Interview über Engineering in der industriellen Bildverarbeitung „Ein gutes Bild ist sehr komplex“

Markus Damaschke, Geschäftsführer von di-soric Solutions

Bild: A&D
28.03.2018

In der Praxis steigt die Komplexität einer funktionierenden Lösung in der industriellen Bildverarbeitung durch die hohen Anforderungen der Kunden. Engineering-Dienstleistungen sowie die Implementierung der Bildverarbeitungs- oder Identifikationslösung in Anlagen sind deshalb mehr gefragt denn je, wie Markus Damaschke, Geschäftsführer von di-soric Solutions, im Gespräch mit A&D betont.

Ihr Unternehmen heißt di-soric Solutions. Was bedeutet für Sie "Solutions" im IBV-Bereich?

Das Wort "Solutions" wurde mit Bedacht ausgesucht. Es gibt eine Vielzahl von Komponentenherstellern und Integratoren, aber nur sehr wenige, die Bildverarbeitungssysteme produzieren und vollumfänglich integrieren. Unter Solutions verstehen wir, dass wir für den Kunden als Lösung nicht nur eine Komponente bereitstellen, sondern eine komplette und umfassende Automatisierungslösung. Wir kümmern uns also darum, die Bildverarbeitung in die bestehende Automatisierungsumgebung einzufügen. Idealerweise sind wir schon in der Projektierungsphase eingebunden, um Hinweise auf Verbesserungen oder mögliche Hürden zu liefern, die die Anlage am Ende besser machen.

Engineered Solutions hat viel mit Beratung, Voruntersuchung und Machbarkeitsstudien zu tun. Der Kunde möchte ja am Anfang wissen, wie lang die Implementierung dauert und was für Kosten auf ihn zukommen. Wie gehen Sie ein typisches Projekt an?

Sie haben den Kern getroffen, es geht um Machbarkeitsstudien. Wir beginnen aber mit dem Consulting. Das heißt, wir sind beim Kunden vor Ort und überlegen gemeinsam, welche Lösung er benötigt, welcher Schmerz ihn derzeit plagt und welchen Impact es bewirken würde, wenn wir ihm eine Lösung bereitstellen. Wir wollen nicht um jeden Preis etwas verkaufen, sondern sicherstellen, dass unsere Lösung in einem guten Verhältnis zum ROI steht und dem Kunden einen eindeutigen Mehrwert und Nutzen bietet. Am Anfang erfolgt immer die Aufnahme der Ist-Situation beziehungsweise der Schwierigkeiten, welche beim aktuellen System vorliegen. Manchmal stellen wir fest, dass schon ein einfaches Umstellen eines Produktionsprozesses oder das Addieren von Sensorik zu einer Lösung führt. Wir kommen aber auch stellenweise zu der Erkenntnis einer falschen Projektierung in der Vergangenheit. Hier hilft dann nur eine komplettes Redesign einer Bildverarbeitungslösung, damit die Produkte in der geforderten Zeit und Menge die Maschinen bei höchster Qualität verlassen können.

Unterschätzen viele Unternehmen die Komplexität einer funktionierenden IBV-Lösung?

Ein Großteil unserer Kunden hat die Komplexität erkannt und sie wissen, dass es nicht mehr ausreicht, einfach nur "ein paar Bildsensoren" zu verbauen. Es wird Flexibilität und eine allumfängliche Qualitätsprüfung bei hoher Flexibilität in der Fertigung gefordert. Wir erfahren deshalb viel Zulauf von Kunden, die aufgrund von Protokoll- und Dokumentationszwängen eine umfangreiche Bildverarbeitungs- und Identifikationslösung benötigen.

Aber wird die Bildverarbeitung durch standardisierte Schnittstellen, fertige Software-Bibliotheken und smarte Kameras nicht viel einfacher?

Ich denke, dass wir derzeit an einem Scheideweg sind. In den letzten Jahren wurde die Standardisierung sehr weit vorangetrieben. Durch Industrie 4.0 sehen wir paradoxerweise jedoch auch ein höheres Maß an Individualität beim Kunden. Natürlich gebe ich Ihnen Recht: Die standardisierten Schnittstellen sind vorhanden, aber Sie müssen diese auch bedienen können. Hierfür haben wir ein eigenes Framework geschaffen. Hinsichtlich der Gestaltung der Bedieneroberfläche wächst die Individualität massiv. Selbstverständlich schlagen wir dem Kunden standardisierte Oberflächen vor. Über 80 Prozent unserer Kunden wollen jedoch eine auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene Variante, welche Ihrem Standard bzw. Anforderungen entspricht.

Das liegt auch daran, dass wir bereits in der Voruntersuchung alle wichtigen Parteien beim Kunden einschalten. Aus unserer Sicht gibt es nichts Fataleres bei IBV-Projekten, als das Qualitätswesen, die Ingenieure und die Mitarbeiter am Band außen vor zu lassen. Absolut zwingend aus unserer Sicht ist auch die Einbindung der IT-Abteilung zur Sicherstellung der korrekten Übertragung und Speicherung aller gewonnenen Daten in das EDV-System unserer Kunden.

Sie haben bei di-soric ein umfassendes Angebot an Kameras, Beleuchtung, Software und Zubehör. Ist es ein Vorteil, alles aus einer Hand anbieten zu können?

Es ist nicht unser Anspruch, bei IBV-Projekten alles mit unseren Produkten zu besetzen. Gemäß unserem Claim "Solutions.Clever.Practical" ist es nur sinnig, Komponenten zu verwenden, die man selbst nicht im Angebot hat, wenn diese durchweg für die Erstellung der bestmöglichen Lösung passender sind. Im Vordergrund muss immer die ideale Lösung für den Kunden stehen, Der entscheidende USP für den Kunden ist, einen einzigen kompetenten Ansprechpartner für alles - Komponenten und Lösung- zu haben. di-soric Solutions stellt nicht nur die passenden Komponenten zur Verfügung, sondern steht für das ganze Projekt bis zum erfolgreichen Abschluss bereit. Der Kunde hat somit einen Ansprechpartner für alle Anfragen von Komponenten bis zur integrierten Lösung.

Zu Ihrem Portfolio zählt auch die Integration der erarbeiteten Lösung in die Anlage des Kunden. Binden Sie hier Dienstleister ein?

Wir sind in der glücklichen Lage, auf allen für uns wichtigen Gebieten Kompetenzträger zu haben. Allerdings wollen und können wir nicht alles selbst machen, wie beispielsweise mechanische Arbeiten. Darum haben wir uns mit Maschinenbaufirmen zusammengeschlossen, die auf die Realisierung von Sondermaschinen spezialisiert sind. Das versetzt uns in die Lage, eine vollständige Prüfmaschine liefern zu können. Als Kunde erhalten sie demnach nicht nur die Bildverarbeitung von uns, sondern die komplette Prüftechnik fertig installiert in ihrer Produktionslinie. Die Nachfrage steigt massiv an, denn der Kunde möchte einen Ansprechpartner für alles.

Vermessen, Teileerfassung, Teileführung, Qualitätskontrolle, Vollständigkeitsprüfung, Codelesen und Verifizieren: Können Sie immer auf eine Software-Basis zurückgreifen?

Nein, wir greifen hier auf verschiedene etablierte Software-Plattformen zurück und streben ebenso eine Wiederverwendung der einzelnen Funktionsblöcke an. Wenn das die Applikation zulässt, erhält der Kunde hierdurch ein sehr lukratives Angebot. Außerdem verkürzen sich die Zeiten für das Engineering und die Entwicklung erheblich. Je individueller die Wünsche oder Anforderungen sind, desto mehr müssen wir aber in das Engineering investieren.

Wie geschlossen sind denn Ihre Anwendungen und kann der Kunde noch selbst justieren?

Das hängt vom Kundenwunsch ab. Wir haben Auftraggeber, die nicht wollen, dass Mitarbeiter am Band etwas einstellen und damit ändern können. Stellenweise geht es sogar so weit, dass wir die Einstellmöglichkeiten an den Beleuchtungen selbst sichern müssen. Wir erfragen bereits in der Bestandsanalyse, inwieweit das System offen für eigene Anpassungen sein soll. Unterm Strich werden wir dem Kunden immer das System liefern, das er braucht und erwartet. Allerdings sperren wie die Anwendungen nie so, dass der Kunde bei jeder Wiederverwendung erneut Lizenzgebühren für eine Freischaltung zahlen muss. Wenn die Softwareentwicklung einmal erstellt worden ist, kann der Kunde die Anwendung auch beliebig oft ausrollen.

Was sind die nächsten Schritte bei di-soric Solutions?

Wir wollen vor allem unsere Programmbreite und unsere Programmtiefe in der Bildverarbeitung noch weiter ausbauen. Dazu werden wir mit weiteren Systemen auf den Markt kommen, welche branchenspezifisch zugeschnitten sind. Ziel ist es, den Kunden immer ein System zu liefern, mit dem sie sehr schnell selbst klarkommen und welches unseren Kunden einen eindeutigen Nutzen bereitstellt.

Warum sollen Kunden Sie als Partner für IBV-Projekte wählen?

Weil man bei uns die komplette Lösung inklusive Pflichten- und Lastenheft-Erstellung ganzheitlich aus einer Hand bekommt. Wie schon erwähnt, sehen wir uns nicht nur als Komponentenlieferant. Wir tragen dafür Sorge, dass der Kunde genau die Lösung erhält, die er sich wünscht. Hier bringen wir unser umfassendes Know-how ein und verlassen den Ort des Geschehens erst, wenn die gesamte IBV-Lösung gemäß Pflichtenheft funktioniert und umgesetzt ist.

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