Die weltpolitischen Entwicklungen der vergangenen Monate haben privaten Verbrauchern ebenso wie der Wirtschaft ihre Abhängigkeit von Gasimporten schmerzlich vor Augen geführt. Während Rettungspakete entwickelt und eigentlich längst verabschiedete fossile Energieträger wieder zum Leben erweckt werden, während alle unter steigenden Preisen am Energie- und sogar im Supermarkt ächzen, bleibt eines völlig unbeachtet: dass ein Teil der Lösung in der eigenen Abfalltonne wartet.
Insgesamt 1.121,7 m³ Deponie- und Biogas wurden im Jahr 2020 gewonnen, rund die Hälfte davon in Biogas- und Vergärungsanlagen. Damit lässt sich schon etwas erreichen, und doch ist es noch viel zu wenig, da sind sich die Experten einig, stellt man es dem gesamten produzierten Abfall gegenüber.
Dabei haben Deutsche Privathaushalte allein im Jahr 2020 14,4 Millionen Tonnen Bioabfälle produziert. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft spricht von 11 Millionen Tonnen Lebensmittelabfällen entlang der Versorgungskette. Das Potenzial, das in Küchen und Kantinen, Kommunen, Landwirtschaft und produzierendem Gewerbe schlummert, gar nicht erst eingerechnet! Dabei ist die Kette zu mehr Autarkie und Versorgungssicherheit doch logisch.
Je mehr Abfall aus biogenen Reststoffen gesammelt wird, desto mehr Biomethan lässt sich produzieren. Je mehr Biomethan produziert wird, desto mehr Erdgas lässt sich ersetzen, ganz gleich ob in der Wärme- und Stromproduktion oder als Tankfüllung für LKW und PKW. Die Industrie kann sich also selbst helfen, die herausfordernde Situation am Energiemarkt zu bestehen und sich fast nebenbei langfristig CO2-neutral aufzustellen.
Wie aber kann das funktionieren? Indem Unternehmen ihre Stoff- und Abfallverwertungsströme nochmals genau unter die Lupe nehmen. Wo fallen organische Abfälle an, die noch Energie liefern und wieder in den Kreislauf eingespielt werden können? Ob Papierfasern oder Speisereste, ob Abfälle aus Molkerei oder Fleischindustrie: Statt viel Geld in deren Entsorgung zu stecken, kann dieses besser in ihre Verwertung und damit in ein zweites Leben in Form grünen Gases investiert werden.
Dabei ist von Fall zu Fall zu entscheiden, ob der Bau einer eigenen Biogasanlage sinnvoll ist oder ob man bestehende Infrastrukturen nutzt. Auch das Knüpfen von Netzwerken und Partnerschaften kann sinnvoll sein, wenn die geografischen Begebenheiten es zulassen, gemeinsam in die Energieerzeugung mittels Abfalls einzusteigen.
Interessant ist das übrigens auch über die Deckung der eigenen Versorgung mit Gas hinaus: Immer mehr Industrieunternehmen suchen nach nachhaltigen und umweltverträglichen Flottenlösungen. Biomethan aus Rest- und Abfallstoffen wird dabei hoch gehandelt, denn es ist CO2-Preis befreit und ist ein Energiebringer der Zukunft. Auch im Schwerlastverkehr sowie bei kommunalen Fahrzeugen wie im ÖPNV oder auf dem Bauhof ist das wertvolle Biomethan als nahezu CO2-freier Kraftstoff stark nachgefragt.