Sensorik & Messtechnik Energieerfassung festgeklopft

Phoenix Contact Deutschland GmbH

Bild: Phoenix Contact
08.09.2014

Steuervergünstigungen für energieintensive Betriebe und einen günstigen Stromtarif des Versorgers gibt es nur bei einer transparenten Erfassung des Energieverbrauchs. Wo der Aufwand für die komplette Verkabelung einer traditionellen Industrieproduktion zu hoch ist, bietet sich eine Funklösung als wirtschaftliche Alternative an.

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Energiemanagement-Systeme dienen Industriebetrieben schon seit vielen Jahren zur Überwachung und Verbesserung des Lastprofils, um beim Energieversorger einen möglichst günstigen Tarif zu erzielen. Während es früher genügte, das individuelle Lastprofil des kompletten Betriebs im Abstand von jeweils 15 Minuten zu ermitteln, muss heute der Energieverbrauch getrennt für jede Abteilung und Maschine aufgenommen werden. Bei der im sauerländischen Warstein ansässigen Schmiede Walter Mester wollte man nicht nur aus diesem Grund ein detailliertes Erfassungssystem installieren. Auch mögliche Steuererleichterungen sowie eine exakte Ermittlung der Herstellungskosten der Werkstücke auf Basis der Energiekosten pro Fertigungsschritt an den Maschinen standen im Raum.

Integration ins Automatisierungssystem

Was den Plänen zunächst entgegenstand, war der erwartete Verkabelungsaufwand für die gesamte Produktion. Das 1908 gegründete Unternehmen hat umfassende Erfahrungen im Bereich Gesenkschmiedearbeiten aufgebaut. Die 40 Mitarbeiter produzieren pro Jahr aus Standardstahl, legierten Stahlsorten oder Nichteisenmetallen wie beispielsweise Messing rund 14 Millionen geschmiedete Rohlinge. Zur Herstellung der Rohlinge benötigt das Unternehmen etwa fünf Millionen kWh Strom pro Jahr, die hauptsächlich für die Wärmeprozesse genutzt werden.

Vor diesem Hintergrund sind die Wärmeprozesse mit ­einem Energieerfassungs- und –Managementsystem auszustatten. Die ersten Angebote waren aufgrund des hohen Verkabelungs- und Installationsaufwands nicht akzeptabel. Als Spezialist für Applikationslösungen in der Gießerei- und Schmiedetechnik entwickelte der Dienstleister Isertech der Schmiede schließlich einen funkbasierten Lösungsvorschlag.

Mit der drahtlosen Vernetzung der Energieerfassungs-Geräte lassen sich die relevanten Daten jetzt schnell und wirtschaftlich übertragen. Der Ansatz setzt auf den Funkmodulen der Produktfamilie Radioline von Phoenix Contact auf, die mit der Trusted-Wireless-Technik arbeiten. Der Wireless-Standard, der im lizenzfreien 2,4GHz-ISM-Frequenzband funkt, kann Distanzen bis 5000 Meter zwischen den einzelnen Stationen überbrücken. Ferner werden intelligente Energiemessgeräte der Produktfamilie EMpro verwendet, welche sämtliche elektrische Kenngrößen erfassen. Steckbare Kommunikationsmodule ermöglichen eine flexible Integration der Komponenten via Modbus RTU, Profibus oder Ethernet in das Automatisierungssystem.

Zuverlässiger Betrieb in rauer Umgebung

„Zunächst hatten mein Kunde und ich Bedenken hinsichtlich der Nutzung von Funktechnik“, berichtet Thomas Besbes, der im Vertrieb von Isertech tätig ist. „Wir waren uns nicht sicher, ob die drahtlose Kommunikation unter den rauen Umgebungsbedingungen einer Schmiede stets zuverlässig funktioniert. Doch nach der Umsetzung einer vergleichbaren Applikation in einer anderen Schmiede sind alle Zweifel ausgeräumt.“ Denn die erheblichen elektromagnetischen Belastungen durch Trafos und Induktionsöfen sowie die hohen Temperaturen und ständigen Vibrationen der Hämmer stellen weder für die Radioline-Funkmodule noch für die EMpro-Energiemessgeräte ein Problem dar. Bei der nachfolgenden Realisierung in der Warsteiner Schmiede wurde die gesamte Produktionskette vom Vormaterial bis zum hochwertig geschmiedeten Rohling betrachtet und an den notwendigen Stellen mit Energiemessgeräten ausgestattet.

Das Vormaterial wird in Stangen angeliefert und als erstes mit Stahlstabscheren auf die passende Länge gekürzt. Anschließend erfolgt die Erhitzung der Stangen in einem Induktionsofen. Die Durchlauföfen, die Anschlussleistungen zwischen 300 und 600 kW aufweisen, arbeiten im hochfrequenten 2kHz- oder 4kHz-Bereich. Wegen des hohen Energieverbrauchs und der möglichen Steuervergünstigungen für Wärmeprozesse ist jeder Ofen mit einer eigenen Messeinrichtung bestückt worden. Das im Induktionsofen erhitzte Material rutscht direkt zum Schmiedehammer, wo es ein Mitarbeiter in das Gesenk einlegt. Dann schnellt der Hammer herunter und verformt dabei das heiße Material. Je nach Größe des Werkstücks fallen ein oder mehrere zusammenhängende Rohlinge aus dem Werkzeug. Um eine Energieerfassung getrennt nach Fertigungs-Chargen zu ermöglichen, wurden die einzelnen Hämmer ebenfalls mit Messgeräten ausgerüstet.

Der Abstand zwischen den jeweils paarweise am Induktionsofen installierten EMpro-Komponenten und dem entsprechenden Hammer beträgt lediglich wenige Meter. Deshalb sind die Messgeräte im ersten Schritt per Kabel über die integrierte Modbus-RTU-Schnittstelle miteinander gekoppelt worden, sodass nur ein Funkmodul die lange Strecke zum Master überbrücken muss.

Zentrale Verarbeitung der Daten

Nach dem Abkühlen müssen die Rohlinge vereinzelt werden. Für das Ausstanzen und Entgraten nutzt die Schmiede Walter Mester moderne Excenter- und Hydraulikpressen. Weil der Energiebedarf hier vergleichsweise gering ist, sind die Pressen messtechnisch an einer EMpro-Komponente zusammengefasst worden, die zentral in der Energieverteilung des Stanzraums montiert ist. Aufgrund der Funkkommunikation über die Radioline-Module musste hier ebenfalls lediglich eine kurze Kabelstrecke verlegt werden.
Nach der Inbetriebnahme des Energiemanagement-Systems zeigt sich schnell, dass die Schmiede aus den gewonnenen Messergebnissen weitere Rückschlüsse ziehen kann. Beispielsweise wird das Maschinen-Management mit zusätzlichen Daten unterstützt.

Die gesammelten, in Modbus RTU codierten und per Funk übertragenen Daten werden in einer zentralen Steuerung verarbeitet. Dort liegen dem Anwender jederzeit Auswertungen auf einem Webserver vor, die er über das Ethernet-Netzwerk vom Büro aus aufrufen kann. Außerdem werden die Daten in einer SQL-Datenbank abgelegt, um einen Nachweis gegenüber der Steuerbehörde erbringen zu können.

Fazit

Kontinuierlich erfasste Energieflüsse bilden die Grundlage eines zielführenden Energiemanagement-Systems. Die bei Walter Mester umgesetzte Lösung belegt, wie sich der Energieverbrauch mit systematisch an den energetischen Brennpunkten verbauten Messgeräten der Produktfamilie EMpro in Kombination mit einer zuverlässigen Funkübertragung auf der Grundlage des Radioline-Systems transparent ermitteln lässt. Darüber hinaus erhält die Schmiede Daten für eine genaue Kalkulation der Herstellkosten, die vorbeugende Wartung und den zeitgerechten Austausch von Maschinen sowie den Nachweis des Verbrauchs im Rahmen von energieintensiven Prozessen.

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