Ackermanns Seitenblicke Die Zukunft duldet keinen Aufschub

Solange es die Elektronikindustrie gibt, begleitet Roland Ackermann sie. Unter anderem als Chefredakteur, Verlagsleiter und Macher des „Technischen Reports“ im Bayrischen Rundfunk prägt er die Branche seit den späten 1950er-Jahren mit.

Bild: Roland Ackermann
30.06.2016

Das ist leider banal: Kein Erfolg hält ewig, und nichts ist trügerischer, als sich auf einer Führungsposition auszuruhen. Schnell ist ein Trend verpasst und ob sich Investitionen lohnen, stellt sich meist erst hinterher heraus. Die unvermeidlichen Flops muss man sich leisten können. Das zeigt sich nirgends deutlicher als in der Elektronik und der IT.

Ich hab´s oft genug erlebt: Keine Dominanz ist so mächtig, als dass sie nicht doch, früher oder später, abgelöst werden könnte. Durch Mitbewerber, die auf ein frisches Pferd gesetzt hatten; durch neue Ideen und Technologien, die zunächst geringgeschätzt wurden, oder durch geändertes Verbraucherverhalten. Wer längerfristig an der Spitze bleiben will, muss sich – vom Gipfel aus – unablässig mit der Entwicklung und Veränderung des Marktes auseinandersetzen, muss Neuentwicklungen aufgeschlossen bewerten und sich entsprechend anpassen – auch wenn es aufwändig und lästig ist.

Nehmen wir als Beispiel Intel: Der langjährige Prozessorvorreiter und nach wie vor Weltmarktführer bei Halbleitern muss sich, nachdem man die Mobilgeräte etwas verschlafen hatte, angesichts des verblühenden PC-Kernmarkts und des Aufkommens von IoT, smarten Lösungen und von Heimnetzwerken sowie der Elektronikinvasion in der Industrie, im Auto sowie im Gesundheitswesen neu aufstellen, um weiter vorn zu bleiben. Die fast zwangsläufige Folge sind nicht nur Akquisitionen und Umorganisationen, sondern auch der Abbau von Stellen.

Dabei gerät das Unternehmen in eine Zwickmühle: Man kann eine Chip-Architektur wie x86 nicht einfach in den Wind schießen, auch wenn die Zukunftspläne zum Teil mit anderen, inzwischen als Open Source erhältlichen Angeboten leichter zu verwirklichen wären. Denn man ist seinen Anwendern gegenüber verpflichtet, die x86-Kultur möglichst lange aufrechtzuerhalten, weil Tausende von IT-Anbietern, Geräten und Geschäftsmodellen auf dieser CPU-Familie basieren. Hingegen wird man fertigungstechnisch zwar weiter modernisieren, aber das Tick-Tock-Modell verlassen (jeder Änderung der Prozessor-Mikroarchitektur folgte 18 Monate später der nächste Sprung im Fertigungsprozess), weil es angesichts der Annäherung an physikalische Grenzen kaum mehr wirtschaftlich finanzierbar ist. Das Ende von Moore´s Law naht.

Natürlich wird Intel auf absehbare Zeit weiter- und überleben. Auf der Computex Anfang Juni in Taipeh wurde mit dem Core i7 Extreme Edition der bislang leistungsfähigste Mega-Tasking-Desktop-Prozessor überhaupt vorgestellt. Doch darf man gespannt sein, wie CEO Brian Krzanich das langfristige Überleben sicherstellen will. Zum einen gewiss durch starke personelle Veränderungen: Neben dem Abgang von altgedienten Veteranen die Einstellung von Murthy Renduchintala (Ex-Co-Präsident von Qualcomm) als Präsident der umsatzstärksten Umbrella Division Client, IoT Businesses sowie Systemarchitektur. Er soll, wohl mit dem Marschallstab im Tornister, Technologie, Technik, Produktentwicklung und die Ausrichtung der Geschäftsbereiche abstimmen und so das Wachstum in der smarten und vernetzten Zukunftswelt beschleunigen.

Sollte sich Intel im vielversprechenden IoT-Markt zu langsam oder in die falsche Richtung bewegen, könnte sich der Halbleitergigant auf eine starke Position in einem schrumpfenden und sich wandelnden PC- und Server-orientierten Markt zurückverwiesen sehen. Die Konkurrenz, weniger AMD als vielmehr Nvidia, Broadcom und Qualcomm, die Schar von ARM-basierten MCU-Lösungsanbietern sowie Google & Co., würde sich freuen.

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