Verpackungstechnik Gewicht für die Schönheit

Der gravimetrische Füllvorgang: Jede einzelne Flasche wird während des Füllvorgangs gewogen.

Bild: Gerhard Schubert
16.09.2014

Formatvielfalt, Füllgenauigkeit und nur halb so viel Stellfläche wie herkömmliche Füllanlagen: Das sind nur drei Vorzüge einer neuen Abfüllanlage, die ein Kosmetikhersteller in Betrieb genommen hat. Um Füllgut zu sparen, setzte der Anlagenentwickler unter anderem auf gravimetrische Dosierung: Hier wird nach Gewicht und nicht nach Volumen abgefüllt.

Gesichtswasser, Lotionen, Duschgel und Shampoo - diese Produkte stellt ein deutsches Kosmetikunternehmen unter anderem her. Die Palette der abzufüllenden Kosmetika reicht am betreffenden Produktionsstandort von dünnflüssigen Produkten bis zu hochviskosem Gel. Auch die Verpackungen kennzeichnet eine entsprechende Vielfalt an Größen, Formen und Verschlüssen. Als zwei Abfüllanlagen zu ersetzen waren, suchte der Hersteller einen Partner, der ihm neue Leistungsmöglichkeiten eröffnet. Flexibilität für hohe Formatvielfalt, Vollautomatisierung für mehr Effizienz und eine innovative Technologie für höhere Füllgenauigkeit sollten das Ergebnis dieser Investition sein.

Die bisherigen Anlagen beruhten auf etablierten Standards und wiesen entsprechende Leistungsdaten auf. Pro Minute konnten maximal 30 oder 40 Flaschen abgefüllt werden. Bei mehreren Varianten musste Personal für begleitende manuelle Tätigkeiten bereitgestellt werden, wie zum Beispiel das Aufsetzen der Verschlüsse. Wenn man die Anlagen umstellte oder reinigte, standen die Kapazitäten mehrere Stunden nicht zur Verfügung. Die Anlagen arbeiteten mit volumetrischen Dosiersystemen – das Problem dabei: Bläschen, Verwirbelungen und Lufteinschlüsse in der Flüssigkeit verfälschen die Volumenmessung.

Die beiden Abfüllanlagen hatten einen hohen Stellflächenbedarf. Ihr Layout beruhte auf einem Konzept, das die einzelnen Prozessschritte mit Staubändern und Eintaktvorrichtungen verbindet. Die Aufstellung musste für zwei Bedienseiten zugänglich sein. Dazu kam das lange Fördersystem der Flaschen, das auf Pucks, also Trägern aus Kunststoff, beruhte. Die Pucks müssen in einem Kreislaufsystem zirkulieren, was nicht nur viel Platz verbraucht, sondern auch enorm viel Lärm verursacht.

Gewicht statt Volumen

Schubert ist es gelungen, mit den erprobten Systemkomponenten ihrer TLM-Technologie einen neuen Weg für die Abfüllung einzuschlagen. Das patentierte Transmodul ist ein einachsiger, schienenbasierter Roboter mit wechselbaren Formatplatten. Auf Basis dieser Systemkomponente mit eigener Intelligenz hat Schubert einen präzisen, schnellen und effizienten Dosiervorgang aufgebaut. Die Flaschen werden auf dem Transmodul gewogen und nach dem Produktgewicht gefüllt. Es wird also gravimetrisch dosiert.

Die TLM-Abfüllanlage für den Kosmetikhersteller besteht aus acht Teilmaschinen. Bei den abgefüllten Produkten handelt es sich um Shampoo und Duschgel, also Tenside, sowie Lotionen und Öle. Auf kleiner Stellfläche erhält das Unternehmen nun eine große Formatvielfalt: Alle möglichen Flaschen-Formen, wie oval, rund, eckig und asymmetrisch, können verarbeitet werden. Auch Kopfsteherflaschen (Tottle), die nach dem Füllen und Verschließen gewendet werden, sind kein Problem. Die Abfüllanlage kann Flaschengrößen von 100 ml bis 1000 ml verarbeiten, ebenso wie transparente, halbtransparente und farbige Kunststoffflaschen. Eine Erweiterung für Glasflaschen ist vorgesehen. Auch die Verschlussmöglichkeiten sind vielfältig. So können unter anderem Schraubverschlüsse, Fliptop-Verschlüsse, Prell-Verschlüsse, Stopfen (Inserts) und Dosier-/ Sprühpumpen verarbeitet werden.

Lage der Flaschen erkennen

Aus einem Bunker kommend, werden die Flaschen vereinzelt und der Anlage zugeführt. Ein Auflichtscanner erkennt ihre Lage. Zwei vierachsige TLM-F4-Roboter nehmen die Flaschen auf und setzen sie in das Formatteil eines Vakuumtransportschlittens. Mit acht Flaschen bestückt, fährt der Vakuumtransportschlitten zu einer Teilmaschine für das Übersetzen vor. Dort nimmt ein TLM-F2-Roboter die Flaschenformation auf und fügt sie in das Formatteil eines bereitstehenden Transmoduls ein. Nach einer zweiten Flaschenreihe schließt sich das Transmodul einem Verbund der schienenbasierten Transport­roboter an.

Dieser Verbund bewegt sich kontinuierlich durch die nächsten Teilmaschinen, in denen zwei TLM-F4-Roboter je nach Programm Deckel, Pumpen und Stopfen auf die Formatplatten geben. Zwei Zuführsysteme vereinzeln diese Verschluss­elemente und stellen sie der TLM-Anlage bereit. Mit allen Elementen der Verpackung ausgestattet, fährt das Transmodul zur ersten Füllstation vor. Dort befindet sich ein Behälter mit dem jeweiligen Produkt. Ein TLM-F2-Roboter trägt ein Werkzeug mit acht Füllnadeln, die über Schläuche an den Produktbehälter angeschlossen sind.

Wägewinkel tarieren Flaschen

Für das gravimetrische Dosieren muss das Füllgewicht der Flaschen gemessen und überwacht werden. Dazu heben Wägewinkel, das heißt Stellmotoren mit Wägezelle, jede einzelne Flasche samt Behälter an. Die Flaschen werden zunächst ta­riert. Produktionsbedingte Unterschiede im Gewicht der Behälter spielen damit keine Rolle mehr.

Zum Start des Füllvorgangs senkt der TLM-F2-Roboter die acht Füllnadeln in eine der beiden Flaschenreihen ab. Die Ventile öffnen sich und, unterstützt durch Druck im Behälter, fließt das jeweilige Produkt in die Flaschen. Gleichzeitig zieht der Roboter die Füllnadeln mit steigendem Pegel zurück. Durch den Einsatz der Robotertechnologie können sowohl Überspiegel- als auch Unterspiegelfüllungen vorgenommen werden. Gegen Ende wird der Füllvorgang verlangsamt, um die Feindosierung vorzunehmen. Hat die Flasche das gewünschte Füllgewicht erreicht, schließt das Ventil. Jede Füllstelle wird dabei einzeln reguliert. So erhöht sich nicht nur die Effizienz, auch die Reinigungszeit verringert sich erheblich. Das Transmodul fährt nun zur zweiten Füllstation vor. Sind alle 16 Flaschen gefüllt, folgt das Aufsetzen der Verschlusselemente.

Auslaufsicher verschließen

In der nächsten Teilmaschine nimmt ein TLM-F2-Roboter nacheinander je acht Stopfen auf und setzt sie auf die Flaschen. Dann dreht ein weiterer TLM-F2-Roboter die Deckel oder Pumpen auf. Das Drehmoment kann frei programmiert werden. Ein winkelgenauer Verschluss ist sichergestellt. Gerade für die anspruchsvollen Verpackungen hochwertiger Kosmetik zählt diese Möglichkeit aus Sicht des Unternehmens zu den Qualitätsmerkmalen der Anlage. Die modulare TLM-Technologie bietet auch weitere Funktionen wie das Etikettieren, Kartonieren und Palettieren. Da das Unternehmen hierfür jedoch andere Anlagen nutzt, gibt die TLM-Anlage die verschlossenen Flaschen in dieser Anwendung an den folgenden Anlagenteil ab.

Für die Reinigung der Anlage sowie den Produktwechsel müssen die Aggregate nicht ausgebaut und zerlegt werden. Die TLM-Anlage bietet ein automatisches Clean-in-Place­-Programm (CIP). Der TLM-F2 kann die Füllnadeln in Reinigungswannen senken. Anhaftungen lassen sich so einfach entfernen. Für das komplette CIP-Programm setzt eine Sprühkugel im Behälter eine Reinigungsflüssigkeit frei. Bei geöffneten Ventilen durchspült der Reiniger beziehungsweise das Wasser auf diese Weise alle Bestandteile des Füllaggregats.

Im Februar 2014 ging die TLM-Abfüllanlage in Betrieb. Die Platzersparnis liegt bei rund 50 Prozent. Es gibt keine raumgreifende Maschinen- und Förderstreckenlandschaft mehr. Den Unterschied kann man auch hören: Das permanente Klackern auflaufender Flaschenträger entfällt. Schubert erreicht durch eine intelligente Steuerung und Roboter mit wechselbaren Werkzeugen einen einfachen mechanischen Aufbau. Das macht die Anlage flexibel und erlaubt eine große Formatvielfalt. Der Kosmetikhersteller konnte die Umstellzeiten halbieren und verzeichnet so sehr kurze Wiederanfahrzeiten.

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