Wirtschaftliche Herausforderungen und gedämpfte Konjunktur Die wirtschaftliche Lage in Deutschland

Die deutsche Wirtschaft kämpft im Frühsommer 2023 mit den Auswirkungen geopolitischer Spannungen und geldpolitischer Straffungen. Die Industrieproduktion stabilisiert sich, aber die globale Nachfrage und der Einzelhandelsumsatz bleiben schwach. Die Inflation beeinträchtigt die Kaufkraft, während der Außenhandel und der Arbeitsmarkt von Unsicherheiten geprägt sind.

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19.07.2023

Geopolitische Spannungen, geldpolitische Straffungen und eine gedämpfte Industrieproduktion prägen die wirtschaftliche Lage im Frühsommer 2023. Erfahren Sie mehr über die Herausforderungen für die deutsche Wirtschaft, die Auswirkungen auf den Außenhandel und den Arbeitsmarkt sowie die Hoffnung auf eine globale Erholung.

Die deutsche Wirtschaft befindet sich im Frühsommer 2023 nach wie vor in einem schwierigen Umfeld. Die weltwirtschaftliche Lage stellt sich angesichts der anhaltenden geopolitischen Spannungen und der zunehmend spürbaren geldpolitischen Straffungen zahlreicher Zentralbanken insgesamt noch als schwach dar.

In der Industrieproduktion zeigen sich erste Stabilisierungstendenzen, allerdings dürften die noch schwache globale Nachfrage und verhaltene inländischen Absatzperspektiven einer kräftigeren Erholung noch entgegenstehen. Insbesondere die Wertschöpfung in den energieintensiven Bereich ist trotz des Rückgangs der Energiepreise noch rückläufig, was zum Teil auf die schwache Auslandsnachfrage zurückzuführen sein dürfte.

Verhaltene wirtschaftliche Entwicklung im Frühsommer

Als binnenwirtschaftlicher Dämpfer wirken weiterhin die Kaufkraftverluste infolge der hohen, wenn auch rückläufigen Inflation, die den privaten Konsum beeinträchtigen. Die höheren Abschlüsse bei den Tariflöhnen und -gehältern in Verbindung mit der Nutzung der Inflationsausgleichsprämie verringern die Reallohnverluste jedoch spürbar und dürften sich im weiteren Verlauf auch im Einzelhandel und anderen konsumnahe Branchen bemerkbar machen.

Ein weiterer Faktor, der die wirtschaftliche Entwicklung beeinträchtigt, ist der Zinsanstieg, der die Investitionen dämpft. Insbesondere in der zinsreagiblen Bauwirtschaft deuten sich infolge der gestiegenen Zinsen spürbare Nachfragerückgänge an.

Infolge dieser Herausforderungen ist von einer insgesamt gedämpften konjunkturellen Entwicklung im laufenden Quartal auszugehen. Eine stärkere wirtschaftliche Belebung wird erst erwartet, wenn sich eine spürbare weltwirtschaftliche Erholung abzeichnet und die Kaufkraft aufgrund rückläufiger Inflation und höherer Tarifabschlüsse wieder steigt.

Welthandel entwickelt sich weiterhin schleppend

Die weltweite Industrieproduktion war im Berichtsmonat April im Vergleich zum Vormonat wieder rückläufig (-1,4 Prozent), der Welthandel lag ebenfalls mit 1,4 Prozent im Minus. Die Frühindikatoren für den Welthandel senden überwiegend positive Signale, Europa dürfte allerdings von der erwarteten Belebung weniger profitieren.

Der RWI/ISL-Containerumschlag-Index ist im Berichtsmonat Mai leicht von 122,3 auf 123,4 Punkte gestiegen und lässt (saisonbereinigt) eine moderate Erholung des Welthandels erwarten. In den chinesischen Häfen nahm der Umschlag besonders deutlich zu. In Europa gab der Nordrange-Index gegenüber April allerdings von 108,4 auf 104,1 nach. Im Juni dürfte der Welthandel laut Schiffbewegungsdaten des Kiel-Trade-Indikator etwas zunehmen.

Der IWF erwartet in den kommenden Jahren ein durchschnittliches Wachstum der Weltwirtschaft von rund drei Prozent pro Jahr, und damit eine im historischen Vergleich unterdurchschnittliche Entwicklung. Laut dem aktuellen Prognosedurchschnitt von Consensus Economics dürfte die wirtschaftliche Aktivität in wichtigen Handelspartnerländern Deutschlands in diesem Jahr nur verhalten zulegen (Euroraum: +0,6 Prozent, USA: +1,3 Prozent). Aus Asien dürften dagegen stärkere Impulse für die Weltwirtschaft kommen.

Eingeübte Aussichten für den Aussenhandel

Die nominalen Ausfuhren von Waren und Dienstleistungen sind im Mai mit -1,3 Prozent gegenüber dem Vormonat saisonbereinigt zurückgegangen (April: +1,2 Prozent). Im weniger schwankungsanfälligen Zweimonatsvergleich verringerten sie sich um 1,5 Prozent. Die Warenausfuhren in die EU- und in Nicht-EU-Länder entwickelten sich dabei gegenläufig: Während die Lieferungen in die EU um 1,5 Prozent fielen, stiegen sie in die Drittstaaten um 1,5 Prozent.

Dabei schlug sich die konjunkturelle Abschwächung in den USA in rückläufigen Exporten dorthin nieder, die Nachfrage aus China und dem Vereinigten Königreich nahm dagegen zu. Die nominalen Einfuhren von Waren und Dienstleistungen nahmen im Mai gegenüber April 2023 um 0,1 Prozent ab, im Zweimonatsvergleich sogar um 1,8 Prozent. Die Lieferungen von Waren aus der EU expandierten um 3,5 Prozent, aus den übrigen Ländern wurde im Mai etwas weniger als im Vormonat importiert (-0,3 Prozent).

Infolge der günstigeren Entwicklung der Importe im Vergleich zu den Exporten ist der monatliche Handelsbilanzüberschuss zuletzt etwas geschrumpft – von 13,5 Milliarden Euro im April auf 11,6 Milliarden Euro im Mai.

Außenhandelspreise stabil, aber Exporterwartungen trüben sich ein

Bei den Außenhandelspreisen machen sich weiterhin die niedrigeren Energie- und Rohstoffpreise sowie die Entspannung bei den Lieferkettenstörungen bemerkbar. Die Terms of Trade verbesserten sich im Mai um +1,0 Prozent gegenüber dem Vormonat, da sich die Einfuhren erneut stärker verbilligten (-1,4 Prozent) als die Ausfuhren (-0,4 Prozent). In realer Betrachtung dürfte der Rückgang der Exporte im Mai also etwas schwächer ausgefallen sein, die Importe dürften real zugenommen haben.

Die Frühindikatoren zeichnen derzeit ein gemischtes Bild für die weitere Exportentwicklung: Der Stimmungsindikator von S&P Global liegt seit Februar über der Wachstumsschwelle von 50 Punkten, ist im Juni aber um 1,7 Punkte auf einen Wert von 52,7 gefallen. Sowohl in der stärker exportorientierten Industrie als auch bei den Dienstleistern hat sich die Stimmung etwas eingetrübt.

Auch die Ifo-Exporterwartungen haben sich im Juni mit einem Saldo von ‑5,6 weiter verschlechtert. Schon im Mai war der Indikator nach einem Zwischenhoch im April auf +1,0 gefallen. Im zweiten Quartal liegen die Exporterwartungen per Saldo damit nur noch leicht im Plus und deuten auf einen nur verhaltenen Anstieg hin. Der Kiel-Trade-Indikator signalisiert aktuell für den Juni einen leichten Rückgang der (realen) deutschen Exporte.

Weitere Stabilisierung der Industrieproduktion und deutlicher Anstieg der Nachfrage

Die Produktion im Produzierenden Gewerbe ist nach Angaben des Statistischen Bundesamtes im Mai gegenüber dem Vormonat um 0,2 Prozent gefallen, nachdem sie im April um 0,3 Prozent zugelegt hatte. Während die Produktion in der Industrie nach dem merklichen Plus im Vormonat (aufwärtsrevidiert von +0,1 auf +0,5 Prozent) im Mai erneut leicht um 0,2 Prozent ausgeweitet wurde, dämpfte vor allem ein kräftiges Minus von 7,0 Prozent im Bereich der Energie. Auch im Baugewerbe kam es nach dem Anstieg im Vormonat zu einer Abnahme um 0,4 Prozent.

Innerhalb der Industrie war im Mai in den einzelnen Wirtschaftszweigen eine unterschiedliche Entwicklung zu beobachten: Der gewichtige Bereich Kfz und Kfz-Teile meldete ein Plus von 4,9 Prozent, der ebenfalls bedeutsame Maschinenbau hingegen ein Minus von 0,5 Prozent. Zu einer besonders kräftigen Abnahme kam es bei der Herstellung von pharmazeutischen Erzeugnissen (-13,1 Prozent).

Auch bei den besonders energie-intensiven Wirtschaftszweigen kam es insgesamt erneut zu einem Rückgang um 1,4 Prozent, wobei Rückgängen bei chemischen Erzeugnissen (-0,5 Prozent), Metallerzeugung und -bearbeitung (-1,5 Prozent), Glas, Glaswaren und Keramik (-3,1 Prozent) sowie Kokerei und Mineralölverarbeitung (-10,5 Prozent) Zuwächse in den Bereichen Papier und Pappe (+1,2 Prozent) sowie Metallerzeugnisse (+0,1 Prozent) gegenüber standen.

Auftragseingänge steigen deutlich an und stabilisieren die Industrieproduktion

Die Auftragseingänge im Verarbeitenden Gewerbe legten im Mai gegenüber dem Vormonat mit +6,4 Prozent deutlich zu, nach einem starken Einbruch im März (-10,9 Prozent) und einer Seitwärtsbewegung im April (+0,2 Prozent). Wie schon im April war der Auftragseingang im Vormonatsvergleich stark durch Schwankungen bei Großaufträgen geprägt; ohne diese betrug das Plus nur +3,2 Prozent.

Die Zuwächse verteilten sich gleichmäßig über die Inlands- und Auslandsnachfrage: Nach Rückgängen im März und April nahmen die Bestellungen aus dem Ausland wieder spürbar zu (+6,4 Prozent), wobei besonders die Nachfrage aus dem Euroraum zuletzt wieder anzog (+6,5 Prozent). Auch die Inlandsaufträge stiegen im Mai wieder deutlich (+6,2 Prozent).

Die Produktion in der Industrie hat sich damit weiter stabilisiert und liegt im Mai wieder auf ihrem durchschnittlichen Niveau im ersten Quartal 2023. Dabei sind bei den Konsum- und den Investitionsgütern Zuwächse zu verzeichnen, während bei den Vorleistungsgütern das Niveau vom ersten Quartal noch nicht wieder erreicht wird. Trotz der eingetrübten Stimmung in den Unternehmen deutet die jüngste Stabilisierung der Nachfrage auf eine – wenn auch zunächst moderate – Erholung der Industriekonjunktur in den kommenden Monaten hin.

Einzelhandelsumsatz legt weiter leicht zu, aber die Stimmung bleibt zurückhaltend

Die Umsätze im Einzelhandel ohne Kfz erhöhten sich im Mai gegenüber dem Vormonat zum zweiten Mal in Folge leicht. Sie nahmen im Mai um 0,4 Prozent zu, nach einem Anstieg von 0,7 Prozent im April. Im Vergleich zum Mai 2022 meldete der Einzelhandel allerdings ein reales Umsatzminus von 3,6 Prozent, was vor allem die hohen Preissteigerungen widerspiegelt. Der Handel mit Lebensmitteln verzeichnete im Mai im Vergleich zum Vormonat einen Rückgang des Umsatzes um 1,4 Prozent, gegenüber dem Vorjahresmonat war der Rückgang noch deutlicher (-4,3 Prozent).

Damit ist der Umsatz im Einzelhandel mit Lebensmitteln seit 23 Monaten in Folge im Vorjahresvergleich rückläufig. Die Preise für Nahrungsmittel haben sich zwar im Mai gegenüber dem Vormonat um 0,3 Prozent verringert (Juni: -0,2 Prozent), aber im Vorjahresvergleich ergab sich mit +14,9 Prozent (Juni: +13,7 Prozent) immer noch eine sehr hohe Preissteigerung. Nach wie vor sind die Nahrungsmittel der stärkste Treiber der Verbraucherpreise. Der Internet- und Versandhandel ging im Mai um 3,1 Prozent zurück (gegenüber Vorjahresmonat -6,8 Prozent).

Verhaltene Entwicklung bei Pkw-Neuzulassungen und privatem Konsum

Die Neuzulassungen von Pkw durch private Halter haben sich im Juni um 1,6 Prozent verringert, nachdem sie im Mai um 2,9 Prozent gestiegen waren. Die Entwicklung dürfte nach wie vor auch noch von der verringerten staatlichen Förderung für E-Fahrzeuge geprägt sein.

Die Frühindikatoren für die Stimmung unter den Verbrauchern sprechen für eine verhaltene Entwicklung: Die Stimmung unter den privaten Konsumenten wird laut Prognose von GfK im Juli wieder einen kleineren Rückschlag erleiden, nachdem sie sich zuvor acht Mal in Folge von äußerst niedrigem Niveau erholt hatte.

Auch das Ifo-Geschäftsklima im Einzelhandel hat sich im Juni nach Verbesserungen in den Vormonaten wieder leicht verschlechtert. Die Geschäftserwartungen liegen dabei weiterhin tief im negativen Bereich. Die Frühindikatoren deuten somit darauf hin, dass vom privaten Konsum in realer Betrachtung in den kommenden Monaten keine größeren Wachstumsimpulse zu erwarten sind. Die privaten Konsumenten sind weiter verunsichert und durch die nach wie vor hohe Inflation in ihrer Kaufkraft eingeschränkt.

Erhöhte Inflationsrate aufgrund von Einmaleffekten

Die Inflationsrate (Preisniveauanstieg binnen Jahresfrist) hat sich im Juni leicht auf +6,4 Prozent erhöht (Mai: +6,1 Prozent). Verantwortlich für diesen Anstieg nach rückläufiger Tendenz seit März sind Basiseffekte: Zwischen Juni und August 2022 hatten der Tankrabatt und das Neun-Euro-Ticket die Inflation vorübergehend gesenkt. Der Wegfall dieser Vergünstigungen lässt das Preisniveau nun im Vorjahresvergleich höher erscheinen. Die Kernrate (ohne Energie und Nahrungsmittel) erhöhte sich im Juni auf 5,8 Prozent (Mai: +5,4 Prozent; gegenüber Vormonat: +0,4 Prozent).

Nahrungsmittel verteuerten sich gegenüber dem Vorjahresmonat erneut überproportional (+13,7 Prozent), allerdings ließ der Preisauftrieb hier weiter nach (Mai: + 14,9 Prozent, April: +17,2 Prozent). Die Energiepreise legten im Juni mit +3,0 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat deutlich weniger stark zu als der Gesamtindex.

Einerseits sind die Energiepreise auf den Weltmärkten im Vergleich zu 2022 deutlich rückläufig und die hohen Energiepreissteigerungen im Zuge des russischen Angriffs auf die Ukraine fallen seit März aus dem Vorjahresvergleich heraus (Basiseffekt). Andererseits haben die Maßnahmen aus dem dritten Entlastungspaket preisdämpfend gewirkt.

Energiepreise im Fokus und abnehmende Preisdynamik in der Wirtschaft

Der Preisdruck von Seiten der Energieträger hat zuletzt wieder etwas zugenommen. An den Spotmärkten sind die Preise für Erdgas gestiegen: Aktuell liegt der TTF Base Load mit 34 Euro/MWh aber noch 62 Prozent unter dem Niveau des Vorjahres beziehungsweise 5 Prozent des Vormonats. Zum Rückgang im Vergleich zu den Höchstständen von über 300 Euro/MWh im August 2022 haben die anhaltenden Einsparungen, der überwiegend milden Witterung und die recht hohen Füllstände beigetragen.

Die Markterwartungen deuten allerdings darauf hin, dass die Erdgaspreise in den kommenden Quartalen wieder auf etwa 50 Euro/MWh steigen. Erst 2027 dürften sie sich gemäß der Future-Preise beim Vorkrisenniveau einpendeln. Aufgrund der Energiepreisentwicklung zeigt sich auf den vorgelagerten Wirtschaftsstufen eine nachlassende Preisdynamik. Die Erzeugerpreise sind im Mai nur noch um 1,0 Prozent gegenüber Vorjahresmonat gestiegen (April: +4,1 Prozent).

Damit war die Erzeugerpreisinflation so gering wie seit Januar 2021 nicht mehr. Gegenüber dem Vormonat nahmen die Erzeugerpreise ab (‑1,4 Prozent). Die Einfuhrpreise gingen im Mai mit ‑9,1 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat kräftig zurück (‑1,4 Prozent gegenüber Vormonat). Auch die Verkaufspreise im Großhandel gaben im Mai sowohl im Vormonats- (‑1,1 Prozent) als auch im Vorjahresvergleich (‑2,6 Prozent) nach.

Für die nächsten Monate wird eine immer noch hohe, aber abnehmende Inflation erwartet. Angebotsseitige Preistreiber, zum Beispiel Lieferkettenstörungen oder die Weitergabe vergangener Kostensteigerungen, lassen weiter nach, gleichzeitig dämpft die geldpolitische Straffung nachfrageseitig.

Allerdings dürfte es ab Juli zu einem weiteren aufwärtsgerichteten Basiseffekt durch die Abschaffung der EEG-Umlage ab Juli 2022 kommen. Von Oktober 2023 bis März 2024 dürfte sich zudem die Absenkung des Mehrwertsteuersatzes auf Gas und Fernwärme ein Jahr zuvor bemerkbar machen. Gemäß dem aktuellen Prognosespektrum der Institute dürfte die Inflation in diesem Jahr bei 5,5 bis 6,0 Prozent liegen und 2024 bei 2,0 bis 3,1 Prozent.

Wirtschaftliche Schwächephase zeigt sich zunehmend am Arbeitsmarkt

Im Juni trübte sich die Situation am Arbeitsmarkt infolge der wirtschaftlichen Abschwächung spürbar ein: Die registrierte Arbeitslosigkeit erhöhte sich saisonbereinigt (sb) um 28.000 Personen. Ein Anstieg dieser Höhe ist im Juni ungewöhnlich, normalerweise sorgt die Frühjahrsbelebung für einen Rückgang. Fluchtmigration wirkt sich hier nicht mehr aus, der Anstieg ist vor allem konjunkturell bedingt.

Die Erwerbstätigkeit sank im Mai leicht um 1.000 Personen (sb), die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung stagnierte im April (sb +0 Personen). Damit endet vorerst der kräftige Beschäftigungsaufbau der letzten Monate. Die Kurzarbeit war dagegen erneut rückläufig. Auch die Frühindikatoren von IAB und ifo haben sich im Juni weiter eingetrübt.

Nur noch der Dienstleistungssektor plant weitere Einstellungen, Industrie und Handel erwarten Rückgänge. Auch die Zahl der gemeldeten Stellen sank. Ihr Bestand liegt aber immer noch auf hohem Niveau, weil es Unternehmen schwerfällt, das passende Personal zu finden. Die schwache Konjunktur hinterlässt somit erste Bremsspuren am Arbeitsmarkt. Eine Erholung ist erst zu erwarten, wenn die Konjunktur wieder Fahrt aufnimmt. Von sprunghaft steigender Arbeitslosigkeit ist aber nicht auszugehen.

Die Unternehmen stellen sich darauf ein, dass sich der Fachkräftemangel mittelfristig aufgrund von Demografie, Digitalisierung und Dekarbonisierung weiter verschärfen wird. Der Bestand an gemeldeten Arbeitsstellen belief sich im Juni auf 769.000, was im längerfristigen Vergleich weiterhin recht hoch ist. Gleichzeitig spiegelt die lange Vakanzzeit, also die Zeitspanne zwischen gewünschtem Besetzungstermin und Stellenabgang, die Schwierigkeiten vieler Betriebe wieder, zeitnah passende Arbeits- und Fachkräfte zu gewinnen.

Insolvenzen auch im Frühjahr 2023 auf erhöhtem Niveau

In den ersten vier Monaten des Jahres 2023 gab es mit insgesamt 5.545 Unternehmensinsolvenzen einen Anstieg in der amtlichen Insolvenzstatistik um 17,2 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Im April 2023 lag der Wert mit 1.428 Unternehmensinsolvenzen um 14,4 Prozent höher als im April 2022.

Das Insolvenzgeschehen nimmt seit der zweiten Jahreshälfte 2022 im Trendverlauf kontinuierlich zu, allerdings ausgehend von einem sehr niedrigen Niveau. Die Folgen des Krieges in der Ukraine, die zwischenzeitlich drastisch gestiegenen Energiepreise und die weiterhin hohen Inflationsraten stellen für viele Unternehmen Belastungen dar, deren Auswirkungen auf das Insolvenzgeschehen in den nächsten Monaten nur schwer abzuschätzen sind.

Als Frühindikator gibt die Zahl der beantragten Regelinsolvenzen Hinweise auf die künftige Entwicklung der Unternehmensinsolvenzen. Diese sind nach vorläufigen Angaben des Statistischen Bundesamtes im Juni 2023 um 2,2 Prozent gegenüber Mai 2023 und im Vergleich zum Vorjahresmonat um 13,9 Prozent angestiegen.

Laut IWH-Insolvenztrend ist die Zahl der Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften auf den höchsten Wert seit 2016 gestiegen. Die Zahl der Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften lag im Juni bei 1.050 und damit um 48,1 Prozent höher als im Juni 2022. Für die kommenden Monate wird allerdings ein leichter Rückgang erwartet.

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