Zu viel Mehl macht den Kuchen trocken, zu viel Zucker den Kuchen ungenießbar. Selbst der beste Bäcker hält sich ans Rezept. Katharina Germer hat es bei Salutas Pharma in Barleben (Sachsen-Anhalt) zwar nicht mit süßen Leckereien zu tun. Die Tablettenherstellung vergleicht die 32-Jährige aber trotzdem gern mit der heimischen Küche: Substanzen werden abgewogen, granuliert und vermischt, anschließend zu einer Tablette gepresst, möglicherweise sogar noch mit einem Film überzogen. Bis zu 500.000 Tabletten werden so bei Salutas Pharma (Tochterunternehmen von Hexal, Sandoz-Gruppe, gehörend zur Novartis-Gruppe) pro Stunde gefahren, im Jahr verlassen etwa 9,5 Mrd. Tabletten die Produktion.
Dabei gilt: Es muss sich an das Rezept gehalten werden. Abweichungen sind – im Gegensatz zum Backrezept – nicht erlaubt. Und genau da setzt Katharina Germers Hauptaufgabe ein. „Ich kontrolliere anhand von Protokollen die Vollständigkeit und Richtigkeit der Tablettenherstellung", erklärt sie. Als Leiterin der Herstellung für die Prozessgruppe 3 prüft sie genau, ob die Richtlinien, die an Arzneimittel gestellt werden, erfüllt werden. Erst dann ist das Produkt zur Freigabe für die Verpackung bereit. Maximal zehn Tage nach Fertigstellung der Tabletten hat Katharina Germer dafür Zeit. Falls Abweichungen im Prozess vorliegen, müssen Katharina Germer oder das ihr unterstellte vierköpfige Leitungsteam dies protokollieren und bewerten. „Letzteres fällt aber nicht nur in meinen Verantwortungsbereich, das geht durch mehrere Instanzen wie zum Beispiel die sachkundigen Personen."
Neben der Funktion der Herstellungsleitung ist Katharina Germer auch als Leiterin der Prozessgruppe 3 tätig. 38 Mitarbeiter, das Leitungsteam eingeschlossen, betreut sie. Schichtpläne, Produktionspläne, Urlaubsplanung, Fehlverhalten ahnden, Teammeetings führen, Mitarbeitermotivation, Feedbackgespräche führen – die Magdeburgerin hat die Obhut über ihre Mitarbeiter. Die Doppelbelastung stellt für die 32-Jährige eine Herausforderung dar: „Die direkte Mitarbeiterführung bleibt meistens auf der Strecke", gesteht sie. Ihr Arbeitsalltag wird bestimmt durch die Dokumentenfreigabe und verschiedenen Meetings, an denen sie als Führungskraft teilnimmt. Auf den täglichen Rundgang mit ihrem Schichtleiter durch den ihr anvertrauten Produktionsbereich möchte sie dennoch nicht verzichten. Mehr als ein Mal täglich ist dies jedoch zeitlich nicht drin. Katharina Germer sieht dies aber positiv, als Kontrolleurin möchte sie nämlich nicht gelten. „Das widerstrebt mir, würde auch nicht zu meinem Naturell passen", betont die studierte Pharmatechnikerin. Ihr sei es wichtig, dass sich die Mitarbeiter in ihrem Beruf entfalten können – innerhalb der Grenzen, die sie als Prozessgruppenleiterin vorgeben muss. Für diese Haltung wird Katharina Germer von ihren Mitarbeitern geschätzt, das weiß sie.
Und doch sieht sie Potenzial für Verbesserungen. In den letzten Halbjahresgesprächen hatte sie ihre Schichtleiter um gegenseitiges Feedback gebeten. Das Ergebnis: Die Schichtleiter wünschen sich mehr Präsenz von ihrer Prozessgruppenleiterin. Diese Kritik nimmt Katharina Germer ernst, deshalb wird sie dies in ihrer Tagesplanung berücksichtigen. Denn ihre Mitarbeiter haben für sie einen großen Stellenwert. „Sie sind das Wichtigste, was ich habe. Die Mitarbeiter leisten das, was ich hinterher freigebe", betont die 32-Jährige, die seit drei Jahren Mutter ist. „Und deswegen ist es wichtig, dass wir noch enger zusammenarbeiten."
Ehrgeizige Zukunftsziele
Derzeit strukturiert Katharina Germer teamintern um. Ihr Ziel: Das Leitungsteam soll flexibler werden. „Wenn aktuell ein Mitarbeiter ausfällt, geraten alle ins Rudern", weiß sie. Das möchte sie ändern. Eine Weiterbildung im Bereich Projektmanagement schwebt ihr ebenfalls vor. So könnte sie für ihren Bereich relevante Projekte übernehmen. „Natürlich wäre dies zusätzliche Mehrarbeit neben meinen täglichen Aufgaben", ist sich Germer bewusst. Allerdings wäre dies eine zusätzliche Qualifikation, in der sich die Magdeburgerin gefordert sehen würde.
Für die Zukunft hat sie aber noch einige weitere ehrgeizige Ziele. So könnte sich Katharina Germer gut vorstellen, für ein halbes Jahr an einen Produktionsstandort der Novartis-Gruppe im Ausland versetzt zu werden – auch wenn sie hier durch ihre dreijährige Tochter eingeschränkt ist. In dem Auslandsaufenthalt sieht sie eine gute Möglichkeit, um Erfahrungen zu sammeln. Um diesen Traum irgendwann verwirklichen zu können, pflegt Katharina Germer ein Talent-Management-Profil. So können Mitarbeiter der Novartis-Gruppe nach jungen Talenten, die gefördert werden wollen, suchen und sie kontaktieren.
Und dann gibt es für sie noch die Doktorarbeit. Ende diesen Jahres möchte die studierte Pharmatechnikerin ihre Dissertation gerne abgeben. Thema: Überführung von diskontinuierlichen Granulierprozessen in der Wirbelschicht in den kontinuierlichen Modus. Aktuell sieht sie aber vor allem ein Problem: Zeitmangel. Die für die Dissertation erforderlichen Experimente hat sie bereits in ihrer zweieinhalbjährigen Tätigkeit an der Hochschule Anhalt in Bernburg durchgeführt, nun stehen noch die Literaturrecherche und das Verfassen des zweiten Hauptkapitels an. „Und wenn ich das geschafft habe, dann bin ich stolz auf mich", betont Katharina Germer, die sich selbst als einen ehrgeizigen Menschen bezeichnet – mit Hang zum Perfektionismus. Eine Eigenschaft, die sie manchmal ausbremst. Nicht immer lässt sich alles sofort zu 100 Prozent umsetzen, wie die Prozessgruppenleiterin mittlerweile weiß.
Schulerinnerungen
Diesen Ehrgeiz hat Katharina Germer bereits zu Schulzeiten an den Tag gelegt hat. Anekdoten ihrer Eltern bestätigen dies: Schon am ersten Ferientag hat sie ihren Schulranzen für den ersten Schultag gepackt, da sie nicht erwarten konnte, die Schule wieder zu besuchen. „Ich bin immer gern zur Schule gegangen, mir hat das Spaß gemacht", erinnert sie sich. Noch während der Schulzeit wusste sie, was sie wollte. Eine Führungsposition sollte es sein, in einer großen Unternehmensgruppe. Das hat sie bei Salutas Pharma geschafft. Schon ihre FH-Diplomarbeit hat sie in Kooperation mit dem Pharmaunternehmen geschrieben, nach dem Studium ging es als wissenschaftliche Mitarbeiterin aber erst einmal an die Hochschule. „Ich konnte über die Zeit aber den Kontakt zu Salutas halten, das war mir sehr wichtig", erzählt Katharina Germer. Dies hat sich für die 32-Jährige ausgezahlt. Das 2012 bei Salutas begonnene Trainee-Programm hat sie vorzeitig nach einem halben Jahr beendet – um die Leitung der Prozessgruppe und der Herstellung 2013 anzutreten. „Ich bereue dies kein bisschen", zieht sie Resümee.
Trotz ihres Ehrgeizes steht für die Magdeburgerin aber fest: Ihre Heimat verlässt sie auf Dauer nicht. „Ich liebe meine Stadt", bringt sie ihre Gefühle auf den Punkt. Sie habe in der Landeshauptstadt Sachsen-Anhalts ihren Platz gefunden, Familie und Freunde sind dort. Dies möchte sie nicht missen. Einen kleinen Abstecher außerhalb der heimischen Gefilde hat sie schon gewagt. Ein halbes Jahr war sie für ein Praktikum an der Technischen Universität München. Ihr Fazit? „München ist mir zu versnobt." In Magdeburg fühlt sie sich wohl, sie will nicht woanders hin. Nicht jetzt, auch nicht in Zukunft. Die Karriereleiter bei Salutas Pharma in Barleben würde sie aber gern noch weiter erklimmen.