Für Konstrukteure ist die Entwicklung neuer Produkte immer spannend. Wenn es aber um die Auswahl des richtigen Motors geht, kann die Herausforderung auch schnell belastend werden, wenn alle Faktoren wie Drehzahl, Drehmoment, zur Verfügung stehender Platz, Schallemissionen, Gewicht, Kosten und Präzision unter einen Hut gebracht werden müssen.
Außerdem stehen mehrere Technologien zur Auswahl, das heißt bürstenlose DC-Motoren, kernlose DC-Motoren und Schrittmotoren. Gehen wir also die Anwendungsparameter der Reihe nach durch und schauen wir uns an, inwiefern sie die Wahl der Motortechnologie beeinflussen.
1. Motordrehzahl
Einer der ersten Faktoren, die bei der Entwicklung eines neuen Produkts zu berücksichtigen sind, ist die erforderliche Abtriebsdrehzahl des Antriebs. Aufgrund ihrer Bauweise und der elektronischen Kommutierung eignen sich bürstenlose DC-Motoren am besten für den Betrieb mit höheren Drehzahlen.
Bei bürstenbehafteten DC-Motoren steigt mit der Drehzahl der Bürstenverschleiß, was die Nutzungsdauer verkürzt. Schrittmotoren haben eine höhere Anzahl von Polpaaren und sind daher nicht für hohe Drehzahlen ausgelegt, trotz elektronischer Kommutierung.
2. Drehmoment
Der nächste Faktor ist das Drehmoment, das der Antrieb liefern muss, wobei sowohl das Dauerdrehmoment als auch etwaige, zeitlich begrenzte Spitzendrehmomente eine Rolle spielen. Die einzelnen Motortechnologien zeichnen sich durch unterschiedliche maximale Drehmomente im Dauerbetrieb aus.
Je nach Anwendung sind alle drei Technologien in der Lage, das notwendige Drehmoment zu liefern. Denkbar ist auch die Zwischenschaltung eines Getriebes, um das Drehmoment des Antriebs zu erhöhen. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass die Drehzahl entsprechend abnimmt.
3. Nutzungsdauer
Die Aufgabe des Antriebs bemisst sich in der Regel in einer Anzahl von Zyklen einer bestimmten Länge pro Tag oder in Betriebsstunden pro Tag bei einer bestimmten Taktung. Hieraus lässt sich die ungefähre Anzahl an Stunden ermitteln, die der Antrieb während der voraussichtlichen Produktnutzungsdauer läuft.
Dies hat Auswirkungen auf die Wahl des Motors. Bürstenbehaftete DC-Motoren haben ein mechanisches Kommutierungssystem, das sich mit der Zeit abnutzt und die Lebensdauer des Motors begrenzt. Bürstenlose DC-Motoren und Schrittmotoren werden elektronisch kommutiert und unterliegen daher keinem Bürstenverschleiß. Hierdurch haben sie eine höhere Lebenserwartung.
Ein weiterer wichtiger Faktor für die Lebensdauer des Antriebs ist die Lagerung. Gleitlager bieten eine Lebensdauer von einigen tausend Stunden, während Wälzlager im Allgemeinen eine Lebensdauer von mehr als 10.000 Stunden erreichen. Voraussetzung hierfür ist natürlich, dass die auf die Welle des Antriebs einwirkende radiale und axiale Last innerhalb der Bemessungsgrenzen bleibt und dass keine erhöhten Temperaturen auftreten, die die Standzeit der Lebensdauerschmierung reduzieren.
4. Einbauraum
Vor allen weiteren Überlegungen gilt es sich zu vergewissern, dass die gewünschte Motortechnologie mit Abmessungen (Durchmesser und Länge) erhältlich ist, die mit dem für den Antrieb vorgesehenen Platz auskommen.
Während die Drehzahl- und Drehmomentvorgaben meist durch mindestens eine der Motortechnologien oder mehrere Untervarianten erfüllt werden können, muss die Lösung eine umso höhere Leistungsdichte mitbringen, je weniger Platz zur Verfügung steht.
5. Systemgenauigkeit
Ein weiteres Kriterium ist die mit dem Antrieb zu erreichende Präzision. Sowohl bürstenbehaftete als auch bürstenlose DC-Motoren benötigen hierfür einen Encoder, um die Position des Rotors zu verfolgen und zu steuern. Standard-Encoder bieten im Einheitsformat eine Reihe von Auflösungen für die Anforderungen der verschiedenen Anwendungen. Höhere Auflösungen können durch die Vorschaltung eines Getriebes erreicht werden. Die Auflösung wird mit dem Übersetzungsverhältnis multipliziert, sodass durch die Kombination von Encoder und Multiplikator eine präzise Positionierung erreicht werden kann.
Schrittmotoren bieten bereits aufgrund ihrer mechanischen Bauweise eine hohe Positionsgenauigkeit. Die Anzahl der Pole auf dem Rotor bestimmt die Anzahl der Schritte pro Umdrehung und liefert einen Schrittwinkel für jeden Impuls, den der Motor erhält. Für gewöhnlich lässt sich durch Treiber für den Halbschritt- oder Mikroschrittbetrieb diese Auflösung noch verfeinern, indem die mechanischen Schritte durch elektrische Zwischenschritte weiter unterteilt werden. Auch hier ist die Verwendung eines Getriebes eine Option, um durch das Übersetzungsverhältnis zusätzliche Auflösung zu erreichen.
6. Taktbetrieb
Typischerweise läuft der Motor nicht kontinuierlich. Vielmehr wechseln sich Betriebsphasen mit Ruhezeiten ab. Davon, wie dieser Taktbetrieb aussieht, hängt der Temperaturanstieg des Motors ab. Alle Motoren sind für eine bestimmte maximale Nenntemperatur ausgelegt. Wird diese im Betrieb überschritten, so können die Komponenten im Inneren des Motors Schaden nehmen. Der Temperaturanstieg hängt von der Stromaufnahme ab: je höher der Strom, desto schneller steigt die Temperatur.
Da der Strom in proportionalem Verhältnis zur Drehmomentabgabe steht, liegt es nahe, das Drehmoment des Motors durch einen höheren Motorstrom zu steigern und dabei den Motor insgesamt so klein wie möglich zu halten. Allerdings müssen die Anforderungen des Taktbetriebs (Dauer der Betriebsphasen) genauestens geprüft werden, damit die Stromaufnahme nicht zu einer Überhitzung des Motors führt.
Hierbei spielen auch Umgebungsfaktoren eine Rolle. Wird der Motor auf einem Sockel montiert, der Wärme abführen kann? Wird der Motor von Luft umströmt, die ihn kühlt? Ist der Motor in einem Gehäuse untergebracht, in dem auch noch andere Komponenten Wärme erzeugen und dadurch die Umgebungstemperatur erhöhen?
7. Feststehend oder tragbar
Die Art der neu entwickelten Anwendung gibt vor, welche Faktoren bei der Auswahl des Antriebs sonst noch zu berücksichtigen sind. Bei einem Produkt mit festem Standort spielen die Größe und das Gewicht des Motors möglicherweise eine untergeordnete Rolle, sodass zur Leistungsoptimierung in der Anwendung auch ein größerer Antrieb infrage kommt.
Mobile beziehungsweise tragbare Produkte werden über Batterien oder Akkus mit Energie versorgt, sodass die Stromaufnahme des Motors ein wichtiges Kriterium darstellt. Je geringer die Stromaufnahme (bei Gewährleistung der notwendigen Performance), desto länger hält der Akku zwischen den Ladevorgängen. Auch möglichst geringe Größe und Gewicht werden zu einer Priorität.
Fazit
Wie wir gesehen haben, sind bei der Ermittlung der optimalen Antriebstechnologie für eine bestimmte Anwendung zahlreiche Faktoren zu berücksichtigen. Es mag einen oder mehrere wesentliche Kriterien geben, die die Auswahl der Motortechnologie einschränken. Aber erst durch sorgfältige Prüfung aller Faktoren und ihrer Auswirkungen auf die Anwendung kann die beste Motortechnologie zur Optimierung der Leistungsfähigkeit des neuen Produkts gefunden werden.