz um 1,5 Prozent auf 186 Milliarden Euro zurückgehen, so die Prognose des Verbandes.

Sind wir noch wettbewerbsfähig?

Seit etwa zehn Jahren ist Deutschland Exportweltmeister und steht auf Platz drei der umsatzstärksten Nationen - jedoch häufen sich die Anzeigen, dass das unter Umständen nicht mehr lange so bleibt. USA, China und Saudi-Arabien legen mit niedrigen Energie- und Rohstoffkosten und einem massiven Aufbau von Produktionskapazitäten kräftig nach.

Abgesehen vom Pharmageschäft ist der Außenhandelsüberschuss der deutschen Chemie inzwischen rückläufig. In der Sparte Petrochemie gab es 2015 sogar ein Außenhandelsdefizit. Auch beim Geschäft mit Kunststoffen (Polymeren) droht sich die Handelsbilanz zu verschlechtern. Die Produktion von Polymeren in Deutschland ist seit 2011 um 500.000 Tonnen gesunken. Die Menge der entsprechenden Vorprodukte (Petrochemikalien) ist im selben Zeitraum um 4 Millionen Tonnen geschrumpft. Hier warnt der VCI-Präsident eindringlich: „Wir müssen unbedingt vermeiden, dass die chemischen Wertschöpfungsketten in einzelnen Segmenten reißen. Es liegt im Interesse der gesamten Wirtschaft, dass wir diese Ketten als zentrales Element des Chemiestandortes Deutschland erhalten.“

Obwohl die Finanzierungsbedingungen so günstig sind wie seit Jahrzehnten nicht mehr, investieren die Unternehmen im Inland eher zurückhaltend. Die Schere zwischen Investitionen im Inland und im Ausland öffnet sich seit 2011 zunehmend. Zuletzt investierten deutsche Chemieunternehmen mit gut 8,6 Milliarden Euro rund 1,5 Milliarden mehr in ausländische Sachanlagen als hierzulande. Als mögliche Gründe hierfür sieht der VCI hohe Energiekosten, fehlende Planungssicherheit in der Energiepolitik, vernachlässigte Infrastruktur und eine industriekritische Verwaltungspraxis. „Die chemische Industrie braucht unbedingt bessere Rahmenbedingungen für Investitionen. Das heißt: verlässliche politische Vorgaben und konkurrenzfähige Kosten“, betonte Dekkers.

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  • Im dritten Quartal entwickelt sich die deutsche Chemie-Branche weiterhin durchwachsen.

    Im dritten Quartal entwickelt sich die deutsche Chemie-Branche weiterhin durchwachsen.

    Bild: VCI

  • So ausgelastet waren die Kapazitäten der deutschen Chemie & Pharma von 2012 bis 2016.

    So ausgelastet waren die Kapazitäten der deutschen Chemie & Pharma von 2012 bis 2016.

    Bild: VCI

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