Mit dem Deutschland-Index der Digitalisierung veröffentlicht das Kompetenzzentrum Öffentliche IT (ÖFIT) am Fraunhofer-Institut Fokus seit 2017 alle zwei Jahre ein aktuelles Lagebild der Digitalisierung in den bundesdeutschen Ländern. Anhand von rund 60 Kennzahlen aus den Bereichen Infrastruktur, Wirtschaft, Verwaltung und Gesellschaft wird die Digitalisierung auf Länderebene dargestellt.
Neben frei zugänglichen Statistiken wurden hierfür erneut über 300 kommunale Webportale untersucht sowie eine deutschlandweite, repräsentative Bevölkerungsbefragung mit mehr als 5.000 Personen im Dezember 2022 durchgeführt. In der Gesamtbetrachtung liegen die Stadtstaaten Hamburg, Berlin und Bremen an der Spitze, gefolgt von Nordrhein-Westfalen und Hessen. Bei den ostdeutschen Flächenländern führt Sachsen das Rennen an.
Das Angebot an Onlineverwaltungsleistungen steigt sprunghaft
Vor zwei Jahren konnten in den untersuchten Kommunen im Schnitt nur 1,2 der fünf betrachteten Dienstleistungen Kfz-Anmeldung, Wohngeldantrag, Gewerbeanmeldung, Baugenehmigung und Melderegisterauskunft online durchgeführt werden. Diese Zahl hat sich im aktuellen Deutschland-Index mehr als verdoppelt auf nunmehr 2,7 Onlineleistungen. Am stärksten ist der Anstieg mit einer Vervierfachung der Zahlen bei der Baugenehmigung, die inzwischen in jeder fünften Kommune online erfolgen kann.
Prof. Dr. Peter Parycek, Leiter des Kompetenzzentrums Öffentliche IT betont: „Es sind seit 2021 nicht nur mehr Onlineverwaltungsdienstleitungen verfügbar, auch die Zufriedenheit mit den digitalen Angeboten der Verwaltung hinsichtlich Auffindbarkeit, Bedienbarkeit und Nutzen hat sich deutlich erhöht. Ob Onlineverwaltungsleistungen genutzt werden, hängt dabei weniger von Alter, Geschlecht, Einkommen, Bildung oder IT-Kompetenzen ab, sondern vor allem von der Frage, wie intensiv auch andere digitale Angebote im Alltag genutzt werden.“
Es zeigen sich deutliche Unterschiede bei fortschrittlicher Infrastruktur
Dr. Markus Richter, CIO Bund und Staatssekretär im Bundesinnenministerium, sagt: „Im Deutschland-Index der Digitalisierung werden vielfältige Kennzahlen sektorübergreifend und regionalisiert dargestellt und interpretiert. Die Ergebnisse dieses detaillierten Lagebilds zeigen eine Reihe positiver Entwicklungen auf, sei es der gleichberechtigte Zugang zur Onlineverwaltung, die immer größere Verfügbarkeit leistungsfähiger Internetanschlüsse oder die vielfältige Nutzung digitaler Angebote im Alltag, wie beispielsweise Telemedizin-Anwendungen oder auch zu Unterhaltungszwecken. Unser Ziel muss es sein, dass die Digitalisierung allen zugutekommt und Teilhabe unabhängig von persönlichen und räumlichen Gegebenheiten ermöglicht.“
Die digitale Infrastruktur entwickelt sich unterschiedlich. Bei einer Grundversorgung mit 50 Mbit/s nähern sich die Länder weiter einer nahezu flächendeckenden Versorgung an. Erhebliche Ungleichgewichte ergeben sich hingegen bei fortschrittlichen Versorgungstechnologien wie Glasfaser und 5G.
Die Nutzung digitaler Medien nimmt weiter zu
Die Nutzung digitaler Angebote nimmt auch nach Ende der Corona-Beschränkungen weiter zu. Rund acht von zehn Befragten sind jeden Tag online, was einem Wachstum von 14 Prozent entspricht. Die Zahl derer, die gelegentlich von zu Hause aus arbeiten, ist nach Ende der Pandemiebeschränkungen mit 32 Prozent der internetnutzenden Erwerbstätigen stabil geblieben, entwickelt sich in den Ländern jedoch sehr unterschiedlich.
Die Nutzung von Telemedizin-Anwendungen ist gestiegen, bewegt sich trotz Corona jedoch noch auf sehr niedrigem Niveau. Entgegen dem allgemeinen Digitalisierungsschub entwickeln sich das digitale Engagement und die aktive Gestaltung des Digitalen rückläufig. Deutlich weniger Menschen betreiben eine eigene Website, unterstützen Online-Petitionen, arbeiten an Wikipedia mit oder entwickeln Open-Source-Software.
Unbesetzte IT-Stellen bremsen regional die wirtschaftliche Entwicklung
Im Bereich der Wirtschaft tun sich regional die größten Unterschiede auf. Vom insgesamt wachsenden Fachkräftebedarf sind die digitalen Boom-Regionen besonders stark betroffen.
Während die Zahl der IT-Beschäftigten überproportional zunimmt, steigt die Zahl der unbesetzten IT-Stellen in weitaus größerem Ausmaß. Hätten sich alle Stellen besetzen lassen, wäre in Berlin rechnerisch ein IT-Beschäftigtenwachstum von 22 statt 16 Prozent, in Hessen von 13 statt 8 Prozent möglich gewesen.