Mit Netilion entwickelten Sie einen digitalen Werkzeugkasten für Prozessanlagen. Können sie kurz die Funktionsweise des IIoT-Ökosystems erläutern?
Mit dem Schwerpunkt auf Nutzung und Verwaltung von Assets haben wir das Ökosystem Netilion entwickelt, das aus den folgenden Stufen besteht: der Feldgeräteebene, einer Konnektivitätsebene mit ihren Edge Devices beziehungsweise Field Gates und Adaptern, der Plattformebene mit einem zentralen Hub für die Speicherung und Verarbeitung von Asset-Lifecycle-Management-Daten und schließlich der Anwendungsebene mit den jeweiligen IIoT-Service-Apps. Anwendungen und Systemkomponenten von Netilion vereinfachen die Verwaltung und Wartung von Anlagen deutlich. Die Netilion-Scanner-App ermöglichen eine einfache Erfassung der installierten Basis. Daraufhin stellt der Online-Dienst Netilion Analytics einen Überblick über die verbauten Feldgeräte dar. Der Online-Dienst Netilion Health visualisiert und interpretiert den Gerätestatus der installierten Geräte, sodass eine reaktionsschnelle Wartung bei Unregelmäßigkeiten ermöglicht wird. Mit Netilion Library bietet Endress+Hauser einen Datenmanagement-Online-Dienst für den ganzen Lebenszyklus der Messstelle an. Über eine standardisierte Schnittstelle, eine API, kann ebenso die Integration unserer Anwendungen in die Kundenprozesse erfolgen.
Wie groß ist der Kundenwunsch nach der Verknüpfung von Sensorik und Online-Diensten?
Die Digitalisierung trifft dann den Kern eines Unternehmens, wenn sie fixer Teil der Produkte und damit des Nutzenversprechens für den Kunden wird. Genau das ist bei unserem Füllstandssensor FWR30 in Kombination mit dem Online-Dienst Netilion Value der Fall. Die Digitalisierung ist kein eigenes Geschäftsfeld, sondern eine Technologie.
Welche Potenziale sehen Sie in der Auslesung von Daten in den Anlagen?
Entscheidend bei der Umsetzung digitaler Lösungen in verfahrenstechnischen Prozessen ist es, zunächst die relevanten Daten aus dem Prozess zu holen. Möglichst viele, divers und umfassend, um beispielsweise Big-Data-Ansätze zu realisieren. Die Voraussetzungen hierfür sind günstig. Schon heute sind etwa 90 Prozent der Feldgeräte von Endress+Hauser aufgrund ihrer Diagnosefunktionen und digitalen Schnittstellen „smart“. Derzeit werden aber 97 Prozent der Daten aus der Feldebene nicht genutzt. Ziel muss es also sein, relevante Daten auszulesen und sinnvoll aufzubereiten, sodass für den Anwender aus reinen Daten nutzbringende Informationen werden.
Dieses Interview war Teil unserer Titelreportage der P&A-Ausgabe 6.2020. Hier geht es zur zugehörigen Titelstory.