Die metallerzeugende Industrie zählt zu den großen Energieabnehmern auf der Mittel- und Hochspannungsebene. Stahl- und Walzwerke erzeugen hohe, stoßartige Lasten durch Anlauf und Betrieb von Großmaschinen wie Walzwerkhauptantriebe oder Lichtbogenöfen. Durch diese Art der Energieentnahme aus dem Netz können Oberschwingungen und unerwünschte Blindleistung entstehen, welche die Elektro-Energiequalität (EEQ) im Versorgungsnetz beeinträchtigen. Ein weiterer Auslöser für Netzrückwirkungen ist die Zunahme von leistungselektronischen Anlagen in der produzierenden Industrie. Verbraucher wie frequenzgeregelte Antriebe belasten das Netz wegen der schaltenden Arbeitsweise ihrer leistungselektronischen Ventile wie IGBTs oder Thyristoren mit sehr stark von der Sinusform abweichenden Strömen. Durch den Oberschwingungsanteil der Ströme entstehen infolge der Netzreaktanzen Rückwirkungen, die zu Verzerrungen der Netzspannungen führen. Verstärkt werden diese negativen Effekte durch die Dezentralisierung der Energieerzeugung. Zum einen sorgt diese für höhere und komplexere Netz-
reaktanzen und zum anderen erschwert sie die Stabilisierung der Versorgungsspannung durch das schwankende Angebot an elektrischer Energie erschwert, aufgrund der überwiegend regenerativen Erzeugung.
Ob Energieentnahme aus oder Einspeisung in das Netz – Anlagenbetreiber haben ein Interesse daran, die Netzqualität zum Schutz der eigenen Anlagen zu stabilisieren und zu steigern. Denn schlechte Netzqualität kann zum Ausfall empfindlicher elektronischer Geräte führen. Ungeplante Stillstandzeiten, Produktionsausfälle, hohe Energiekosten oder sogar Bußgelder wegen Verunreinigung der Energieversorgung sind die Folge. Um Netzqualitätsprobleme ermitteln zu können, setzen Anlagenbetreiber entsprechende Messgeräte ein. Einen Lösungsansatz zum Messen der Energiequalität bietet die Moduleinheit ibaPQU-S von IBA.
Funktionsweise des Systems
ibaPQU-S ist die zentrale Einheit eines Systems aus bis zu vier Messmodulen. Das Gerät berechnet normgerecht die Kennwerte, die für die Netzqualität verantwortlich sind. Die Erfassung der zeitlichen Verläufe der relevanten Ströme und Spannungen geschieht auf Basis von netzsynchron abgetasteten und digitalisierten Analogwerten der Strom- und Spannungswandler. Signale wie Frequenz, Effektiv- und Spitzenwerte, Flicker und Crestfaktor sowie harmonische und interharmonische Oberschwingungen, Phasenlage und Klirrfaktor werden berechnet. „So lässt sich die Netzqualität überwachen und gleichzeitig die Qualität und Verfügbarkeit des Netzes steigern“, ergänzt Oliver Soukup, Entwicklungsleiter bei IBA.
Im Gegensatz zu autonomen Messgeräten ist ibaPQU-S über das Prozessdatenerfassungssystem ibaPDA in die übergeordnete Anlagen- und Prozessüberwachung integriert. „Die Ursachenanalyse für durch den Prozess ausgelöste Netzschwankungen ist somit jederzeit möglich“, erklärt Soukup. In ibaPDA lassen sich beliebige Trigger konfigurieren, um ereignisbezogene Messungen auszulösen und Störungen zu erfassen. Für eine detaillierte Analyse werden die Daten mit Vor- und Nachlauf entsprechend hochaufgelöst erfasst. Störungen zeigt das Gerät durch eine Alarmfunktion. Die Analysesoftware ibaAnalyzer erstellt Langzeit-Trends sowie Reports. Die Elektroenergieparameter lassen sich auf diese Weise in Zusammenhang mit der Betriebsweise einer Anlage bringen. Dies ermöglicht den Nachweis, ob und inwiefern eine Anlage das Stromnetz negativ beeinflusst hat.
EEQ-Messung
Die Messeinheit ibaPQU-S ermittelt die Kennwerte der Norm EN 50160. Ihre Berechnung erfolgt nach den Vorgaben der Norm IEC 61000-4-30, die Messmethoden für eine vergleichbare Basis definiert. Es gibt unterschiedliche Messgeräte-Klassen und ibaPQU-S erfüllt die Norm nach der höchsten Klasse A. Die Erfassung von Prozesssignalen der modernen Leit- und Automatisierungstechnik erfolgt mit einem zeitsynchronen Abfragetakt. Um die netzsynchronen mit den zeitsynchronen Prozessgrößen in Einklang zu bringen, wurde bei ibaPQU-S eine dreistufige Vorgehensweise implementiert: Zunächst werden die Rohwerte für Strom und Spannung netzsynchron gemessen und anschließend in Kennwerte für die Netzqualität umgerechnet. Schließlich wird eine Neuabtastung der Rohwerte mit dem zeitsynchronen Abfragetakt des übergeordneten Prozessdatenerfassungssystems vorgenommen.