Verfahrenstechnik Glanz ohne Flusen

J. Engelsmann AG

Bild: iStock
16.05.2014

Frau braucht sie täglich und macht sich doch wenig Gedanken darüber: Kosmetik-Applikatoren. Klebt aber ein Fussel des Schaumstoff-Schwämmchens im sorgsam aufgetragenen Lipgloss, ist das ärgerlich. Eine Schutzsiebung vermeidet Verunreinigungen des Applikator-Materials durch lose Fasern.

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Bei der Herstellung von Lipgloss- und Eyelinerspitzen verarbeitet man gebundene Fasern. Doch dabei kann es vorkommen, dass ein Teil nicht gebunden ist. Diese losen Fasern und entstandene Agglomerate müssen ausgesiebt werden, um die Qualität der Spitzen nicht zu beeinträchtigen. Bisher setzte ein führender Hersteller von Kosmetik-Applikatoren keine Schutzsiebung ein. Dadurch waren einige Produkt-Chargen verunreinigt.

Um die Qualität zu verbessern, bekam Engelsmann den Auftrag, eine Sieb- und Abfüllanlage zur Schutzsie­bung zu entwickeln. Durch die Kombination von Geometrie, Material, Flock und Klebstoff ist der Hersteller in der Lage, für jede Anwendung den geeigneten Applikatorentyp zu fertigen. Die hierfür eingesetzten Kunststoffe reichen von Weich-PVC bis zu hoch flexiblen thermoplastischen Elastomeren und variieren in ihren technischen Eigenschaften und ihrer Siebfähigkeit teilweise erheblich, sodass sich die eingesetzte Siebtechnik an die unterschiedlichen Produkteigenschaften anpassen muss.

Das firmeneigene Versuchslabor von Engelsmann dient zur Qualifizierung der Schüttgutprozesse und für eine optimale Zusammenstellung der Produktionsverfahren und Durchsatzleistungen. Nach eingehenden Tests mit dem beim Applikatoren-Hersteller eingesetzten Kunststoff-Material konnten die Engelsmann-Konstrukteure auf Basis der Testergebnisse die genaue Ausführung der zur Schutzsiebung notwendigen Siebmaschine und die Anlagenkonzeption festlegen. Als Grundmodell für die Siebung fiel die Wahl der Ingenieure auf die Langhubsiebmaschine der Modellreihe JEL Freischwinger, die speziell für eine trennscharfe Klassierung von bis zu 99,5 Prozent von trockenen und rieselfähigen Schüttgütern konzipiert wurde. Sie wird insbesondere in der Produktion der Chemie-, Pharma-, Kunststoff- und Lebensmittelindustrie eingesetzt. Die Freischwingersiebmaschine lässt sich einfach auf unterschiedliche Siebprodukte und -anwendungen anpassen und klassiert besonders produktschonend. So erfüllt sie die gestellten Anforderungen des Auftraggebers optimal: Die losen Fasern und Agglomerate sollen möglicht trennscharf separiert und gesiebt werden, um das Rohprodukt durch den mechanischen Siebvorgang möglichst wenig zu beeinträchtigen.

Ausgeklügelte Siebabreinigung

Zur dosierten Aufgabe des Kunststoff-Produkts wurde die Langhubsiebmaschine mit einem Aufgabetrichter und einer Dosierrinne sowie mit zwei Siebeinlegern und einer Siebfläche von 0,36 m² ausgestattet. Auf dem ersten Sieb mit einer Maschenweite von 1 mm werden einzelne lose Fasern ausgesiebt. Auf dem darauffolgenden zweiten Siebeinleger mit 3 mm Lochblech scheidet man die Agglomerate ab. Um das Siebgewebe während des kontinuierlichen Siebvorgangs von Steckkorn frei zu halten, sind die beiden Einleger mit einem Kugelabreinigungssystem bestückt. Steckkorn nennt man die Produktpartikel, welche in der Öffnung der Masche stecken bleiben und somit die offene Siebfläche und die damit verbundene Siebleistung verringern. Um die Stillstandszeiten für die Reinigung der Siebmaschine so gering wie möglich zu halten, muss man die Siebeinleger schnell und einfach austauschen können. Hierfür wurde die Freischwinger-Maschine mit einer Schnellwechselausführung versehen, bei der die durch Pressleisten arretierten Siebeinleger einzeln mit wenigen Handgriffen ausgewechselt werden können.

Energiearmer Betrieb durch Schwungantrieb

Für einen energiearmen Betrieb ist die Siebmaschine mit einem speziell entwickelten Schwungantrieb ausgestattet. Angetrieben über einen Elektromotor, der seine Kraft mittels eines Keilriemens auf eine mit Schubstangen versehene Schwungmasse überträgt, ist diese exakt auf die Masse des Siebtrogs abgestimmt. Dabei wiegt der Antriebsstrang, bestehend aus Welle und Schwungscheibe, in etwa so viel wie der Trog inklusive dem Produkt. Der Motor treibt die Masse circa 15 Sekunden mit vollem Nennstrom an und hält sie dann mit lediglich zehn bis 20 Prozent des Nennstroms in Schwung. Dabei wird die elektrische Energie in Rotationsenergie umgewandelt, in den Schwungscheiben gespeichert und nach und nach abgegeben. Dank des auf dem Masseausgleich basierenden Antriebs wird für den Betrieb der Maschine nur wenig Energie benötigt. Die geringe Anzahl eingesetzter Verschleißteile hat einen niedrigen Materialeinsatz und Wartungsaufwand zur Folge.

Neben der eigentlichen Kontrollsiebung war eine weitere Anforderung, die gesiebte Gutware, also das qualitativ einwandfreie Siebgut, automatisiert in Behälter abzufüllen. Diese werden dann zu Verkaufsgebinden konfektioniert. Dafür integrierte man unterhalb der Siebmaschine eine Plattformwaage mit aufgebauter, nicht angetriebener Rollenbahn. Auf diese werden die bauseitigen Behälter zum Auffangen der Gutware gestellt und entsprechend befüllt.

Im Anschluss daran wird das verkaufsfertige Produkt in Kartonagen umgefüllt. Im Auslauf für das Fehlkorn ist seitlich ein Stutzen angebracht, über den mit einem bauseitigen Industriestaubsauger ein leichter Unterdruck erzeugt wird. So werden die ausgesiebten losen Fasern und Agglomerate sauber abgeführt. Die Sieb- und Abfüllanlage wird vollautomatisiert betrieben. Ihre integrierte elektrische Steuerung ist mit einem benutzerfreundlichen Bedienertableau und einer Waagenanzeige ausgestattet.

Schüsselfertig ohne Integrationsaufwand

Die Sieb- und Abfüllanlage wurde von Konstruktion und Engineering über Fertigung bis hin zur Montage und Inbetriebnahme als Turn-key-Lösung geliefert. Engelsmann-Spezialisten schulten darüber hinaus das Betriebspersonal. Die schlüsselfertige Lösung aus einer Hand beschleunigte die Lieferzeit der Anlage und sparte Prozesskosten, da es keine weiteren Schnittstellen gab. Durch die Schutzsiebung wurde zudem die Qualität signifikant gesteigert. Das ist Grundlage für eine verbesserte Erlössituation, da nun praktisch kein Fehlkorn mehr in die verkaufsfertigen Chargen gelangt.

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