Die Kommunikation zwischen Bauteilen und Produktionsmaschinen und -anlagen sowie Logistiksystemen trägt zur enormen Anzahl von elektronischen Geräten in Fertigungsstätten bei. Informationstechnische Verbindungen und Energieverteilsysteme sind in enger Nachbarschaft für die Versorgung und Kommunikationsvernetzung der Geräte zwingend erforderlich. Hinzu kommt die meist berührungslose Informationsübertragung von Bauteilen – in Ruhe oder in Bewegung – als wesentlicher Bestandteil der Industrie-4.0-Konzepte.
Bauteile, die kontinuierlich oder abschnittsweise durch den Fertigungsprozess bewegt werden, erfordern entsprechend geregelte Antriebe. In den Bearbeitungsprozessen selbst sind die verschiedensten elektrischen Akteure wie Motoren, Heizungen und Induktionssysteme mit einer Vielzahl analoger und digitaler Sensoren zur Erfassung physikalischer Parameter verknüpft. Viele der elektrischen und elektronischen Geräte können, insbesondere durch die Nutzung nicht-sinusförmiger Wechselströme, andere Geräte der gemeinsamen Umgebung ungewollt negativ beeinflussen, also Prozessabläufe stören. Das bedeutet sowohl zukünftig als auch zunehmend einen hohen Stellenwert der Planung und Sicherstellung der elektromagnetischen Verträglichkeit, kurz: EMV.
Die Hersteller der elektrischen Betriebsmittel sind durch das EMV-Gesetz verpflichtet, definierte Störaussendungs- und Störfestigkeitsanforderungen für ihre Produkte zu erfüllen.
Die Integration verschiedenster Betriebsmittel zu Produktions- und Logistikanlagen erfordert darüber hinaus aber eine kompetente, auf mögliche EMV-Risiken abgestimmte, Planung, sowie die Umsetzung und Sicherstellung der dort vorgesehenen Maßnahmen zur Erzielung der EMV.
EMV-Risikoanalyse
Zu Beginn der Entwicklung eines Gerätes oder der Planung einer ortsfesten Anlage muss nicht nur in Bezug auf die mechanischen und elektrischen Gefährdungsmöglichkeiten, sondern auch in Bezug auf unerwünschte elektromagnetische Beeinflussungen eine Risikoanalyse erstellt werden. Die Vorgehensweise dazu könnte sein, zunächst die Grenzen des vorgesehenen Betriebsmittels genau fest zu legen, sowohl hinsichtlich der vorgesehenen Einsatzumgebung als auch hinsichtlich der bestimmungsgemäßen Verwendung. Unter Berücksichtigung der eingesetzten Bauteile, Baugruppen und/oder Geräte versucht man die möglichen Störquellen, Störsenken und Kopplungswege der elektromagnetischen Störenergie zu erfassen und das Risiko von Betriebsbeeinträchtigungen aufgrund elektromagnetischer Beeinflussungen abzuschätzen. Der Wahrscheinlichkeit hoher EMV-Risiken wird dann durch geeignete Maßnahmen entgegengewirkt.
Für den Hersteller, der fertige Baugruppen und Geräte miteinander verbindet, bedeutet das im Wesentlichen die Berücksichtigung der Montage- und Installationsvorgaben dieser Geräte, aber auch die Umsetzung des Stands der Technik, wie er durch aktuelle Normen wiedergegeben ist. Als EMV-Maßnahmen schließt das Filterung, Überspannungsschutz, Schirmung und die EMV-gerechte Installation ein. Also die Erdung und Potentialausgleich, Bauteil-Platzierung und die Verkabelung.
Während die ersteren Maßnahmen durch Komponentenhersteller und die von ihnen bereitgestellten Informationen leicht umzusetzen sind, können beim vermeintlich einfachen Thema Installation viele Fehler gemacht werden.
EMV-gerechte Installation
Auf die vielfältigen Aspekte der grundlegenden EMV-Installationsregeln kann in diesem Artikel nicht eingegangen werden, dennoch hier eine kurze Zusammenstellung der wichtigsten Empfehlungen:
Auf räumliche Trennung von hoher elektrischer Leistung und kleiner Leistung achten.
Störquellen und Störsenken aus verschiedenen Spannungsquellen versorgen.
Geschirmte Kabel zur Erhöhung der Störfestigkeit, aber auch zur Verringerung der Störaussendung einsetzen.
Kabelschirme auf eingegrenzter Fläche mit geringem Abstand zueinander und zum Bezugspotential zum Potentialausgleich verbinden.
Erdung und Potentialausgleich auch für niederimpedante Rückstrompfade für höherfrequente Ströme planen.
Erdungs- und Potentialausgleichsverbindungen möglichst eng vermascht ausführen.
Hochfrequenzschirmung
Die Risiken, die in Produktionsumgebungen durch das Ein- und Ausschalten induktiver Verbraucher, durch Hochfrequenz verwendende Maschinen, wie Mikrowellen-Trocknung oder Lichtbogen erzeugende Anlagen, bestehen, sind bekannt. Die möglichen, davon ausgehenden elektromagnetischen Beeinflussungen gilt es zu verhindern oder so weit zu vermindern, dass das Risiko ausreichend gering ist. Gehäuse können gegen feldgebundene Beeinflussungen mehr Sicherheit durch Hochfrequenzschirmung leisten. Für die Auswahl der Gehäuseversion und des für EMV-gerechten Aufbau notwendigen Zubehörs gibt es wegen der meist nicht ausreichend bekannten technischen Parameter kein Patentrezept. Die Entscheidung zwischen Standard Metallgehäusen und Hochfrequenz-geschirmten Gehäusen basiert überwiegend auf dem Preis und der Sensibilität der Anwender für die EMV-Thematik.
Zur Quelle zurück führen
Die dezentrale Steuerung für die Umsetzung von Industrie-4.0-Konzepten erfordert eine EMV-gerechte Installation von Bauteilen, Baugruppen und Geräten und der Verkabelung. Die Planung überspannungs-begrenzender Systeme ist ebenso wichtig, wie der Einsatz von Filtern um unerwünschte hochfrequente Spannungen und Ströme auf schnellstem Wege wieder zur erzeugenden Quelle zurückzuführen. Wo elektromagnetische Felder mit Frequenzen deren Wellenlänge in der System-Größenordnung liegen, können darüber hinaus anspruchsvolle Gehäuse mit höherer Schirmwirkung einen wirksamen Beitrag zur Sicherstellung der Geräte- und Anlagenverfügbarkeit leisten.
Praxis-Tipps zur EMV-gerechten Montage finden Sie unter www.rittal.com/imf/none/5_357 bei Rittal.