Lithium-Ionen-Batterien sind ein Wachstumsmarkt. Schätzungen der Unternehmensberatung McKinsey zufolge werden im Jahr 2040 allein in Europa 80 Gigafactories benötigt, um elektrisch angetriebene Pkw, Busse und Lkw auszustatten. Die Herstellung der Zellen – im Falle eines Pkws mit zylindrischen Zellen benötigt man pro Batterie aktuell 7.000 bis 10.000 Stück – ist nicht nur energie-, sondern auch ressourcenintensiv: Die Zellen enthalten neben Lithium auch Nickel, Mangan und Cobalt, Graphit, Polymere und Elektrolyte.
Die Autoren des „Handbook on Smart Cell Manufacturing“ am Fraunhofer IPA haben ausgerechnet, dass bereits der Betrieb von 40 Gigafactories ein Energieäquivalent von sieben Atomkraftwerken benötigen wird. Die Energie für die Gewinnung der Rohstoffe und der Transport zu den Fabriken ist dabei noch nicht berücksichtigt.
„Um die Produktion effizient und nachhaltig zu gestalten, muss die Batteriezellenfertigung unbedingt optimiert werden“, erklärt Prof. Kai Peter Birke, Leiter Elektrische Energiespeichersysteme an der Universität Stuttgart und Leiter des Zentrums für digitalisierte Batteriezellproduktion am Fraunhofer IPA und Editor des Buches. „Die Batteriezellenproduktion ist heute zum großen Teil immer noch auf einem Stand, auf dem die Automobilindustrie in den 1960er Jahren war: Man probiert Dinge aus, wartet ab, ob sie sich in der Praxis bewähren und justiert dann den Fertigungsprozess nach. Diese Trial-and-Error-Methode ist nicht nur sehr ineffizient, sondern auch langwierig und mit dem Verbrauch von Energie und Ressourcen verbunden.“
Ausschuss vermeiden, Energie einsparen
So fallen bei der Produktion von Batteriezellen bisher 6 Prozent bis 16 Prozent Ausschuss an, der sortiert, abtransportiert und entsorgt werden muss. „Jedes Prozent das wir hier einsparen können, ist ein Gewinn für die Unternehmen und für die Umwelt“, betont der Forscher und Manager. „Dasselbe gilt für die Energie: Je effizienter eine Fabrik arbeitet, desto geringer sind die Stromkosten und – wenn fossile Energieträger genutzt werden – die Emissionen an Treibhausgasen.“
Der Schlüssel zu einer ressourcenschonenden und energieeffizienten Produktion von Batteriezellen ist die Digitalisierung, davon ist das Autorenteam überzeugt. Durch digitalisierte Produktionssteuerung lassen sich nicht nur die Fertigungsprozesse beschleunigen und flexibel an Kundenwünsche anpassen, sondern auch Qualitätsmängel frühzeitig aufspüren: Bauteile, die nicht den Kriterien entsprechen, können aussortiert werden, durch digitale Fehleranalyse lassen sich außerdem schnell die Ursachen der mangelnden Produktqualität identifizieren und Herstellungsprozesse nachjustieren. Das spart Zeit, Material und Energie.
„Die Daten, die während der Produktion gesammelt werden, lassen sich anschließend nutzen, um für jede Zelle einen Steckbrief zu erstellen, der sie ein ganzes Produktleben lang begleitet“, erläutert Birke. Ein solcher Steckbrief würde beispielsweise die Informationen enthalten, aus welchen Materialien die Zelle gefertigt wurde, aus welchen Substanzen die Elektroden bestehen und wie viel Elektrolyt zugegeben wurde – speziell hierfür wurde am Fraunhofer IPA ein intelligenter Werkstück-Träger entwickelt, der beispielsweise das Gewicht digital bestimmt.
Digitale Steckbriefe helfen sparen
Tatsächlich würde ein solcher digitaler Steckbrief, der über einen QR-Code auf der Oberfläche der Zelle abrufbar wäre, helfen, diese effizienter zu nutzen, betont Birke: „Die Lebensdauer der fertigen Akkus hängt ab von der Kapazität der Einzelzellen – je geringer die Kapazitätsunterschiede sind, desto länger lebt die Batterie. Wenn die Hersteller von Akkus dank der digitalen Steckbriefe die Kapazitäten jeder Einzelzelle kennen, können sie diese gezielt auswählen und zu hochqualitativen Akkus verbinden.“
Im laufenden Betrieb würde der Steckbrief dem Batteriemanagementsystem helfen, den Ladeprozess so zu steuern, dass die einzelnen Zellen möglichst gut ausgelastet werden. Die Informationen vom Batteriemanagementsystem wiederum, das auch die Performance der Zellen ermittelt, wäre hilfreich für die Recycler, die die leistungsfähigsten Zellen für eine Second-Life-Verwendung aussortieren wollen. Der Rest ließe sich sortenrein zerlegen und einer neuen Nutzung zuführen.
„Eine solche umfassende Digitalisierung des gesamten Lebenszyklus ist derzeit noch Zukunftsmusik“, betont Birke. „Unsere Untersuchungen zeigen jedoch, dass sich die Investitionen in den digitalen Transformationsprozess für die Hersteller erheblich auszahlen, weil sie nicht nur Material- und Energiekosten sparen, sondern auch ihre Produkte verbessern könnten.“