Schaltschranktechnik Ein Schalter – viele Funktionen

06.03.2014

Schaltanlagen- und Maschinenbauer müssen immer mehr Komplexität in der Energieverteilung bewältigen – bei gleichzeitig steigendem Wettbewerbs- und Kostendruck. Neue modulare Kompaktleistungsschalter sind dabei von Vorteil, denn sie verkürzen Engineering-Zeiten und erhöhen die Anlagenverfügbarkeit.

Mit leuchtenden Augen bastelt Martin Moosburger lauter kleine bunte Bausteine in einen der neuen Kompaktleistungsschalter der 3VA-Reihe von Siemens. „Das ist wie Lego für Erwachsene“, freut sich der Produktmanager. Doch zunächst erklärt er, welche neuen Features die Produktreihe bietet.

„Kompaktleistungsschalter sind wichtige Schutzkomponenten in der Niederspannungs-Energieverteilung“, sagt Moosburger. Sie schützen Leitungen, elektrische Verbraucher und industrielle Anlagen vor elektrisch verursachten Schäden und Ausfällen, indem sie den Strom bei Störungen sicher abschalten. Daneben übernehmen sie neuerdings auch andere Aufgaben: Zum Beispiel erfassen die 3VA-Schalter betriebsrelevante Verbrauchsdaten. Ergänzt durch kommunikationsfähige Module lassen sie sich an die Gebäude- oder Industrieautomation anbinden. Alle Produkte sind nach internationalen Standards zertifiziert und weltweit einsetzbar.

Der Kleinste in der Familie

Die kompakten Geräte der Baureihe 3VA1 sind für einen Bemessungsstrom bis 160 A verfügbar und erfüllen alle Standardaufgaben im Anlagenschutz. Die Geräte lassen sich in Festeinbau oder Stecktechnik einfach montieren. Sie eignen sich für den Einsatz in Installationsverteilern und im Maschinenbau in Wechsel- und Gleichstromstromnetzen. „Als kleinster Schalter, den Siemens in dieser Baugröße je hatte, steht bei diesem Gerät vor allem die Baugröße im Vordergrund“, erklärt Andreas Matthé. „Auch die einfache Bedienbarkeit, sowie eine ansprechende Optik und Haptik stecken hier im Detail und im Design“, sagt der CEO im Bereich Low Voltage & Products im Sektor Infrastructures & Cities bei Siemens.

Für gehobene Anforderungen

Die Baureihe 3VA2 ist für Anwendungen mit hohen technischen Anforderungen und einem Bemessungsstrom bis zu 630 A ausgelegt. Neben einer höheren Schaltleistung bis zu 150 kA bieten sie einen elektronischen Überstromauslöser und integrierte Mess- und Kommunikationsfunktionen. „Der 3VA2 ist unser Highend-Schalter, der sowohl Strom als auch Spannung erfassen kann“, so Moosburger. Außerdem stellen die Geräte ein selektives Schutzverhalten untereinander sowie zu weiteren Schutzgeräten sicher. Darüber hinaus bieten sie durch ihr strombegrenzendes Kontaktsystem eine sehr hohe Schaltleistung. Die Auslöser garantieren einen zuverlässigen Überlastschutz, eine kurzzeitverzögerte oder unverzögerte Abschaltung im Kurzschlussfall, Neutralleiterschutz sowie Fehlerschutz gegen Erde.

Zubehör und Funktionen

Die Schalter lassen sich flexibel konfigurieren und modular um rund 70 Funktionen erweitern. Das über alle Baureihen einheitliche Zubehör mit mehr als 500 Komponenten kann nahezu beliebig mit den Grundschaltern kombiniert werden. Moosburger nennt die Vielzahl an Kombinationen, aus Kommunikationsmodulen, Hilfsschaltern, Hilfsauslösern und Spannungsauslösern liebevoll Lego für Erwachsene. „Warum Lego? Die kleinen Module lassen sich einfach in den Schalter hineinklicken und dann müssen sie nur noch verdrahtet werden.“ Zudem seien sie leicht austauschbar. Bislang mussten dafür Adapter eingebaut werden und es ließen sich nicht alle Teile beliebig miteinander kombinieren. „Wir haben die Module zudem farblich kodiert, damit der Anlagenplaner weiß, welche Bauteile wo platziert werden müssen“, sagt Moosburger. Das sei absolut verwechslungssicher, denn die Zubehörteile würden an der falschen Position gar nicht erst einrasten.

Manuelle und Motorantriebe

Zudem stehen abschließbare manuelle Antriebe inklusive Seitenwanddrehantrieb sowie ein Motorantrieb zur Fernschaltung des Kompaktleistungsschalters zur Auswahl. „Kunden möchten den Schalter auch über Drehbewegungen komfortabel ein- oder ausschalten, wir setzten diese Bewegung über manuelle Antriebe um“, erzählt der Produktmanager. Es gibt die Möglichkeit, den Schalter seitlich ein- und auszuschalten oder auch durch die Schaltschranktür hindurch zu bedienen. „Ein besonderes Highlight ist der Griff, den haben wir jetzt beleuchtet“, so Moosburger weiter. Auch im Dunkeln oder aus der Ferne sieht man jetzt genau, welchen Status der Schalter hat: Bei Rot ist er an, bei Grün ist er aus und wenn er im Fehlerfall auslöst, leuchtet er gelb. „Das Feature hat wirklich kein anderer“, sagt Moosburger stolz. Ein unberechtigtes Schalten wird unter anderem mithilfe front- oder rückseitiger Verriegelungen verhindert.

Kommunikation und Transparenz

Die Kompaktleistungsschalter 3VA2 messen Strom, Spannung und Energiewerte. Auch Schalterzustand, Grenzwerte und Wartungsinformationen können erfasst und an übergeordnete Systeme weitergeleitet werden. Über ein Kommunikationsmodul lassen sich die Daten von bis zu acht Geräten bündeln und kommunizieren. Der Datentransfer und die Anbindung an übergeordnete Systeme erfolgt über Profibus, Profinet und Ethernet (Modbus TCP). Auf einem zusätzlichen Display können die aktuellen Energiewerte von bis zu acht Kompaktleistungsschaltern auch direkt an der Schaltschranktür abgelesen werden. „Damit ist der Schalter wichtiger Bestandteil des gesamten Automatisierungsprozesses“, sagt Matthé. Mit den erfassten Energiewerten sowie regelmäßigen Status-, Fehler- und Alarmmeldungen tragen die Kompaktleistungsschalter direkt zu einer höheren Anlagentransparenz und Energieeffizienz bei. Störungen können frühzeitig erkannt und behoben werden. Energiekosten lassen sich deutlich senken.

Zeitersparnis bei Projektierung

Der Engineering-Aufwand für die Kompaktleistungsschalter 3VA wurde von der Planung über die Installation bis zur Wartung verringert. Dazu tragen Service Tools im Internet bei: Über einen Online-Produktkonfigurator kann der Kompaktleistungsschalter individuell konfiguriert werden. Für die Planung und Projektierung stehen technische Daten zum Download bereit. Zwölf-CAx-Datenarten lassen sich über den Download-Manager flexibel zusammenstellen, schnell abrufen und in alle gängigen Projektierung-Tools integrieren. Im Vergleich zur manuellen Suche spart das bis zu 80 Prozent Zeit. Auch während des laufenden Betriebs können technische Informationen online abgerufen werden – etwa bei Wartungsarbeiten über einen auf den Geräten angebrachten QR-Code. Dieser führt auf die im Internet hinterlegten relevanten Service- und Support-Daten. „Da sind wir der Zeit voraus“, sagt Matthé.

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