Ove Petersen, GP Joule Warum Industrie 4.0 die Energieversorgung 4.0 braucht

Ove Petersen ist Mitgründer von GP JOULE und heute CEO der 2009 gegründeten Unternehmensgruppe mit ihren Hauptsitzen im schleswig-holsteinischen Reußenköge sowie im bayerischen Buttenwiesen. Die Vision „100 % Erneuerbar“ wirkt stets als Antrieb hinter den Ideen, Projekten und Entscheidungen des gelernten Landwirts und studierten Diplom-Agraringenieurs. Das gilt für ihn genauso wie für die gesamte GP JOULE Gruppe.

Bild: GP Joule
21.10.2024

Um künftig eine preisstabile, sichere und emissionsfreie Energieversorgung zu gewährleisten, braucht die Industrie neue ganzheitliche Energie- und Transformationskonzepte. Mit einer intelligenten Sektorkopplung, einem sinnvollen Energieverbrauch und einer smarten Steuerung können Prozesse dekarbonisiert und Energiekosten gesenkt werden. Damit dies gelingt, braucht Industrie 4.0 eine Energieversorgung 4.0.

Die Begriffe Industrie 4.0 und Energieversorgung 4.0 werden aus gutem Grund immer häufiger miteinander verknüpft. Die Industrie 4.0, die durch die Digitalisierung und Automatisierung von Produktionsprozessen gekennzeichnet ist, benötigt eine ebenso fortschrittliche Energieversorgung, um effizient und nachhaltig funktionieren zu können. Das liegt vor allem daran, dass die traditionellen Energiesektoren – Strom, Wärme, Verkehr und Industrie – historisch getrennt voneinander existierten und auf fossile Energieträger wie Kohle und Öl oder auf die Kernkraft angewiesen waren. Heute, wo erneuerbare Energien wie Solar- und Windenergie elementar sind, müssen diese Sektoren ebenfalls in die historisch gewachsenen Sektoren intelligent integriert werden.

Hier spielt die Industrie eine entscheidende Rolle, denn sie steht vor der großen Herausforderung, ihre Produktionsprozesse zu dekarbonisieren. Dabei stehen insbesondere die Prozesswärme und die Stromnutzung im Mittelpunkt. Derzeit wird beispielsweise in Deutschland noch ein erheblicher Teil des Wasserstoffs aus Erdgas gewonnen, in Zukunft muss jedoch ein großer Teil regenerativ erzeugt werden. Diese Umstellung ist notwendig, um dem hohen Energieverbrauch der Industrie zu begegnen und gleichzeitig die CO2-Emissionen zu reduzieren. Die Integration erneuerbarer Energien in den Produktionsprozess wird entscheidend dafür sein, den Standortvorteil Deutschlands im internationalen Wettbewerb zu sichern. Sorgen die Erneuerbaren mit den dazugehörigen Speichertechnologien doch für nachhaltige, sichere und günstige Energie – und machen unseren Produktionsstandort unabhängiger und resilienter.

Politisch wird derzeit viel über die Ausbauziele für erneuerbare Energien diskutiert. Die Bundesregierung hat das Ziel, bis 2040 eine Kapazität von 560 GW aus erneuerbaren Quellen zu erreichen. Die Herausforderung hierbei liegt darin, die Volatilität dieser Energiequellen zu managen, da Wind- und Solarenergie stark von Wetterbedingungen abhängen. Denn obwohl seit über 15 Jahren Wind- und Solarenergieanlagen in Deutschland installiert werden, kommt es immer wieder zu Situationen, in denen überschüssiger Strom nicht genutzt oder sogar abgeregelt wird. Deshalb ist die Flexibilisierung des Energieverbrauchs besonders wichtig. Ein Beispiel dafür ist die Installation von Wärmepumpen und Elektrolyseanlagen, die zusätzliche Flexibilität in Zeiten hoher erneuerbarer Energieproduktion bieten können. Diese Technologien können nicht nur Energie speichern, sondern auch zur Stabilisierung des Stromnetzes beitragen, indem sie den (zu) vielen Strom umwandeln – in Wärme beziehungsweise Wasserstoff – und so die Energie speichern.

Ebenfalls ein wichtiges Thema ist die Flächenverfügbarkeit für den Ausbau erneuerbarer Energien. Derzeit werden in Deutschland rund 1,7 Millionen ha für den Anbau nachwachsender Rohstoffe genutzt, die zu Kraftstoffen verarbeitet werden. Würde diese Fläche für Wind- und Solarenergie genutzt, könnte Deutschland theoretisch seinen gesamten Energiebedarf aus erneuerbaren Quellen decken. Der Ausbau der erneuerbaren Energien würde also auch Flächenressourcen optimieren, die derzeit anderweitig genutzt werden.

Bis 2040 will die Bundesregierung rund 80 Prozent des Energiebedarfs aus erneuerbaren Quellen decken. Allerdings sind dazu umfangreiche Investitionen in Flexibilisierungstechnologien und eine Anpassung des Ordnungsrechts notwendig. Beispielsweise sollten Anreize geschaffen werden, die es Unternehmen ermöglichen, ihre Produktionsprozesse an die Verfügbarkeit erneuerbarer Energien anzupassen. Dies könnte durch eine Änderung der bestehenden Netzentgeltregelungen geschehen, die derzeit eher auf traditionelle Energieträger ausgerichtet sind.

Eines ist hier klar ersichtlich: Die Herausforderungen der Energiewende können nur durch eine enge Verzahnung von Industrie 4.0 und Energieversorgung 4.0 gemeistert werden. Entscheidend für ein nachhaltiges und effizientes Energiesystem wird die Integration erneuerbarer Energien in industrielle Prozesse in Verbindung mit fortschrittlichen Technologien und flexiblen Regelungen sein. Erst durch eine systematische Anpassung der Energieversorgung an die Anforderungen der Industrie kann die Energiewende nachhaltig gelingen.

Firmen zu diesem Artikel
Verwandte Artikel