Die Idee eines Zeitkristalls geht auf den Nobelpreisträger Franck Wilczek zurück, der das Phänomen erstmals vorschlug: Ähnlich wie bei Wasser, das sich um den Gefrierpunkt herum spontan in Eis verwandelt und dabei die Translationssymmetrie des Systems spontan bricht, wird beim Entstehen eines Zeitkristalls die Zeittranslationssymmetrie in einem dynamischen Vielteilchensysteme spontan gebrochen.
In den vergangenen Jahren haben Forschende bereits diskrete oder Floquet-Zeitkristalle in periodisch angetriebenen geschlossenen und offenen Quantensystemen beobachtet. „In allen bisherigen Experimenten wird die zeitkontinuierliche Translationssymmetrie aber durch einen zeitperiodischen Antrieb gebrochen“, sagt Dr. Hans Keßler aus der Arbeitsgruppe von Prof. Andreas Hemmerich vom Exzellenzcluster „CUI: Advanced Imaging of Matter“. „Die Herausforderung für uns bestand darin, ein System zu realisieren, das die kontinuierliche Zeit-Translationssymmetrie spontan bricht.“
Die Robustheit der dynamischen Phase
In ihrem Experiment verwendeten die Wissenschaftler ein Bose-Einstein-Kondensat in einem optischen Resonator extremer Güte. Mit Hilfe einer zeitunabhängigen Pumpe beobachteten sie eine Grenzzyklusphase, die durch periodische Oszillationen der Photonenzahl im Resonator gekennzeichnet ist und von wiederkehrenden Mustern in der atomaren Dichte begleitet wird.
Dabei zeigte sich, dass die Zeitphase der Oszillationen zufällige Werte zwischen 0 und 2𝜋 annimmt, wie es für eine spontan gebrochene kontinuierliche Symmetrie erwartet wird. Indem sie den Stabilitätsbereich im relevanten Parameterraum identifizierten und die Beständigkeit der Grenzzyklus-Oszillationen auch bei starker zeitlicher Störung zeigten, demonstrierte das Forscherteam die Robustheit der dynamischen Phase.